<b>STOL: Der FC Südtirol hat im ersten Drittel der Saison mit starken Auftritten und guten Ergebnissen aufhorchen lassen. Ist der FC Südtirol in der Serie B angekommen?</b><BR /><BR />Hans Krapf: Ich denke das kann man schon sagen. Der Start war zwar etwas holprig, aber inzwischen haben wir uns gut in der neuen Liga zurechtgefunden und ansehnliche Leistungen gezeigt, die uns zunächst wahrscheinlich viele nicht zugetraut hätten. Der Sprung von der Serie C in die Serie B ist gewaltig und ist nach wie vor eine große Herausforderung.<BR /><b><BR />STOL: Wie groß ist der sportliche Unterschied zwischen der Serie C in die Serie B?</b><BR /><BR />Krapf: Der Fußball in der Serie B ist um einiges körperbetonter und die Qualität der Spieler ist eindeutig höher, was sich auf die gesamte Spielintensität und Schnelligkeit der Spielzüge auswirkt. Außerdem sind alle Mannschaften bestens organisiert und mit hochkarätigen Spielern gespickt, sodass im Grunde jeder gegen jeden gewinnen kann. Generell erleben wir Wochenende für Wochenende ein hohes fußballerisches Niveau in der Serie B, welches zum Teil sogar ganz nahe an die Serie A herankommt. Im Grunde stellt die Serie B sowohl für die Serie A als auch für internationale Erstligaklubs ein wichtiges Reservoir dar, denn jedes Jahr wechseln zig Spieler von der zweiten in die erste Liga. Damit steht auch unsere Mannschaft verstärkt im Focus, bei internationalen Klubs und Scouts in Bezug auf Spieler und bei Sponsoren bezüglich des FCS als Werbeplattform.<BR /><BR /><embed id="dtext86-56849286_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Für den sportlichen Erfolg auf dem Rasen muss hinter den Kulissen jede Menge Arbeit geleistet werden. Muss man auch hier von einer neuen Welt in der Serie B sprechen?</b><BR /><BR />Krapf: Absolut. Mit dem Aufstieg einher geht nicht nur das neue sportliche Niveau. Auch die Arbeit hinter den Kulissen hat sich sehr verändert, die Auflagen sind strenger, der organisatorische Aufwand ist um ein Vielfaches größer. Durch den Umbau ist das Stadion an die Standards der Serie B angepasst worden. Bei einem Heimspiel hatten wir in der Vergangenheit an die 20 Sicherheitsleute im Stadion, in der Serie B brauchen wir nun etwa 70 Stewards. Außerdem geben die Behörden je nach Gegner und entsprechender Fan-Szene unterschiedliche Sicherheitsstufen vor, die wiederum neue Auflagen mit sich bringen können. Die Spiele des FC Südtirol werden in mehr als 40 Ländern live im TV übertragen. Entsprechend groß ist das Aufgebot an Kameraleuten und lokalen, nationalen und internationalen Medienvertretern, die im Stadion arbeiten und nicht nur am Spieltag, sondern die gesamte Saison über betreut und mit Informationen versorgt werden müssen. Dies sind nur einige Beispiele für den enormen Aufwand, welcher beim FC Südtirol betrieben wird.<BR /><BR /><embed id="dtext86-56849550_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Wie wurde der FCS in der Serie B empfangen?</b><BR /><BR />Krapf: Die Serie B ist für uns Neuland, wo wir uns erst Respekt verschaffen mussten. Vor allem durch den holprigen Start galten wir wohl für viele schon als ein sicherer Abstiegskandidat. Durch die guten Ergebnisse der vergangenen Wochen haben wir aber gezeigt, dass wir sportlich absolut mithalten können. Über das Sportliche hinaus ist der FC Südtirol seit Jahren weit über die Landesgrenzen hinaus dafür bekannt, dass er ein gut organisierter und gut geführter Verein ist, bei dem man sich einiges abschauen kann. Und das macht mich schon ein wenig stolz.<BR /><b><BR />STOL: Im Gegensatz zu den meisten anderen italienischen Vereinen hält der FC Südtirol seine Finanzen in Ordnung. Was macht der FCS besser?</b><BR /><BR />Krapf: Ein wichtiger Faktor ist die Struktur der Vereinsführung. Der FC Südtirol gehört nicht wie viele andere Profiklubs einem einzelnen Investor, sondern 32 Anteilseignern. Damit ist die Verantwortung auf viele Schultern aufgeteilt. Gleichzeitig hängt der Club nicht von den Entscheidungen und Launen einer einzelnen oder sehr weniger Personen ab. Damit können emotionale Schnellschüsse, die oft in die falsche Richtung gehen, verhindert werden. Dass wir finanziell besser dastehen als die meisten anderen liegt natürlich auch daran, dass wir sehr genau auf unsere Finanzen achten. Das geschieht vor allem durch eine bedachte Transferpolitik. Beim FC Südtirol werden keine Schulden für den Ankauf von Spielern oder erhöhte Spielergehältern gemacht. Und genau hier liegt der Unterschied zu den meisten anderen Vereinen, welche tiefrote Zahlen vorweisen. Wir arbeiten nämlich nur mit jenen finanziellen Mitteln, welche auch effektiv zur Verfügung stehen. Und sollte es doch einmal die Hilfe der Anteilseigner brauchen, stehen diese voll hinter dem FC Südtirol. <BR /><BR /><embed id="dtext86-56849554_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Mit Ihrer Firma „Duka“ gehören Sie zu den erfolgreichsten Unternehmern des Landes – 2016 wurden Sie als „Manager des Jahres“ ausgezeichnet. Worin unterscheidet sich die Führung einer Firma von jener eines Fußballvereins?