„Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Sieht man sich das Urteil genauer an und nicht bloß die Schlagzeilen, dann wird einiges klarer“, beruhigt Janis Noel Tappeiner von der Kanzlei Baur & Tappeiner mit Sitz in Lana, Auer und Vetzan/Schlanders. Unter anderem die italienische Nachrichtenagentur ANSA hatte letzthin von diesem Fall berichtet. <BR /><BR />Was war geschehen? Ein Autofahrer aus dem piemontesischen Cuorgnè wurde auf der Landesstraße in San Ponso, in der Nähe von Turin, von der Gemeindepolizei bei einem unerlaubten Überholvorgang ertappt. Die Folge: Die Polizeibeamten stellten einen Bußgeldbescheid aus. Der Beschuldigte legte Rekurs ein und bekam kürzlich schließlich Recht. Warum? Das Bußgeld wurde nicht mehr auf dem Gemeindegebiet, für welches die betroffenen Ordnungshüter zuständig waren, verhängt. Dies wurde bei einer Rekonstruktion des Vorfalls vor Gericht festgestellt.<BR /><BR />„Da der Verstoß seitens der Ordnungshüter nicht sofort gemeldet wurde, steht nicht fest, ob der Verstoß noch im Zuständigkeitsbereich der Gemeindepolizisten begangen wurde oder nicht“, heißt es im Urteil. Ein entsprechendes Abkommen zwischen den beiden angrenzenden Gemeinden habe es nicht gegeben. Vor allem dies ist der springende Punkt.<BR /><BR /><embed id="dtext86-58875351_quote" /><BR /><BR />„Die Sache ist soweit klar. Das Gesetz will hier die Zuständigkeiten klar regeln. Gemeindepolizisten, die bei einer Gemeinde angestellt sind, sollen nicht ohne deren Wissen in anderen Orten Sheriff spielen“, so Tappeiner. Jedoch: „Viele Gemeinden haben untereinander Abkommen. Gibt es ein solches Abkommen oder sind die Gemeindepolizisten für mehrere Gemeinden zuständig, dann können sie selbstverständlich sehr wohl auch in anderen Gemeinden kontrollieren und Bußgelder ausstellen“, erklärt der Rechtsanwalt. <BR /><BR />Insbesondere in Südtirol sei dies häufiger der Fall. „Ortspolizisten helfen oft in anderen Gemeinden aus bzw. sind für mehrere zuständig. Das ist dann auch in Ordnung, wenn die Zuständigkeiten geregelt sind und es entsprechende Konventionen gibt“, so Tappeiner. Gemeindeübergreifende Polizeidienste seien hier häufig der Fall und natürlich auch völlig legitim. <h3> Abkommen zwischen Gemeinden</h3>Das staatliche Gesetz „Legge quadro sull'ordinamento della Polizia Municipale“ von 1986 besage klipp und klar, dass die Ortspolizei in jenem Gebiet zuständig ist, für welche die Polizisten angestellt sind. Ausnahmen sind allerdings beispielsweise eine Verfolgungsjagd bei Straftaten. Kommt es somit auf dem eigenen Gemeindegebiet zu einer Straftat, und der Täter wird auf frischer Tat ertappt, dürfen die Ordnungshüter diesen verfolgen. Zudem ist im Gesetz auch klar geregelt, dass es Abkommen zwischen mehreren Gemeinden geben kann. <BR /><BR /><embed id="dtext86-58875355_quote" /><BR /><BR />„In Südtirol kommt das oft vor“, bestätigt auch Christian Carli, der Sprecher der Südtiroler Ortspolizisten. In quasi allen Bezirken, in vielen Gemeinden, wie im Unterland, wenn die Polizei von Neumarkt auch in Salurn zuständig ist, seien solche Abkommen die Regel. Die Ortspolizei Meran versieht ihren Dienst zum Beispiel aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung auch in Schenna, Dorf Tirol, Partschins, Marling und Tscherms. Im Vinschgau wiederum sind die Ordnungshüter von Plaus bis Reschen zuständig.<BR /><BR />„Es ist dann immer klar geregelt“, so Carli. Es müsse eine Konvention zwischen den jeweiligen Gemeinden geben, hierfür sei der Gemeinderat zuständig. Gebe es keine solchen Abkommen, werde freilich auch nicht in „fremden“ Gemeinden kontrolliert, hier sei man in Südtirol stets achtsam. Also: Wer in einer Gemeinde die Ordnungshüter einer anderen entdeckt, sollte sich nicht zu sicher sein und sich nicht auf falsche Annahmen berufen; die Kontrolle wird in vielen Fällen nämlich rechtens sein. <BR />