45 Jahre lang hat Arthur Gfrei auf dem Stilfser Joch gelebt und viel zur Geschichte gesammelt. In Rente gegangen, begann er, in den Archiven von Wien, Mailand und Sondrio für sein Buchprojekt über den Bau der Stilfser-Joch-Straße nachzuforschen. Es umfasst die Zeit von 1820 bis 1830. Ein zweites Buch über die Zeit von 1900 bis 2000 ist in Vorbereitung.<BR /><BR />Am 19. Mai 1823, einem Pfingstmontag, begann der Bau der Stilfser-Joch-Straße auf Tiroler Seite. Den Auftrag zum Bau der Straße von Bormio nach Prad hatte der österreichische Kaiser Franz I. seinem Bruder Erzherzog Rainer, Vizekönig von Lombardo-Venetien, erteilt. Erste Planungen reichen aber schon in die Zeit von 1809 zurück.<BR /><BR />Der Straßenbau stieß auf Skepsis, weil es damals keine Straße bis in die Welt der Gletscher gab. Das Bauamt in Innsbruck bemühte sich vergeblich, den Bau zugunsten einer Verbindung von der Mendel über den Tonalepass in die Lombardei zu verhindern.<BR /><BR />Ingenieur Carlo Donegani, Ritter vom Stilfserberg, plante Spitzkehren, um die Steigung auf unter 9 Prozent zu drücken. Aus den ursprünglich 61 Kehren auf Südtiroler Seite wurden 48, weil das Material für höhere Steinmauern fehlte. Vorgeschrieben war eine Straße, die auch im Winter befahrbar sein musste. Anstelle des zeitaufwendigen Baus eines Tunnels wurden Holzgalerien errichtet, um die Straße, die auf Südtiroler Seite von 900 auf 2760 Meter führt, vor Lawinen zu schützen.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="898424_image" /></div> <BR /><BR />Nachdem die Straße von Bormio zum Joch in nicht einmal 1,5 Jahren Bauzeit fertiggestellt worden war, begann der Bau auf Tiroler Seite im Mai 1823 durch die Bauunternehmen Noli, Poli und Tallachini. Die Stilfser-Joch-Straße war ein begehrter Arbeitsplatz: 3000 Arbeiter hofften angestellt zu werden, 1000 wurden weggeschickt. „Glurns hat um eine Militärtruppe gebeten, die für Ordnung sorgen sollte“, erzählt Arthur Gfrei. Es arbeiteten Männer, Frauen und Minderjährige im Straßenbau. Nur wenige Menschen sind bei Arbeitsunfällen gestorben.<h3> „Diese kurze Bauzeit ist heute undenkbar“</h3>Bei der Auszahlung der Gehälter in der „Karnerschen Buschenschenke“ in der Prader Schmelz kam es immer wieder zu Rabatz. Wegen unsittlichen Verhaltens wurden schließlich alle Frauen entlassen und die Frauenarbeit per Verordnung verboten.<BR /><BR />„Im August 1824 sind bereits die ersten Kutschen von Bormio nach Prad gefahren“, erzählt Arthur Frei. „Im September stand schon in allen Zeitungen, dass die Straße befahrbar sei, obwohl noch Mauern fehlten.“ Der Verkehr war von Anfang an so stark, dass die Straße für die Fertigstellung von August bis Ende September 1825 gesperrt werden musste. Der Bau auf Südtiroler Seite war um 4000 Lire billiger als der Kostenvoranschlag, unvorstellbar für heutige Verhältnisse.<BR /><BR />„Eine so kurze Bauzeit wäre heute undenkbar“, ist sich der Buchautor sicher. Undenkbar ist heute auch, dass nur 2 Planer an dem Straßenbauprojekt von Bormio bis Prad gearbeitet haben. <BR /><BR />Der Bau wurde von Mailand erst abgenommen, als die Grundentschädigungen geregelt waren. Das dauerte bis Anfang Oktober 1825. „ In Südtirol wurde den beeideten Sachverständigen Bestechlichkeit vorgeworfen“, hat Arthur Gfrei recherchiert. Die Gerichte stellten allerdings fest, dass die Bauunternehmen sogar großzügig gewesen waren.<BR /><BR />DAS BUCH<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="898427_image" /></div> <BR /><BR />Arthur Gfrei: „Die Stilfser- Joch-Straße – Wie das Technikwunder in den 1820er Jahren in Rekordzeit gebaut wurde“, 432 Seiten. Erschienen im Verlag Athesia Tappeiner; Preis: 45 Euro<BR /><BR />Erhältlich bei: <a href="https://www.athesiabuch.it/home" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">www.athesiabuch.it</a><BR />