Stellvertretend für all die Feuermacher im Lande erzählen Heinrich Vieider aus Dorf Tirol und Roland Pichler aus Kaltern von der Faszination dieses Brauchs.<BR /><BR />Eine überwältigende Szenerie bilden am Herz-Jesu-Sonntag die Feuer rund um den Meraner Talkessel. Dutzenden Feuer flacken am Nachthimmel, weitum sichtbar bilden sie die Konturen einiger Bergrücken nach. Von Blasiuszeiger, Tschigat über die Mutspitze bis hin zu Ifinger und Hirzer erstreckt sich die leuchtende Szenerie. Auf diese Weise wird einmal mehr an das Herz-Jesu-Gelöbnis erinnert. <BR /><BR />Heinrich Vieider ist einer von jenen, die dafür sorgen, dass dieser Brauch gewahrt wird. Als Leiter der AVS-Ortsgruppe von Dorf Tirol hat er sich zusammen mit seinen Leuten auch heuer um die notwendigen Vorbereitungen gekümmert, damit am Sonntag alles sicher und reibungslos über die Bühne geht. Ihre ganze Aufmerksamkeit gilt dabei dem großen Herz sowie dem Bergrücken bis hinauf zur Mutspitze. <BR /><BR />Insgesamt müssen 80 kleine Feuer richtig angeordnet und schließlich entzündet werden, deren 60 umfasst das brennende Herz, weitere 20 kennzeichnen den Grat hinauf zur Mutspitze. „Bei den Feuern handelt es sich um kleine, etwa zwei Kilo schwere Behälter mit Kerosin-Brennstoff, das ist die sauberste und sicherste Methode“, erklärt Heinrich Vieider. <BR />Die flackernden Behälter hängen an einem Eisengerüst in Herzform, dieses muss zunächst einmal fest verankert werden. Damit allein ist es jedoch nicht getan, bereits Wochen zuvor wurde von den Bergfexen das Gelände geprüft und in Abstimmung mit den Bauern Hänge gemäht sowie dürres Geäst entsorgt. „Der Boden bleibt ganz und gar intakt, es fallen keine Rückstände an, bereits tags darauf räumen wir die Vorrichtung und die Behälter wieder weg“, versichert er. Diese Feststellung liegt ihm am Herzen, womöglich auch deshalb, weil es freilich nicht immer so war. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1183491_image" /></div> <BR /><BR />„Früher, als ich noch ein junger Bub war, ist das alles noch ganz anders abgelaufen“, blickt der heute 70-Jährige zurück. Da habe man als Brennmaterial alte Hudern, Sägemehl, Holz und Altöl benutzt. „Meine Eltern sind schon vor dem Zweiten Weltkrieg zum Feuermachen auf den Mutkopf gegangen, dabei wusste man sich noch mit dem Pechstecken zu helfen“, weiß Heinrich zu berichten. Mit dem Pechstecken? Tatsächlich hat man Pech von umliegenden Bäumen gestochen, weil dieses hervorragende Brenneigenschaften aufweist. Schon damals flackerte auf dem großen Hang das markante Herz-Jesu-Symbol, zu diesem Zweck wurden die Feuer in eigens ausgehobenen kleinen Gruben entzündet. <BR />„Es handelt sich um die allererste Herzform im Burggrafenamt“, weiß Heinrich zu berichten. Nach und nach wurde mit anderen Brennstoffen experimentiert, lange Zeit hatte man mit Rauch und auch schlechtem Geruch zu kämpfen. Schließlich kam man zur Lösung mit den Kerosin-Behältern. „Der größte Unsicherheitsfaktor ist natürlich das Wetter“, gibt Hermann zu bedenken. Bei Regenwetter fallen die Feuer buchstäblich ins Wasser, doch auch länger anhaltende Trockenperioden sind wegen der Brandgefahr bei Funkenflug nicht gut. Heuer dürften die Vorzeichen recht gut stehen, nachdem es letzthin einige Schauer gegeben hat. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1183494_image" /></div> <BR /><BR />Wenn dann der große Tag gekommen ist, dann möchte man ihn auch bewusst genießen. Hermann und seine Feuermacher von der AVS-Ortsgruppe Dorf Tirol nutzen das herrliche Plätzchen am Mutkopf, um ein wenig zu grillen und zusammen ein paar gesellige Stunden zu verbringen. „Früher, also bis vor etwa 15 Jahren, wurde nachmittags am Obermutkopf auch eine Messfeier gehalten, da waren gut und gerne 70 bis 80 Menschen dabei“, betont er. Hin und wieder gab es auch bange Momente zu überstehen, etwa als bei einem plötzlichen Wetterumschwung sich innerhalb kürzester Zeit die Luft auflud und den „Mädchen die Haare zu Berge“ standen. Da hieß es, die Beine in die Hand nehmen und schnellstmöglich Schutz suchen. Passiert ist glücklicherweise nie etwas. <BR />Im Gegensatz zu früheren Zeiten geht man heute nicht mehr die gesamte Wegstrecke mit Stirnlampen zu Fuß talwärts, da die Feuermacher gegen 23 Uhr die Seilbahn nutzen können. Somit können sie die leuchtende Szenerie, die sie selbst ermöglicht haben, von unten sogar selbst beobachten – wie tausende andere Interessierte im Meraner Talkessel.