Pro Jahr verschickt Amazon hunderte Millionen Pakete. Der Online-Gigant setzt dabei auf ein ausgeklügeltes Logistiksystem, bei dem er sich nicht gerne in die Karten schauen lässt. Aus durchaus verständlichen Gründen. <BR /><BR />Ein Last-Minute-Geschenk zu Weihnachten? Für viele ist Amazon da die Rettung in letzter Minute. Denn der Online-Riese hat so ziemlich alles im Sortiment, sehr vieles davon zum guten Preis und – vor allem: Er schickt blitzschnell direkt ins Haus. Wer ein Prime-Abo hat oder einen bestimmten Warenwert überschreitet, erhält das Paket im Normalfall kostenlos zugestellt. <BR /><BR />Wie das überhaupt möglich ist und was hinter dem Lieferwunder steckt, das hat das Recherchenetzwerk <a href="https://correctiv.org/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">CORREKTIV.Lokal</a> in verschiedenen Regionen Deutschlands gemeinsam mit mehreren Regionalzeitung untersucht. Mehr als 100 Menschen gaben Auskunft über die Logistikkette von Amazon, es wurden Arbeitsverträge und Dienstpläne eingesehen; auch aus Sicht des Arbeitsschutzes wurde das Unternehmen beleuchtet. Das Ergebnis zeigt, dass keineswegs alles so blitzsauber ist im gut geölten Getriebe von Amazon. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="841667_image" /></div> <BR />Ganz zuerst: Das enorme Tempo bei der Lieferung wäre nie möglich, wenn Amazon die Waren nach dem Klick auf den „Bestellen“-Button erst aus der Fabrik in China oder vom Hersteller in Italien anliefern müsste. Da würden Tage oder Wochen vergehen. Der Handelsgigant hat aber eine eigene Schiff- und Flugzeugflotte, mit denen die Waren aus aller Welt in die <b>Logistikzentren</b> gebracht werden. Allein in Deutschland gibt es 20 dieser riesigen Lagerhallen, in denen die Artikel auf die Online-Bestellung warten. Geht diese ein, holen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Waren aus den Regalen und stellen die Pakete zusammen. <BR /><BR />Es ist ein stundenlanger Knochenjob, der zudem Minute für Minute überwacht wird. Dabei spielt ein Handscanner eine wichtige Rolle: Das Gerät gibt unter anderem an, wo der gewünschte Artikel zu finden ist, welche Wege der Mitarbeiter zurückgelegt und welche Zeit er dafür benötigt hat. Hat er effizient genug gearbeitet? Ein Mitarbeiter, der für die Recherche befragt wurde, will privat mit seinem Arbeitgeber nichts zu tun haben. Selber bestelle er nicht mehr bei Amazon. „Ich kenne das System dahinter und unterstütze lieber kleinere Händler als Amazon“, sagt er.<h3> Schlafen in der Fahrerkabine</h3>Die Pakete aus dem Logistikzentrum landen in Containern, und wenn diese voll sind, wird der <b>Lkw</b> gerufen. Hunderte Laster fahren täglich und vor allem nachts kreuz und quer durch Europa. Die Fahrer sind nicht Angestellte von Amazon, sondern stehen auf den Gehaltslisten von Fuhrunternehmen. Am Steuer sitzen häufig Männer aus Osteuropa. Sie erzählen von knappen Zeitplänen, langen Wartezeiten vor den Logistikzentren, Druck und Übermüdung. Auch hier spielt die digitale Überwachung eine große Rolle. Dem Recherchenetzwerk berichten Fahrer aus Litauen, dass sie monatelang am Stück unterwegs sind, in der Fahrerkabine übernachten, im Freien vor dem Lkw kochen – und wenn sie Urlaub wollen, „müssen wir kündigen.“<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="841670_image" /></div> <BR /><BR />Das Ziel der Lkw sind die <b>Verteilerzentren</b> von Amazon. Hier laden Amazon-Mitarbeitende die Pakete auf Fließbänder, die Beschäftigten scannen, kleben Aufkleber mit dem Zielort auf, zum Schluss sortieren sie die Pakete nach Straße und Postleitzahl. Auch hier wird die tägliche Arbeit ständig überwacht, der Großteil findet in der Nacht statt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen oft an ihre körperlichen Grenzen gehen. „Pampers XXL-Packungen, Whiskas, zwölf Kilo, solche Lasten gehen auf die Knochen“, sagt ein Angestellter. <BR /><BR />Auf der „Letzten Meile“ der Bestellung sind dann die <b>Kurierfahrer</b> an der Reihe. Auch sie sind nicht bei Amazon angestellt, sondern arbeiten für Subunternehmen; diese diktieren ihnen oft schlechte Arbeitsbedingungen, es sind auch Fälle bekannt, in denen die Unternehmen den Lohn schuldig bleiben. <BR /><BR />Die Fahrer werden mit einer Smartphone-App überwacht: Wo ist der Fahrer unterwegs? Welche Pausen legt er ein? Wie viele Pakete stellt er zu? Eine Fahrerin aus Bayern erzählt, dass sie 160 bis 200 Stopps am Tag schaffen musste. „Die Menge bestimmt deine Arbeitszeit.“ 9 bis 12 Stunden habe sie am Tag gearbeitet. Krank werden dürfe man auf keinen Fall, an manchen Tagen saß sie krank am Steuer. <BR /><BR />Und dann klingelt der Kurierfahrer an der Haustür: Super, alles geliefert! Aber um welchen Preis?<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />