Beim Sturz in die Schlucht wird das Dach des Busses komplett abgetrennt. Der Bus steht auf den Rädern, gut eineinhalb Meter tief im Wasser. Den ersten Helfern bietet sich ein schlimmes Bild: Im Bus und am Ufer der Gader befinden sich schreiende und gestikulierende Personen.<BR /><BR /> 38 Passagiere befinden sich im Bus; insgesamt besteht die Reisegruppe aus 189 Personen aus mehreren Orten der gesamten Diözese, angeführt vom Priester Don Italo Mattia. Den Unglücksbus steuert Busunternehmer Guido Castellini aus Perugia selbst.<BR /><BR />Sofort nach Eintreffen der ersten Helfer wird massive Hilfe nachalarmiert. 10 Rettungswagen des Weißen Kreuzes sowie die Notarzthubschrauber Pelikan 1 und 2 treffen ein. 20 Personen mit erstaunlicherweise meist relativ leichten Verletzungen werden in die Krankenhäuser Bruneck und Brixen gebracht. 18 Menschen können aber nur mehr tot geborgen werden.<BR /><BR />Die Feuerwehren von Al Plan/St. Vigil, Mareo/Enneberg, Bruneck, St. Lorenzen, Montal und Stefansdorf und die Bergrettung helfen an der Unfallstelle und überwachen die Gader, nachdem zunächst angenommen werden musste, dass die starke Strömung verletzte oder tote Buspassagiere mitgerissen haben könnte. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="915448_image" /></div> <BR /><BR />In kürzester Zeit werden mehrere Notärzte direkt an die Unfallstelle gebracht, sodass die Verletzten noch vor ihrer Einlieferung erstversorgt werden können. Am Hang müssen Sträucher entfernt, Leitern und Bergeseile befestigt werden, damit die Verletzten und Toten aus dem Bachbett zur Straße gebracht werden können. Taucher der Wasserrettung Südtirol kontrollieren den Bereich um den Bus, ob unter dem Wrack Personen eingeklemmt sein könnten.<BR /><BR />Eine Stunde nach Alarm sind alle Verletzten geborgen oder versorgt: Eine erste traurige Bilanz listet 22 Verletzte auf (darunter ist auch der 27-jährige Lenker des Pkw). Das bedeutet, dass 17 Menschen den Unfall nicht überlebt haben. <h3> Pfarrer Graffonara spendet die Krankensalbung</h3>Die Toten werden bis zur Freigabe auf der Gadertaler Straße in Decken gehüllt, die eine Sanitätseinheit des Heeres zur Verfügung gestellt hat. Der Enneberger Pfarrer Markus „Merch“ Graffonara spendete allen die Krankensalbung, damals landläufig „letzte Ölung“ genannt. <BR />Ebenfalls auf der Straße liegt das zum Teil ramponierte, nasse Reisegepäck der Businsassen.<BR /><BR />2 Kranfahrzeuge, eines einer Privatfirma und eines der Berufsfeuerwehr Bozen, sind inzwischen eingetroffen. Sie heben erst das Dach des Busses an und in der Folge den Bus selbst. Dabei werden 4 Tote von den Fluten der Gader abgetrieben; eine Person wird eingeklemmt unter dem Bus vorgefunden und geborgen. Am Tag nach dem Unfall werden die noch vermissten Passagiere im Rahmen einer großen Suchaktion geborgen, an der sich auch Taucher der Berufsfeuerwehr Venedig beteiligen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="915451_image" /></div> <BR /><BR />Carabinieri und Verkehrspolizei haben die nicht leichte Aufgabe, den Unfallhergang zu ermitteln. Noch während der Bergungsarbeiten trifft auch der diensthabende Staatsanwalt an der Unfallstelle ein. <BR /><BR />Die 3 anderen Busse der Reisegruppe sind gerade wohlbehalten in Corvara angelangt, als das Telefon läutet und die Unglücksnachricht durchgegeben wird. Während die geschockten Reisenden in Corvara bleiben, fährt ein Fahrer mit einem leeren Bus nach Zwischenwasser. Nachdem er die Unglücksstelle gesehen hat, sitzt er einsam und schweigsam in seinem Bus. Erst nach längerer Zeit vermag er seiner Gruppe mitzuteilen, dass er wieder leer nach Corvara zurück kommen wird, und ihr das Unfallgeschehen zu schildern.<h3> Die schreckliche Bilanz</h3>Nachdem in der Nacht im Krankenhaus Brixen ein Mädchen aufgrund ihrer schweren Verletzungen stirbt, lautet die traurige abschließende Bilanz des Unfalls: 18 Tote und 21 Verletzte.