</b><BR /><BR />Krapf: Im Grunde gibt es da keine großen Unterschiede. Beides sind vom Prinzip her Unternehmen, die auf die eine oder die andere Art Geld einnehmen, das wiederum investiert wird, um weiter zu wachsen. Für beides braucht es eine klare Strategie. Im Fußball kann das manchmal schwieriger sein, weil es dort zahlreiche variable Faktoren gibt, die man kaum oder gar nicht beeinflussen kann. Ein vergebener Elfmeter, eine Schiedsrichterentscheidung oder eine unglückliche Spielsituation können am Ende vielleicht über Abstieg, Klassenerhalt oder Aufstieg entscheiden und damit eine zentrale Rolle für die Weiterentwicklung des Vereins spielen. Bleiben die Spieler gesund? Verletzt sich ein Leistungsträger? Auch das kann man nur bedingt - beispielsweise durch effektives Training und eine gute medizinische Betreuung – beeinflussen. Trotzdem kann Verletzungspech am Ende der Saison eine entscheidende Auswirkung auf die sportliche Leistung haben. Oder wie gut funktioniert das Scouting? Schaffen wir es die richtigen Talente ausfindig zu machen? Bei all diesen Aspekten spielt auch das gewisse Quäntchen Glück eine Rolle, das es im Fußball immer wieder braucht.<BR /><b><BR />STOL: Der FC Südtirol wurde 1995 mit der Ambition gegründet, der erste Profiklub des Landes zu werden. Sie haben diese Reise von Anfang an begleitet. Was waren Ihre persönlichen Höhepunkte in diesen 27 Jahren?</b><BR /><BR />Krapf: Ein besonders wichtiger Meilenstein war für mich als Leopold Goller 1997 das Ruder als Präsident übernommen hat. Der FC Südtirol war damals gerade in die Serie D aufgestiegen und finanziell in arge Bedrängnis geraten. Goller hat die Schulden des Vereins übernommen, ohne ihn würde es den FCS heute wahrscheinlich nicht mehr geben. Der nächste wichtige Schritt war dann das Erreichen unseres ursprünglichen Zieles: in der Saison 1999/2000 ist uns der Sprung in die Serie C2 gelungen, damit waren wir die nördlichste Profimannschaft Italiens und der erste Profiklub in Südtirol. Dieser große Schritt hat natürlich einige Veränderungen mit sich gebracht, die uns vor große Herausforderungen gestellt haben. Vor allem finanziell war die Situation immer wieder äußerst angespannt und der FCS musste sich erneut verschulden. Das waren schwierige Jahre, die wir durch eine große Umstellung im Jahr 2006 überwinden konnten, als Werner Seeber die Präsidentschaft übernommen hat und Dietmar Pfeifer zu uns gestoßen ist. Als Geschäftsführer ist es ihm gelungen mit einer radikalen Sparpolitik und innovativen Marketingprojekten Sponsoren und Partner vom FC Südtirol zu überzeugen und die Finanzen des Vereins zu sanieren. Damit wurde der Club auf den meiner Meinung nach richtigen Weg geführt, den wir bis heute beschreiten und der im historischen Gewinn der Serie C in der vergangenen Saison gegipfelt hat.<BR /><BR /><embed id="dtext86-56849558_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Wie Sie sagen, gab es auch sehr schwierige Zeiten, wo nicht immer klar war, wie es weitergehen soll. Gab es da nie Gedanken, sich aus dem Geschäft Fußball zurück zu ziehen?</b><BR /><BR />Krapf: Nein. Bei allen Schwierigkeiten war doch die Begeisterung für diese Herzensangelegenheit FC Südtirol immer größer. Im Angesicht von schwierigen Herausforderungen hat immer die Motivation überwiegt diese zu überwinden. Ich bin jemand, der die Dinge durchzieht bis zum Ende, wenn er damit angefangen hat. Natürlich wird irgendwann der Moment kommen, an dem ich mich zurückziehen und das Ruder der jüngeren Generation überlassen werde. Aber bis dahin stehe ich mit vollem Elan hinter dem FC Südtirol.<BR /><BR /><b>STOL: Die Reise des FCS startete vor 27 Jahren in der Landesliga. Heute steht der FC Südtirol mit beiden Beinen in der Serie B. Wie weit kann die Reise noch gehen?</b><BR /><BR />Krapf: Die Serie A ist zwar noch ein sehr weit entfernter Traum, allerdings bin ich davon überzeugt, dass der FCS auch diesen Sprung irgendwann mal schaffen kann. Im Moment von der Serie A zu sprechen, wäre allerdings vermessen. Für uns ist es jetzt wichtig in dieser neuen Liga fußzufassen, uns stark zu präsentieren, erfolgreichen Fußball zu spielen, weiterhin den Jugend- und Damenfußball intensiv zu fördern und – nicht zu vergessen – unser Land in weiten Teilen der Welt als wichtiger und vorbildhafter Botschafter zu vertreten. Was die Zukunft dann noch bringt, werden wir sehen.<BR /><BR /><BR />