<BR /><BR /><b>236 Lampions formen ein beeindruckendes Motiv</b><BR /><BR />Eines der eindrucksvollsten Herz-Jesu-Feuer am Mendelkamm ist das Werk einer eingeschworenen Freundesgruppe. Es hat eine lange Geschichte und wurde sogar entzündet, als dieser Brauch verboten war. Ein mächtiges Feuer in Form eines Herzes mitsamt Dornenkrone wird auch heuer wieder am Mendelkamm für ein eindrucksvolles Herz-Jesu-Erlebnis sorgen, für Momente des Staunens und des Innehaltens. Es wird etwas unterhalb der Gebirgskante entzündet, vom Auge des Betrachters aus gesehen links von der Trasse der Standseilbahn. <BR />Gebildet wird dieses große Herz von insgesamt 236 kleinen Feuern, die alle in eigenen kleinen selbstgebastelten Laternen vor sich hinbrennen. Kein Verein und auch keine irgendwie geartete Bewegung steht hinter dieser Initiative, sondern schlichtweg eine Kalterer Freundesgruppe. „Wir sind ein Kollegenkreis, der sich alljährlich zu diesem Zweck zusammenfindet und auf diese Weise den Herz-Jesu-Sonntag würdigt“, sagt Roland Pichler. Bei ihm laufen die Fäden zusammen, was die Planung und organisatorische Dinge betrifft, zudem übernimmt er die Verantwortung für die Aktion. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1183497_image" /></div> <BR />Das ist nicht zuletzt auf seine Familiengeschichte zurückzuführen, da schon sein Vater Herbert das Entzünden des Feuers stets als eine Art Verpflichtung wahrgenommen hat. „Mehr als 65 Jahre lang ließ er sich diesen alljährlichen Höhepunkt nicht nehmen, auch dann nicht, als die Herz-Jesu-Feierlichkeiten im Zuge der Sprengungen der 1960er-Jahre verboten waren“, erinnert sich Roland zurück. <BR />Damals musste man einiges riskieren, um diesen Brauch hochzuhalten, und das taten Rolands Vater, sein Onkel und ein weiterer Freund auch. Sie sprachen sich ab, zogen die Planung im Geheimen durch und entzündeten das Feuer schließlich. Ein Akt des Patriotismus, des Glaubens und auch des Widerstandes – so dürften es diese Männer damals empfunden haben. <BR />Bei dieser Anekdote erinnert Roland an die Bedeutung der Symbolik der großen Feuer am Mendelkamm – der Anker, das christliche Kürzel IHS und das Herz stehen für Hoffnung, Glaube und Liebe. <BR />Diese drei Symbole heben sich am Herz-Jesu-Sonntag hell erleuchtet vom nächtlichen Mendelkamm ab, zusammen mit gut und gerne 20 weiteren Feuern allein oberhalb von Kaltern. „Damit uns nicht der Südwind einen Strich durch die Rechnung macht, machen wir uns bereits gegen 20 Uhr ans Anzünden, sodass die Feuer langsam abbrennen und so schließlich gegen Mitternacht erlöschen“, umreißt er die zeitliche Dimension. Die handgebastelten Vorrichtungen aus kleinen kerosinbefüllten Gläsern, Draht und Papier in Form von Lampions haben sich als die beste aller Varianten erwiesen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1183500_image" /></div> <BR />Die „Feuermacher von Oansiedler“, so nennt sich die eingeschworene Freundesgruppe in Anlehnung einer nahen Örtlichkeit, wissen den besonderen Tag natürlich auch mit Sinn für die Gemeinschaft zu kombinieren. Man trifft sich schließlich nicht alle Tage in der abschüssigen Wand mit Panoramablick. „Früher gab es Brot und Speck, mittlerweile haben wir hier Grillplatten fixiert und eine Dachvorrichtung gebastelt“, erzählt Roland. Manch einer hat auch den Schlafsack mit dabei. Es handle sich um ein großartiges Erlebnis mit einmaligen Eindrücken, alle Beteiligten vermögen davon lange zu zehren. „Wahr ist aber auch, dass ich immer erleichtert bin, wenn schließlich alles vorbei und ohne jegliche Zwischenfälle über die Bühne gegangen ist“, räumt Roland ein und betont, dass es für das Feuer auch die entsprechende Genehmigung braucht und im Falle eines Falles auch irgendwer geradestehen muss.<BR /><BR />Aufgeräumt wird bereits am nachfolgenden Tag. Dann geht es nochmals hoch, um mit vereinten Kräften die Behälter einzusammeln und den außergewöhnlichen Platz wieder aufgeräumt zu hinterlassen. <BR />Bis vor zwei Jahren war auch Rolands Vater Herbert Teil dieser Gemeinschaft. Nun aber bleibt der mittlerweile 76-Jährige im Dorf und verfolgt von dort das Geschehen. Die besten Blicke auf die Herz-Jesu-Feuer erheischt man vom Parkplatz Paterbichl knapp oberhalb des Kalterer Dorfzentrums. Beim Anblick des leuchtenden Mendelkamms merkt man, dass die Tradition nichts von ihrer Faszination verloren und die Erinnerung an das Gelöbnis die Jahrhunderte überdauert hat.