<b>Es ist weithin bekannt, dass die Gewinnchancen gering sind, dennoch zieht das Glücksspiel immer mehr Menschen in seinen Bann. Wieso?</b><BR />Dr. Martin Fronthaler: Abgesehen von einer ausgetüftelten Verkaufsstrategie und raffiniertem Marketing liegt der Grund dafür in einem typisch menschlichen Verhalten. Trotz der geringen Gewinnchancen tendiert der Mensch dazu, zu glauben, er sei der Auserwählte, der das große Geld erhalten wird. Es besteht Hoffnung, ein Versuch wäre es wert. Berichte der Medien über Personen, die riesige Summen ausgezahlt bekommen, verstärken diese Gedanken. Zudem handelt es sich beim Glücksspiel um eine Industrie, die sich in ständigem Wandel befindet. Immer wieder erscheinen neue Produkte, sodass das Zocken nie langweilig wird. Es entsteht ein unheimlicher Sog, aber wichtig zu erwähnen: Nicht jeder Spieler ist süchtig.<BR /><BR /><embed id="dtext86-68340145_quote" /><BR /><b>Bis zu welchem Punkt spricht man von einem geregelten Konsum?</b><BR />Dr. Fronthaler: Hier eine Grenze zu ziehen, ist schwierig. Im Gegensatz zu klassischen Drogen wie Kokain läuft der Weg in die Sucht bei Rubbellos und Slotmaschine schleichend. Da das Glücksspiel anders als Rauschgift gesellschaftlich anerkannt wird, sehen es viele Spieler als eine Art Hobby, in das sie einen Teil ihrer Einkünfte stecken. Sie kaufen immer wieder dasselbe Produkt, spielen ständig am selben Ort – ohne es zu merken, wird das Hobby zur Gewohnheit. Wenn der Betroffene merkt, dass er die Kontrolle verliert, Alltagsverpflichtungen vernachlässigt und seinen Konsum verheimlicht oder bagatellisiert, dann ist es höchste Zeit, einen Gang runterzuschalten.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1123218_image" /></div> <BR /><b>Von dieser Gewohnheit wieder loszukommen, ist genauso schwierig wie bei anderen Süchten?</b><BR />Dr. Fronthaler: Die Abhängigkeit vom Glücksspiel verhält sich ähnlich wie jene von Zigaretten, Alkohol oder Rauschgift. Betroffene ziehen sich zurück, ihre Lebensqualität lässt nach und langsam, aber sicher häuft sich ein Schuldenberg an. Um diese negativen Einflüsse auszublenden, ziehen sich Zocker wieder zurück in die Welt der Spiele. Sie konsumieren mehr, die Einsätze werden höher – es ist ein Teufelskreis. Mit Glücksspiel kann man nur verlieren. <BR /><BR /><embed id="dtext86-68340149_quote" /><BR /><BR /><b>Was und wie viel spielen Südtiroler?</b><BR />Dr. Fronthaler: An der Spitze stehen hierzulande Glückslose und Slotmaschinen. Auch das Online-Casino gewinnt rasch an Beliebtheit. Dort ist es allerdings schwierig, einen Überblick zu behalten – der Jugendschutz greift bei der Online-Variante nicht. Bezüglich der Quantität: Italien ist eine der Hochburgen des Glücksspiels, auch in Südtirol wird sehr viel gespielt. Besonders die Städte sind gefährdet. In Südtirol sind mehr Männer – meist mittleren Alters – abhängig als Frauen. Der Großteil der Spieler konsumiert aber unproblematisch, weil man ein paar Euro zum Zocken zur Verfügung hat. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1123221_image" /></div> <BR /><b>Das Glücksspiel wird immer beliebter, glauben Sie, dieser Trend bestätigt sich in den kommenden Jahren?</b><BR />Dr. Fronthaler: Nicht nur Glückslose, sondern das Glücksspiel generell wird weiterhin an Beliebtheit gewinnen. Es wirkt verlockend, da es schnell zu Reichtum führen kann – dieses Szenario erfüllt sich aber nur in den allerwenigsten Fällen. Die Gefahr des Glücksspiels darf nicht unterschätzt werden.