Im Interview sagt der Primar auch, warum er trotz Aussicht auf eine Karriere in Innsbruck nach Südtirol zurückkehrt, warum es das Krankenhaus Meran sein musste und was ihn in seiner Arbeit am meisten belastet. <BR /><BR /><b>Herr Prof. Perathoner, Sie sind seit 2. Jänner Primar der Chirurgie. Haben Sie sich schon eingefunden?</b><BR />Prof. Alexander Perathoner: Ja, der Start war mehr als positiv. Ich fühle mich bereits mittendrin, als ob ich schon ein halbes Jahr hier arbeiten würde. Ich bin dabei, Mitarbeiter und Struktur kennenzulernen. Ich habe ein tolles Team.<BR /><BR /><b>Warum das Bezirksspital Meran statt stellvertretender Klinikdirektor an der Uniklinik für Viszeral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie an der Medizin Uni Innsbruck zu bleiben?</b><BR />Prof. Perathoner: Ich wusste, dass Meran ein attraktives Haus ist. Ich hatte meinem Chef schon über ein Jahr vorher mitgeteilt, dass ich mich gerne bewerben möchte. Die Uniklinik lebt nicht davon, dass alle bleiben, sondern für sie ist es wichtig, dass kompetente Leute andere Abteilingen übernehmen und die Schule der Chirurgie Innsbruck weitertragen. Das ist ein Imagegewinn für die Uniklinik. Und sie lebt davon, dass Leute gehen, damit neue nachrücken und kommen können.<BR /><BR /><embed id="dtext86-63297603_quote" /><BR /><BR /><b> Sie haben wie viele Südtiroler ganz klassisch Medizin in Innsbruck studiert. Warum?</b><BR />Prof. Perathoner: Mein Vater Hugo Perathoner war Gynäkologe in Bozen. Sein Vorbild und die Medizin ganz allgemein haben mich sehr fasziniert und so wollte ich immer schon Arzt werden. Nach dem frühen Tod meines Vaters war ich während des Studiums etwas orientierungslos und hatte keinen wirklichen Karriereplan. Meine Doktorarbeit habe ich dann bei Prof. Alfred Königsrainer geschrieben und habe mich für das Fach Chirurgie entschieden. Meinen Facharzt habe ich bei Prof. Raimund Margreiter gemacht, eine sehr kompetitive Zeit, denn Prof. Margreiter hat viel verlangt.<BR /><BR /><b> Und jetzt schließt sich der Kreis mit Ihrem Zurück nach Südtirol?</b><BR />Prof. Perathoner: Meine Ursprungsfamilie lebt hier. Zum anderen hat es für mich einen unheimlich hohen Stellenwert, Wissen und Können zum Wohl Südtirols einsetzen zu können, nachdem ich so lange weg war.<BR /><BR /><b>Brixen hatte sich auch um Sie bemüht. Warum Meran?</b><BR />Prof. Perathoner: Einer der ausschlaggebenden Gründe, warum ich Meran bevorzugt habe, war, dass das Haus viel größer ist und mehr Möglichkeiten bietet.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="991567_image" /></div> <BR /><BR /><b>Sie kommen in einer Zeit des Umbruchs im Südtiroler Gesundheitswesen: Der Sanitätsbetrieb unter kommissarischer Verwaltung, endlich ein neuer Gesundheitslandesrat sowie Personalmangel. Spürbar?</b><BR />Prof. Perathoner: Ja, die Umbruchstimmung ist für jeden spürbar. Es ist ein ganz ungünstiger Zeitpunkt. Aber die Medizin ist eine sehr gute Medizin. Was hierzulande wirklich unvorstellbar belastend ist, ist die Bürokratie, der administrative Aufwand, man ist einer E-Mail-Flut ausgesetzt. Im Vergleich ist das österreichische System sehr schlank und entsprechend wendiger. Die Digitalisierung ist in Österreich sehr weit fortgeschritten, hier hat man die Digitalisierung verschlafen. Das aufzuholen ist enorm schwierig, da man sich im Rahmen der komplexen italienischen Gesetze bewegen muss – eine ziemliche Sisyphos-Arbeit.<BR /><BR /><b>Was ist speziell hinderlich?