Nach Ansicht einer Ärztin waren 2 Faktoren entscheidend fürs Überleben: dass die Kinder, die jetzt in einem Militärhospital der Hauptstadt Bogotá versorgt werden, ausreichend Wasser hatten und dass sie den Dschungel kannten.<BR /><BR /><b>Wie haben sich die Kinder ernährt?</b><BR /><BR />Am wichtigsten sei ausreichend Flüssigkeit, sagte die Kinderärztin Clemencia Mayorga der Zeitung „El Tiempo“. „Wassermangel bringt Kinder sehr schnell in eine gefährliche Situation, in nur wenigen Stunden“, betont die ehemalige Vorsitzende der Gesellschaft für Pädiatrie in Bogotá. „Wir können also davon ausgehen, dass sie 40 Tage lang immer Wasser zur Verfügung hatten.“ Dabei half wohl, dass es während der Zeit ausgiebig regnete.<BR />An Essen verbrauchten die Kinder einem Bericht zufolge zunächst einen Vorrat von 3 Kilogramm Maniokmehl aus dem Flugzeug. „In den Tagen nach dem Absturz aßen sie das Mehl, das sie mitgenommen hatten“, zitiert der Sender CNN den Militärsprecher Pedro Arnulfo Sánchez Suárez. Irgendwann seien ihnen dann die Vorräte ausgegangen. Danach hätten die Kinder Samen gegessen, zitiert die Nachrichtenagentur AP den Onkel Fidencio Valencia. Astrid Cáceres, Leiterin der Kolumbianischen Instituts für das Wohl von Familien (ICBF), sagte, die Kinder hätten auch Früchte aus dem Dschungel gegessen. Dazu könnten wilde Maracujas oder Mangos zählen.<BR /><BR /><b>Welche Bedeutung kommt den älteren Kindern zu?</b><BR /><BR />Eine Schlüsselrolle spielten wohl die beiden älteren Schwestern: Die 13-jährige Lesly und die 9 Jahre alte Soleiny nahmen sich der beiden Jüngeren an: Tien war beim Absturz 4 Jahre alt, Cristin gerade 11 Monate – beide hatten während der Zeit im Regenwald Geburtstag. Dabei galt es vor allem zu beachten, dass die Kinder in der dichten Vegetation stets beieinander blieben.<BR />„Ich denke, es ist sehr wichtig, die Fähigkeiten der beiden älteren Kinder hervorzuheben, sich um die jüngeren zu kümmern“, betont Kinderärztin Mayorga. „Für mich ist es ganz klar, dass es die älteren Kinder waren, die das Leben der jüngeren gerettet haben, insbesondere das des 11 Monate alten Kindes.“<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="906571_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Die Geschwister kennen den Regenwald von klein auf</b><BR /><BR />Entscheidend war zudem, dass die Kinder, die der indigenen Ethnie der Witoto (Uitoto) angehören, von klein auf mit dem Regenwald vertraut waren. „Das Überleben der Kinder ist ein Beweis für das Wissen und die Verbindung zur natürlichen Lebensumwelt, die schon im Mutterleib gelehrt und gelernt und von früh an praktiziert wird“, betont die Indigenen-Organisation OPIAC. <BR />Das glaubt auch der mit dem Amazonasgebiet vertraute Ökologe Carlos Peres von der englischen „University of East Anglia“. „4 westliche Kinder dieses Alters wären umgekommen“, sagte er der „Washington Post“. Indigene Kinder lernten früh, wie man Nahrung finde und gefährliche Tiere, etwa Schlangen oder Raubkatzen, meide. <BR />In manchen Gemeinschaften der Region lernten Kinder schon im Alter von einem Jahr, auf Bäume zu klettern, so Peres. Der Forscher ergänzt: „Was ich mehr als alles andere beklage ist, dass jenes Wissen, dass diese Kinder in diesem besonderen Fall gerettet hat, im Amazonasgebiet rapide schwindet.“<BR /><BR /><b>Die Kinder versteckten sich vor Suchmannschaften</b><BR /><BR />Mittlerweile haben sich die Geschwister gegenüber von Familienangehörigen erstmals zu ihrer Zeit im Dschungel geäußert. „Sie hatten Angst. Sie haben sich hinter Baumstämmen versteckt. Das ist, was sie gemacht haben. Sie sind weggerannt“, sagte ihr Großvater Fidencio gestern. Das hatten Soldaten und Indigene bereits während der Suche befürchtet. In der Region sind kriminelle Gruppen aktiv, vor denen bereits der Vater der Kinder fliehen musste. „Ich habe sie besucht. Sie sind sehr erschöpft, die Armen“, betonte Fidencio Valencia gegenüber der Zeitung „El Tiempo“, nachdem er seine Enkel im Militärhospital getroffen hatte. „Sie schlafen. Sie sind unterernährt. Sie sind dünn, sehr dünn.“ Dennoch gleicht es einem Wunder, dass die Kinder überhaupt so lange allein im Regenwald überleben konnten. „Wir müssen ihnen jetzt positive Energie geben. Sie haben ihre Mutter sterben sehen“, sagte Valencia. Die Kinder müssen erst einmal wieder zu Kräften kommen, haben aber bereits Pläne. „Sie haben mir gesagt: Ich will laufen, aber meine Füße tun mir weh“, sagte der Onkel der Kinder, Dairo Juvenal Mucutuy. „Wenn sie aus dem Krankenhaus kommen, spielen wir Fußball.“<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="906574_image" /></div> <BR /><BR />Der Militärarzt Carlos Rincón Arango aus dem Militärhospital betonte, „angesichts der Umstände“ seien die 4 Kinder „in einem akzeptablen Zustand. Sie haben mehrere leichte Verletzungen und sind unterernährt. Wir machen jetzt eine Reihe pädiatrischer Untersuchungen und bringen sie wieder zu Kräften. Sie werden wohl 2 bis 3 Wochen im Krankenhaus bleiben müssen.“ Suchtrupps hatten die Kinder am Freitag nach 40 Tagen im Regenwald im Süden des Landes gefunden. Sie waren am 1. Mai mit einer Propellermaschine vom Typ Cessna 206 im Department Caquetá abgestürzt. <BR /><BR />Beim Unglück kamen die Mutter der Kinder, der Pilot und ein indigener Anführer ums Leben. Über einen Monat lang hatten Soldaten und Indigene in dem unwegsamen Gebiet nach den Geschwistern gesucht. „Das Klima ist tropisch und feucht, so dass man den ganzen Tag nass ist, nachts wird es kalt und man ist immer noch nass. Der Dschungel ist sehr dicht, man kann nicht einfach laufen, man muss sich mit der Machete den Weg frei schlagen“, beschrieb Carlos Villegas vom Zivilschutz die Bedingungen. <BR /><BR /><BR />