Vor Gericht zeigte sich erneut Francesco Schettino, Kapitän des gekenterten Kreuzfahrtschiffs, der im Juli aus dem Hausarrest entlassen worden war. Der 52-Jährige, dem wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung 15 Jahre Haft pro Todesopfer drohen, will an dem gesamten Verfahren teilnehmen, das etwa acht Tage dauern soll. Der in einem eleganten Anzug gekleidete Schettino grüßte die Journalisten, die auf ihn warteten.Der „Corriere della Sera“ berichtet von einer Begegnung Schettinos mit einer Frau, die als Passagierin auf dem Schiff war.Als sich die Frau am Montag während einer Pause an einer Bar beim Kapitän ironisch bedankte, antwortete der 52-Jährige lächelnd: „Keine Ursache. Ich habe nur meine Pflicht getan und versucht, das Beste zu geben.“ Während sich die Frau und ihr Anwalt, der ebenfalls an der Bar war, sprachlos angesehen hätten, sei Schettino mit einem Brot und einem Getränk weggegangen, so der „Corriere“.„Habe Euch das Leben gerettet“Schettino hat im Gespräch mit Überlebenden des Unglücks versichert, dass er ihnen das Leben gerettet habe. Dank eines Manövers nach dem Zusammenprall des Luxusliners gegen die Felsen der Insel Giglio habe er verhindert, dass es beim Unglück zu noch mehr Todesopfern kommen würde. „Ich habe Ihnen und vielen Passagieren das Leben gerettet“, sagte Schettino nach Angaben des deutschen Überlebenden Michael Liessem, der sich mit seiner Frau Angelika mit dem Kapitän am Rande des laufenden Beweissicherungstermin unterhielt.„Wir haben Schettino gefragt, wie es ihm geht. Er antwortete, er sei aufgeregt“, sagte Liessem. Schettino habe ihnen versichert, dass er mit seinem Manöver in der Nacht des Unglücks eine viel größere Tragödie verhindert habe. „Anfangs war ich über Schettino sehr verärgert, doch dann habe ich zum Teil meine Meinung geändert. Er hat bewiesen, einen menschlichen Charakter zu haben. Er ist mir sympathischer erschienen“, berichtete Angelika Liessem dem italienischen TV-Sender Sky TG 24.520 Millionen Dollar Schadensersatz?Aufgrund des großen Andrangs hatte das Gericht den Prozess in den Theatersaal verlegt. Hinter verschlossen Türen will es in den kommenden Tagen darüber entscheiden, wer wegen der Havarie der „Costa Concordia“ vor der Insel Giglio angeklagt werden soll. Dabei soll unter anderem auf Grundlage der Daten aus der „Black Box“ und nach Anhörung von Gutachtern entschieden werden, ob ein Strafverfahren eröffnet wird.Bei dem Unglück starben 32 Menschen. Der am Montag begonnene Beweissicherungstermin wird die ganze Woche dauern.Neben Kapitän Schettino droht sechs weiteren Crew-Mitgliedern und drei Managern der Reederei Costa Crociere, die zum US-Unternehmen Carnival gehört, eine Anklage. Der eigentliche Prozess beginnt wahrscheinlich im kommenden Jahr. In den USA haben zudem 39 Passagiere Carnival auf über 520 Millionen Dollar Schadensersatz verklagt.Rechtsanwälte Schettinos belasten SteuermannBeim ersten Verhandlungstag hatten die Rechtsanwälte Schettinos den indonesischen Steuermann der Costa Concordia belastet. Dieser habe die Anweisungen Schettinos nicht begriffen, der ihn aufforderte, das Steuer nach links zu drehen, um einen Zusammenprall des Schiffes gegen die Felsen vor der toskanischen Insel Giglio zu verhindern. Dem Steuermann wird „Beihilfe“ im Schiffsunglück vorgeworfen.Die Überlebenden machten Costa Crociere für den Verlauf der Evakuierung des Schiffes und damit auch für die Toten und Verletzten verantwortlich. Eine der zentralen Fragen der Voranhörung lautet, warum die Rettungsmaßnahmen erst eine Stunde nach der verheerenden Kollision des Schiffes mit einem Felsen eingeleitet wurden. Der US-Anwalt John Arthur Eaves sagte vor Reportern, die Katastrophe wäre nicht geschehen, wenn der Schiffseigner die „nötigen Standards“ aufgestellt und eingehalten hätte. „Das Unglück hat sich vor der Insel Giglio ereignet, doch es hätte überall stattfinden können. Die Sicherheitsstandards Carnivals sind niedrig“, betonte der Rechtsanwalt.Zwei Drittel der Überlebenden haben die Entschädigung der Costa Crociere angenommen, die 14.000 Euro angeboten hatten. 23 Prozent der Passagiere haben noch keine Einigung mit der Kreuzfahrtgesellschaft getroffen.