<BR /><BR />Im Krankenhaus Bruneck treffen umgehend höchste Behördenvertreter der verschiedenen Institutionen aus Rom, Bozen und aus Perugia ein. Brunecks Bürgermeister Günther Adang und der Bischof von Perugia organisierten mit Beamten des Regierungskommissariats die Betreuung der Angehörigen und die Überführung der Leichen. Landeshauptmann Luis Durnwalder erweist den Toten die letzte Ehre und spricht Verletzten und Angehörigen sein Mitgefühl aus.<BR /><BR />Der Unfall befeuert Diskussionen zum schlechten Zustand der Gadertaler Straße zwischen St. Lorenzen und Zwischenwasser, die Jahre später in dem großzügigen Bau der heutigen Straße ihren Erfolg zeigen.<BR /><BR /><BR />3 ZEITZEUGEN ERINNERN SICH<BR /><BR /><b>Heiner Nicolussi-Leck</b> war als Kommandant der Feuerwehr Bruneck verantwortlich für den technischen Ablauf des Einsatzes. „Die Zusammenarbeit aller Einsatzkräfte war gut und auch notwendig, denn die Rettung der Unfallopfer über den steilen Abhang zwischen Gader und Straße war alles andere als einfach“, erinnert sich Nicolussi-Leck. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="915454_image" /></div> <BR />Als beeindruckendes Bild sei ihm die schwierige Aufgabe von Pfarrer Markus Graffonara bis heute in Erinnerung geblieben.<BR /> Gut erinnern könne er sich auch noch an ein „hohes Tier“ aus Rom. der Mann kam irgendwann an die Einsatzstelle und wollte sogleich das Kommando über das Geschehen übernehmen. „Ich habe ihm zunächst ziemlich deutlich klar gemacht, dass er sich nicht einmischen müsse und den Einsatz ruhig den hiesigen Kräften überlassen könne. Am Abend haben wir uns dann im kleinen Kreis getroffen und uns ausgesprochen“, erzählt Nicolussi-Leck.<BR /><BR />„Es gibt Orte, die jedes Mal, wenn man daran vorbeikommt, die Erinnerung an ein bestimmtes Ereignis wachrufen“, sagt <b>Hans Unterthiner</b>. Die Gadertaler Straße ist für den Eisacktaler eine solche Stelle. Am 6. Juli 1993 war er als Flugretter an Bord von Pelikan 2 und erinnert sich noch genau an den Einsatz: „Es war der erste größere Einsatz mit dem erst kurz zuvor in Dienst gestellten Eurocopter BK-117 C1“.<BR /><BR />„Unser Alarm ließ kein so schweres Unglück vermuten“, sagt Unterthiner. „Pkw gegen Bus“, lautete die Alarmnachricht. Was dann genau passiert war, sah das P2-Team erst beim Überflug der Gaderschlucht. <BR />Die Rettungsaktion war ziemlich heikel. „Die von der Maschine hervorgerufene Luftverwirbelung löste Steine, Äste und anderes loses Zeug vom Hang auf der anderen Seite der Straße und in der Schlucht befanden sich viele Leute: Einsatzkräfte, aber auch Schaulustige“, erinnert sich Unterthiner.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="915457_image" /></div> <BR /><BR /> Einige Unfallopfer wurden mit der Winde auf die Gadertaler Straße geborgen und dort versorgt. Bis zum Weitertransport ins Krankenhaus landete der Helikopter dann auf der Straße etwas hinter der Unfallstelle. <BR />Das P2-Team wäre an diesem 6. Juli eigentlich startklar für eine Verlegung eines Herzpatienten nach München gewesen. Dann kam der Busunfall dazwischen. Aber gleich nach Einsatzende ging es dann tatsächlich noch nach München. „Als wir zurückkamen sind, war die Basis Brixen von Journalisten belagert, die alle von uns Neues zum Busunfall wissen wollten. Dabei waren wir alle nach diesem intensiven Tag so richtig fertig“, erinnert sich Unterthiner. <BR /><BR /><b>Hartmann Frontull</b> war an jenem Julitag als Ortspolizist der Gemeinde Mareo/Enneberg im Dienst. Als aktiver Wehrmann der FFW Al Plan/St. Vigil eilte er ins Gerätehaus, als die Sirene ertönte. „Die Situation am Unfallort war teilweise sehr unübersichtlich, aber alle arbeiteten, so gut sie eben konnten, miteinander“, erinnert sich Frontull. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="915460_image" /></div> <BR /><BR /><BR />Beruflich brachte der Unfall keine große Mehrarbeit für ihn, wie er sagt. „Nach der Freigabe der Leichen war beschlossen worden, alle nach Bruneck zu bringen, weil wir in unserer Gemeinde keinen geeigneten Ort zur Aufbahrung gehabt hätten. Auch die Unfallaufnahme wurde vollkommen von Carabinieri und Verkehrspolizei übernommen“. <BR />Damit spielte sich die gesamte verwalterische Bearbeitung des Unfalls außerhalb seines Büros ab.<BR />