Die Gemeinde kann den Strom rund 30 Prozent billiger als im Rest des Landes in die Haushalte und Betriebe liefern. <BR /><BR /><BR /><b>Herr Gufler, von auswärts schaut man immer wieder neidisch nach Moos, wie dort die Stromversorgung funktioniert – vor allem für die Bevölkerung sehr viel günstiger als anderswo. Wie ist dieser Bereich in Ihrer Gemeinde organisiert?</b><BR />Gothard Gufler: Nicht nur bei uns im Hinterpasseier, sondern auch in anderen Gemeinden Südtirols gibt es Genossenschaften, welche die Stromverteilung übernommen haben und gut funktionieren. Um Strom verteilen zu können, braucht es Strom und ein Verteilernetz. Diese Komponenten sind bei uns bei der Energie- und Umweltbetriebe Moos Genossenschaft, kurz EUM, gebündelt, weil sie von der Gemeinde den Auftrag dazu hat. Sie produziert im E-Werk Bergkristall-Stieber mit der Wasserkraft des Pfelderer Baches Strom und verteilt ihn dann über das gemeindeeigene, zur Gänze unterirdisch verlaufende Netz an etwa 850 Haushalte in Moos, Stuls, Rabenstein, Platt und Pfelders sowie an etwa 60 kleine und mittlere Unternehmen, die alle Mitglieder der Genossenschaft sind. Und dank der Verteilerkonzession, über welche die Gemeinde Moos verfügt, kann die EUM auch Nicht-Mitglieder mit Strom versorgen. <BR /><BR /><b>In der Gemeinde Moos gibt es mehrere E-Werke, aber für die Haushalte und Unternehmen wird nur im E-Werk Bergkristall-Stieber Strom produziert?</b><BR />Gufler: Ja, für unsere Mitglieder wird er nur dort produziert, weil es gesetzlich nicht anders möglich ist. Nur den von ihr produzierten Strom kann die EUM direkt an ihre Mitglieder verteilen. Und wenn zu wenig Strom produziert wird, beispielsweise in den Wintermonaten, wird Strom zugekauft, die Mitglieder werden aber nicht zusätzlich belastet. Der Strom der E-Werke der anderen Betreibergesellschaften muss ins Netz eingespeist werden. <BR /><BR /><embed id="dtext86-52849271_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Stimmt es, dass die Mitglieder der Genossenschaft EUM den Strom zu viel günstigeren Tarifen beziehen als Kunden von anderen Verteilern im Land?</b><BR />Gufler: Ja, richtig. Im Schnitt ist er für unsere Mitglieder um über 30 Prozent günstiger. Die EUM hat die Möglichkeit, Preisschwankungen, wie es sie zurzeit in Italien gibt, auszugleichen und dadurch die Mitglieder nicht zusätzlich zu belasten. Sie muss aber bei der Preisgestaltung bestimmte Parameter einhalten: Beispielsweise darf sie nicht unter den Produktionskosten verkaufen. <BR /><BR /><b>Welche anderen Vorteile haben EUM-Mitglieder?</b><BR />Gufler: Unsere Genossenschaft hat die Möglichkeit, Nachteile einer Berggemeinde gegenüber einer Landgemeinde auszugleichen. Ein Beispiel dafür ist, dass die Gemeinde bis zu den entlegenen Hofstellen bereits mit Glasfaser erschlossen ist. Weiters führt die Genossenschaft unter anderem 3 Gemischtwarengeschäfte, um die Nahversorgung aufrechtzuerhalten, und eine Tankstelle. <BR /><BR /><b>Und die Mooser Gemeindeverwaltung hat dank der Stromeinnahmen, weil sie an allen E-Werk-Gesellschaften beteiligt ist, auch mehr Geld...</b><BR />Gufler: Zum Beispiel werden wir als Gemeinde Moos in diesem Finanzjahr Einnahmen aus der Stromproduktion von etwa 5,7 Millionen Euro verzeichnen. Diesen stehen aber Ausgaben von rund 2,9 Millionen Euro zur Deckung von Führungskosten der E-Werke gegenüber. Und die Differenz der Stromeinnahmen fließt dann zu etwa 90 Prozent in den laufenden Teil des Gemeindehaushalts, um nötige Kosten zu decken. Denn wegen der Stromeinnahmen streicht uns das Land seit Jahren fast zur Gänze die laufenden Zuweisungen. Außerdem muss man bedenken, dass wir in den vergangenen Jahren gar einige Male auf Landesunterstützung verzichtet haben, unter anderem beim Ausbau des Glasfasernetzes, weil wir eben Einnahmen aus der Stromproduktion haben. Somit ist es nicht ganz fair, dass wir bei den laufenden Zuweisungen so extrem beschnitten werden. <BR /><BR /><b>Wäre das Genossenschaftsmodell der EUM auch auf Landesebene umsetzbar, um den Bürgern günstigere Strompreise und weitere Vorteile zu sichern?</b><BR />Gufler: Theoretisch ist es möglich, südtirolweit unser EUM-Modell teilweise umzusetzen. Praktisch müsste hingegen zuallererst abgeklärt werden, ob dafür die gesetzlichen bzw. gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen bestehen würden und ob überhaupt die technische Umsetzbarkeit gegeben wäre. Und man muss auch bedenken: Moos ist eine 2000-Einwohner-Gemeinde, die etwa 200 Quadratkilometer groß ist, und Südtirol umfasst etwa 7400 Quadratkilometer und hat mehr als 500.000 Einwohner. Gegen die derzeit hohen Energiekosten sollte aber auf jeden Fall etwas unternommen werden, weil die Privaten und Betriebe darunter leiden.