Wohnungs- und Obdachlosigkeit scheint in Südtirol immer noch ein männliches Phänomen zu sein. Deshalb ist auch ein Großteil der Hilfsangebote ausschließlich auf Männer ausgerichtet. In Südtirol sind aber immer mehr Frauen obdachlos. Deshalb fordert Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer zum internationalen Tag der Frau: „Es braucht mehr frauenspezifische Einrichtungen!“<h3> 200 obdach- oder wohnungslose Frauen in Südtirol</h3>Von den insgesamt 865 im Jahr 2022 von der Caritas beherbergten Personen sind rund 200 erwachsene Frauen, davon knapp ein Viertel alleinstehende Mütter mit minderjährigen Kindern. Die meisten Einrichtungen, in denen sie aufgenommen wurden, führt die Caritas im Auftrag der öffentlichen Hand. <BR /><BR />Viele obdachlose Frauen in unserem Land sind Ausländerinnen, aber es trifft auch immer wieder Südtirolerinnen. Diese sind meistens sehr jung und leiden an Sucht- oder anderen psychischen Erkrankungen. <h3> <b>Gefahren auf der Straße und Scham</b></h3>„Nur wenige Frauen leben offen sichtbar auf der Straße. Viele verdecken ihre Wohnungslosigkeit so lange als möglich, weil sie sich schämen und die Gefahren für sie auf der Straße größer sind als dies etwa bei Männern in einer ähnlichen Situation der Fall ist. Zunächst suchen sie Unterschlupf bei Angehörigen und Bekannten, gehen Zwangsgemeinschaften ein oder leben unter unzumutbaren Bedingungen. Viele von ihnen harren auch in Gewaltbeziehungen aus oder gehen neue Beziehungen ein, um einen Schlafplatz zu haben“, berichtet Caritas-Direktorin Mairhofer. „Sie geraten so häufig in Abhängigkeit, sind dabei oft auch vielen Nötigungen und offener Gewalt ausgesetzt.“<h3> Äußerst begrenztes Angebot für Frauen</h3>Viele der betroffenen Frauen könnten sich, so wie natürlich Männer auch, auf dem teuren Südtiroler Wohnungsmarkt keine eigene Wohnung leisten. „Doch während es für die Männer eine Reihe von Unterbringungsmöglichkeiten gibt – von den Notunterkünften angefangen über die Einrichtungen für Wohnungslose bis hin zu Arbeiterwohnheimen – ist das Angebot für Frauen äußert begrenzt“, sagt Mairhofer. <h3> 19 Frauen im Haus Margaret in Bozen</h3>Die Caritas führt eine der seltenen Unterkünfte für wohnungslose Frauen in Südtirol: das Haus Margaret in der Bozner Kapuzinergasse.„Hier haben wir im vergangenen Jahr 19 Frauen beherbergt“, berichtet Michela Bertin, die Leiterin von Haus Margaret. „Viele von ihnen arbeiten, erhalten aufgrund ihrer fehlenden Sprachkenntnisse beziehungsweise Schulausbildung allerdings nur Anstellungen im Niedriglohnbereich.“<BR /><BR />Auch Frauen, die als Pflegehilfen für Familien arbeiteten ('badante') und die Wohnung nach einem Todesfall verlassen mussten und alleinerziehende Mütter kommen ins Haus Margaret. Deren Kinder sind oft getrennt von ihnen in einer Fremdunterkunft untergebracht. <BR /><BR />Ein besonderer Gästetypus seien aber auch Frauen im Pensionsalter. „Sie sind für das Altersheim zu jung und ihre Rente für eine eigene Wohnung zu klein“, bringt es Bertin auf den Punkt. <h3> Deutliche Zunahme in Meraner Obdachloseneinrichtungen</h3>Eine deutliche Zunahme an Frauen verzeichnet die Caritas auch in ihren Obdachloseneinrichtungen in Meran. „Im Haus Arché und den angeschlossenen Einrichtungen haben wir mit 26 Frauen, denen wir 2022 Obdach gegeben haben, einen bisherigen Höchststand erreicht (17 waren es im Jahr davor). Die meisten davon befinden sich in einer prekären Arbeitssituation oder haben ihre Arbeit verloren. Auch Südtirolerinnen werden immer mal wieder bei uns vorstellig. Sie sind meist sehr jung und leiden häufig an einer Sucht- oder anderen psychischen Erkrankungen“, sagt Monika Verdorfer, die Leiterin der Einrichtung. <h3> Situation für Frauen mit Migrationshintergrund besonders schwer</h3>Alessia Fellin, die Leiterin des Bereiches „Aufnahme“ der Caritas berichtet: „Die meisten Frauen, die aus ihren Ländern geflüchtet und in Südtirol gestrandet sind, haben einen Partner. Die meisten Flüchtlingsunterkünfte sind deshalb auf Männer und Familien ausgerichtet. Frauen, die allein sind, kommen nur wenige. Sie sind generell sehr jung und unerfahren, schwanger oder mit Kleinkindern, traumatisiert. Sie haben es besonders schwer, weil sie hier niemanden kennen, die Sprache nicht beherrschen und sich dadurch weder auf dem Arbeitsmarkt zurechtfinden, noch bei der Kinderbetreuung“, sagt Fellin. <BR /><BR />Ausländische Frauen werden auch bei Migrantes in Bozen aufgenommen, wo die Caritas ebenfalls verschiedene Unterbringungsmöglichkeiten für Einwanderer anbietet. In dem Arbeiterwohnheim wohnten 2022 4 Frauen (von insgesamt 72 Bewohnern); in der dazugehörigen und danebenliegenden Herberge indes betrug der Frauenanteil schon 17 Prozent, sprich 24 Bewohnerinnen; allein 20 davon sind bereits über 50 Jahre alt. <h3><h3> Auch Frauen mit gesundheitlichen Problemen</h3> </h3> <h3> suchen Hilfe</h3>Es gibt dann natürlich noch Frauen mit schweren gesundheitlich/sanitären Problemen, die bei der Caritas Schutz und Hilfe suchen. Im Haus Emmaus in Leifers, der Wohneinrichtung für AIDS-kranke Menschen, beispielsweise wurden im vergangenen Jahr 7 Frauen von insgesamt 21 Gästen beherbergt; 5 davon sind Langzeitpatientinnen. <BR /><BR />„Sie leiden ganz besonders unter der Stigmatisierung und ziehen sich deshalb oft völlig aus der Gesellschaft zurück. Für sie ist es undenkbar und auch nicht möglich, je wieder eine eigene Wohnung zu finden. Auch bei unseren Besucherinnen im Bahngleis7, der Tageseinrichtung für Menschen mit Suchtproblemen, ist es ähnlich: Auch dorthin kommen viel weniger Frauen als Männer, weil sie sich nicht 'outen' wollen oder stattdessen familiäre Verpflichtungen wahrnehmen; die meisten von ihnen leben auch nicht auf der Straße, sondern mit einem Partner zusammen, bei dem sie glauben, im Milieu besser zurechtzukommen“, berichtet Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer.<BR /><BR /><BR />