</b><BR />Prof. Perathoner: Es ist grundsätzlich viel administrative Arbeit und Dokumentation, die gemacht werden muss. Aber hier ist es so, dass sie hauptsächlich von Ärzten und Pflegepersonal gemacht werden muss. Dadurch sind sie abgelenkt von der eigentlichen Arbeit. Ärzte und Pfleger müssen Zeit für die Patienten haben. Die nächste große Herausforderung ist die Pensionierungswelle. Da geht viel Können und Wissen verloren und die Zweisprachigkeitsregelung erschwert, dass hier Leute dauerhaft arbeiten können. Provisorische Verträge verunsichern.<BR /><BR /><b>Wegen der klinischen Reform dürfen in Meran gewisse Eingriffe nicht gemacht werden. Können Sie damit leben?</b><BR />Prof. Perathoner: Der Sanitätsbetrieb hat sich selbst gewisse Einschränkungen gegeben. Meran darf alles machen bis auf Speiseröhrenchirurgie, wofür Patienten außerhalb des Landes geschickt werden. Und Patienten mit Bauspeicheldrüsenkrebs müssen wir nach Bozen schicken. Ich kann damit leben, da wir ohnehin so viel zu tun haben. Prinzipiell ist aber zu sagen: Wer gewisse Sachen gelernt hat und kann, der will sie auch anwenden. Insofern verliert ein Spital mit gewissen Einschränkungen an Attraktivität bei jungen Leuten, die Erlerntes umsetzen wollen und sollen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-63297604_quote" /><BR /><BR /><b>Ihre Pläne für die Abteilung?</b><BR />Prof. Perathoner: Ich versuche so viele Leute so gut wie möglich auszubilden. Ich tendiere nicht dazu, jemanden „verhungern“ zu lassen, indem ich ihn nichts operieren lasse. Ich lege viel Wert auf Teamarbeit und möchte den Schwerpunkt Tumorchirurgie und minimal invasive Chirurgie ausbauen. In Meran wird sehr gute Medizin angeboten, auch die Ausstattung ist sehr gut. Allen Jammerern zum Trotz, aber die gibt es hier wie in Innsbruck. Da wird genauso viel gejammert.<BR /><BR /><b>Sind Chirurgen eine eigene Spezies unter den Ärzten?</b><BR />Prof. Perathoner: Es wird schon einen Grund haben, dass der Studiengang in Italien „Laurea in Medicina e Chirurgia“ heißt, überall sonst spricht man ja nur vom Studium der Humanmedizin. Aber ich denke, man muss schon ein gutes Selbstvertrauen haben, um in einen Menschen hineinzuschneiden.<BR /><BR /><b>Wie würden Sie sich charakterisieren? </b><BR />Prof. Perathoner: Ich bin ein sehr genauer, präziser und ordnungsliebender Mensch, aber kein I-Tüpfelreiter. Ich bin sehr pragmatisch. Mir geht es um eine Lösung und nicht um ewiges Herumdiskutieren. Vom Führungsstil her bin ich sehr kooperativ, ein Teamplayer. Und nicht ein Chef, der alles selber machen will, wie es Chefs früher oft gemacht haben. Ich möchte meine Mitarbeiter fordern, um sie zu fördern, versuchen, sie aus der beruflichen Komfortzone herauszuholen. Das ist wichtig für die Zufriedenheit.<BR /><BR /><b>Wie verbringen Sie Ihre Freizeit am liebsten?</b><BR />Prof. Perathoner: Ich bin gerne in der Natur unterwegs und verbringe meine Freizeit hauptsächlich mit Familie und Freunden. Das Wichtigste für mich ist meine kleine Familie, meine wunderbare Frau und meine 3 kleinen Töchter. <BR /><BR /><b>Sind Sie gekommen, um zu bleiben?</b><BR />Prof. Perathoner: Ja, ich bin gekommen, um zu bleiben – wenn man mich nicht vergrault (lacht), aber ich bin sehr belastungsresistent. Ich bleibe da, keine Frage. Ich möchte eine gute Abteilung aufbauen und dann übergeben. Ich bin nicht hier nur um zu probieren. Ich hätte viele Angebote in Österreich gehabt, aber die hab ich nicht in Betracht gezogen, denn für mich galt immer: Ich möchte nach Südtirol. Denn gute Köpfe ziehen gute Köpfe an.<BR /><BR /><b>Ihre Familie ist noch in Innsbruck. Sind Sie auf Wohnungssuche in Meran?</b><BR />Prof. Perathoner: Ja, aber die Suche ist schwierig und die Preise sind enorm. Die werden zum Standortnachteil für Meran. Aber ich denke, Meran wäre ein gutes Plätzchen für meine Familie.<BR />