<b>Ihr Fazit nach 9 Jahren?</b><BR />Hans Werner Wickertsheim: Gesamtbetrieblich gesehen ein absolut Positives. Der Umsatz konnte von 12 Mio. auf über 20 Mio. Euro gesteigert werden. Mit der Erweiterung der Dienste, konnten wir die Verwaltungskosten auf eine größere Struktur umlegen. Das heißt, wir mussten Inflation und Preissteigerungen nicht 1 zu 1 an den Bürger weitergeben und wir konnten gleichzeitig z.B. die Kosten der Biomüll-Sammlung stemmen. Mit der Umstellung der öffentlichen Beleuchtung auf LED sparen wir bzw. die Gemeinde 400.000 Euro jährlich. Geld, das die Gemeinde so anderweitig ausgeben kann. Mein Ansatz als Wirtschaftsberater war, mit den Stadtwerken zu zeigen, dass auch öffentliche Betriebe effizient arbeiten können. Ein Beispiel: Die komplizierten Arbeiten unter den Lauben, die 2 Wochen früher beendet wurden.<BR /><BR /><?O_Fett><?_O_Fett><b>Welche Baustelle bleibt?</b><BR />Wickertsheim: Die illegale Müllablagerung, die stört mich maßlos. Wir alle als Bürger müssen jährlich 350.000 Euro ausgeben für die Abgestumpftheit einiger Bürger. Und es wird der Eindruck vermittelt, Meran wäre dreckig. Aber Wien hat dasselbe durchgemacht, hat extrem viel Geld ausgegeben. Besserung kam erst, als hart durchgegriffen wurde. Manche Menschen reagieren nur sensibel auf Strafmaßnahmen. Und aus eigener Erfahrung muss ich sagen: Im Umweltbereich gibt es kein Win-Win, es gibt immer jemanden, dem die Sammelstelle nicht passt, oder der Presscontainer. Wir haben eine Kundenzufriedenheit von 85 Prozent, 90 Prozent wären ein Top-Wert, aber auf 100 kommt man nie.<BR /><BR /><b>Sie haben mit 2 Bürgermeistern – Paul Rösch und Dario Dal Medico – zusammengearbeitet. Wie war’s?</b><BR />Wickertsheim: Ich bin dankbar, dass ich unter Paul Rösch die Chance bekam, die Präsidentschaft der Stadtwerke zu übernehmen. Unter seiner Regierung wurde ich auch verlängert. Die Zusammenarbeit war gut. Jetzt, da Vizebürgermeisterin Katharina Zeller auch Umweltreferentin ist, stelle ich fest, dass sie viel offener für unsere Themen ist, wie beispielsweise die Biomüll-Sammlung. Madeleine Rohrer habe ich 2 Mal im Jahr gesehen, Zeller sehe ich wöchentlich.<BR /><BR /><b>Wie schwierig ist die Gratwanderung, neue Dienste einzuführen ohne dem Bürger in den Sack zu steigen?</b><BR />Wickertsheim: Das Problem ist, dass die Politiker immer ein Problem mit dem Geld haben. Die Politik erwartet von uns Leistungen, andererseits sind wir die ersten, wo gespart wird. Deshalb ist es vielleicht eine Chance, wenn die römische Regulierungsbehörde Arera die Tarife festlegt, dann müssen sich Politiker nicht mehr exponieren.<BR /><BR /><b>Sie und der gesamte Verwaltungsrat gehören zum „Sottogoverno“ , der von Parteien nominiert wird. Ein Pferdefuß?</b><BR />Wickertsheim: Ich habe von Anfang an versucht, politische Scharmützel draußen zu halten, denn es geht hier um das Wohl des Betriebs und der Bürger und nicht um Politik. Das ist mir gut gelungen bis zur Neuwahl 2021. Bis dahin waren wir auf einer Linie, die Beschlüsse zu 99 Prozent einstimmig. Danach wurde alles komplizierter (Grüne und PD waren nicht mehr Teil der Stadtregierung, Anm. d. Red.). Man ging auf die Jagd nach Formfehlern, um jemanden an der Pranger zu stellen. Daher wäre ich dafür, dass Verwaltungsräte mit einem neuen Stadtrat verfallen. <BR /><BR /><b>Ihr Verhältnis mit Ex-Direktor Claudio Vitalini war nicht immer ungetrübt...</b><BR />Wickertsheim: In den ersten 3 Jahren lief es gut, persönlich lief es immer gut, aber betriebsbezogen hatten wir unterschiedliche Vorstellungen.<BR /><b><BR />Zurück zum leidigen Thema Müll. Warum hat Meran im Unterschied zu anderen Orten keine Plastiksammlung vor der Haustür?</b><BR />Wickertsheim: Vizebürgermeisterin Zeller steht stark hinter der Tür zu Tür-Sammlung, auch was den Karton betrifft. Beim Plastik muss man wissen, dass es 200 verschiedene Typologien gibt, das macht es sehr kompliziert. Andererseits: Ich weiß nicht, wie gut das in der Stadt fürs Stadtbild ankommt, wenn vor der Haustür täglich gleich mehrere „Kübelen und Sackln“ stehen.<BR /><BR /><b>Wie schwer fällt Ihnen der Abschied nach 9 Jahren?</b><BR />Wickertsheim: Der fällt schon schwer. Denn neben meinem Brotberuf als Wirtschaftsberater habe ich diesen „Nebenjob“ mit Herzblut gemacht. Ich war mit vollem Einsatz für den Betrieb da, um so auch Meran weiterzubringen. Es ist viel passiert in diesen 9 Jahren. Und es ist schwer loszulassen, wenn man die Stadtwerke so aufgebaut hat. <BR /><BR /><b>Nächstes Jahr eine Kandidatur für den Gemeinderat? </b><BR />Wickertsheim: Nein, im Moment kein Thema. Da würden mich wohl meine Kanzleipartner vor die Tür setzen (lacht).<BR /><BR />Zur Person: Hans Werner Wickertsheim (45), hat in Innsbruck, New Orleans und an der Bocconi studiert, ist verheiratet und Vater von 3 Kindern. Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ist seit 2009 Seniorpartner der Meraner Kanzlei Contracta.