<b>Viele Südtiroler hatten unter der diesjährigen Sommer-Hitzewelle richtig zu leiden: Werden die Sommer im Laufe der nächsten Jahrzehnte noch heißer werden?</b><BR /><BR />Georg Kaser: Ja, mit Sicherheit. Aber das heißt nicht, dass gleich jeder Sommer extreme Temperaturen mit sich bringt: Das hängt ganz davon ab, wie wir Menschen uns die nächsten 5 bis 10 Jahre verhalten werden. In Südtirol müsste man fortlaufend Anpassungsstrategien entwickeln – dafür dürften aber keine großen Mühen und Kosten gescheut werden. Aber falls wir gar nichts unternehmen, dann wird es sehr dramatisch: Dann wird die Krise zu einer Katastrophe werden.<BR /><BR /><BR /><b>Wenn der Klimawandel weiterhin so voranschreitet, wie er es aktuell tut: Wie wird es in Südtirol in ein paar Jahrzehnten aussehen? Welche Veränderungen werden dann schon deutlich zu sehen und zu spüren sein?</b><BR />Kaser: Wenn der Klimawandel weiterhin so voranschreitet, dann wird das 2-Grad-Ziel <i>(Ziel der internationalen Klimapolitik, die globale Erwärmung auf weniger als 2 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung zu begrenzen – Anm. d. Red.)</i> schon innerhalb der nächsten Jahrzehnte verfehlt werden. Die Hitzewellen werden sich dann auch bei uns anhäufen und intensivieren: Temperaturen von über 40-Grad werden dann keine Seltenheit mehr sein – sogar die 45-Grad-Marke wird überschritten werden. Dementsprechend werden sich die Hitzegewitter verstärken und Muren-Abgänge – von denen letztens bereits immer wieder die Rede war – und ähnliche Naturkatastrophen werden häufiger werden. Eine weitere Folge der Klimaerwärmung wird die zunehmende Ausbreitung und Vermehrung der Schädlinge sein, die sich wegen der steigenden Temperaturen immer wohler fühlen und in Zukunft für längere Zeit ihr Unwesen treiben werden. Ungeziefer wie der Borkenkäfer stellen bereits jetzt in vielen europäischen Wäldern ein großes Problem dar – und das wird künftig nicht besser werden, wenn es temperaturtechnisch so weitergeht. Zudem werden auch Trockenheit und Wasserknappheit ein großes Thema bleiben. Kurz gesagt: Es werden extrem ungünstige Verhältnisse herrschen und einige Teile unseres Planeten werden nicht mehr besiedelbar sein.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-55451639_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Was wird mit den Jahreszeiten geschehen? Bleiben uns diese überhaupt erhalten?</b><BR />Kaser: Die 4 Jahreszeiten werden uns schon erhalten bleiben, allerdings nicht mehr so, wie wir sie eigentlich kennen. Bereits jetzt hat die Dauer des Winters deutlich abgenommen und das wird sie auch weiterhin tun.<BR /><BR /><b>Dinge könnte Ihrer Meinung nach jeder Südtiroler tun, um möglichst umweltschonend durchs Leben zu gehen?</b><BR />Kaser: Jeder Beitrag zur Verringerung von schädlichen Abgasen ist hilfreich. Da muss sich jeder selbst Gedanken machen und sich informieren: Das hängt ganz davon ab, was diese Person macht, wie ihr Umfeld aussieht und wie sie lebt. Der Südtiroler Klimaplan ist da meiner Meinung nach ein guter Leitfaden und ein Wegweiser in die richtige Richtung. Was mich aber immer wundert, ist, dass viele Personen davon überzeugt sind, dass die Nutzung eines E-Autos äußerst umweltfreundlich sei und damit bereits viel getan wäre; allerdings ist das aktuell leider nicht der Fall, da die Herstellung und Produktion eines solchen E-Autos – speziell die des dazugehörigen Akkus – in Sachen Energieaufwand und Rohstoffeinsatz noch deutlich umweltfreundlicher werden muss, damit ein E-Auto auch wirklich als umweltschonend bezeichnet werden kann.<BR /><BR /><BR /><b>Kann uns Menschen in Sachen Klimawandel noch die Wende gelingen?</b><BR />Kaser: Ja, die Wende kann uns noch gelingen – wenn die Menschheit dazu bereit ist. Speziell die „Big Players“ müssen dafür aber den Hebel umlegen und das Geld, das eigentlich zur Genüge vorhanden wäre, richtig investieren. Es bedarf einer sozialgerechten Gesellschaft, die Schutzmaßnahmen ergreift und ressourcenschonend agiert. Außerdem muss auch kooperiert werden: Ich denke da beispielsweise an den Süden, der nicht über das Geld verfügt, um auf eine reine Versorgung, bestehend aus erneuerbarer Energie, umsteigen zu können. Es ist ein schnelles Handeln gefragt, denn die Klimaschutzmaßnahmen werden mit jedem Tag, den wir damit verbringen abzuwarten, teurer.<BR /><BR /><BR /><b>Könnten die Temperaturen in Zukunft auch wieder fallen?</b><BR />Kaser: Physikalisch gesehen: ja – allerdings ist es aus rein praktischer Sicht unrealistisch. Es gibt ein paar Techniken, die im Stande sind, Kohlenstoffdioxid und andere Schadstoffe aus der Erdatmosphäre zu entnehmen – doch dabei handelt es sich um viel zu geringe Mengen. Außerdem sind solche Techniken nicht nur extrem teuer und energieaufwendig, sondern auch das Problem der Entsorgung ist ein noch ungelöstes, denn aktuell weiß man nicht, unter welchen Teppich man diese entnommenen Schadstoffe kehren kann.