Das Thema Internetkonsum bei Kindern beschäftigt viele Eltern. Daher war der Vortrag des Südtiroler Sanitätsbetriebes in Meran zum Thema „Internetkonsum bei Kindern – was und wie viel ist richtig?“ gut besucht. Die Expertinnen Donatella Arcangeli und Benedetta Berlese erklärten, warum ein zu früher und intensiver Medienkonsum problematisch ist.<h3> Wussten Sie, dass das menschliche Gehirn erst mit rund 25 Jahren komplett ausgereift ist?</h3>Gerade emotionale Einschätzungen, die rational hinterfragt werden müssen, fallen Kindern und Jugendlichen noch schwer. Die berühmte Achterbahn der Gefühle, das impulsgesteuerte Verhalten von zickigen Teenagern – charakteristisch für die Entwicklung und neurobiologisch erklärbar. Wenn der Sohn oder die Tochter schnell gelangweilt sind, so ist das ebenfalls auf diese Phase der Entwicklung zurückzuführen.<h3> Wenn das Internet zur Sucht wird</h3>In dieser sensiblen Zeit der körperlichen und geistigen Reife kommen Videospiele oder stundenlanges Internet-Surfen den jungen Menschen wie gelegen: Die Langeweile verfliegt und Dopamin wird ausgeschüttet, sobald es neue, „belohnende“ Inhalte gibt, die überall und jederzeit verfügbar sind – und man muss dafür nicht mal aus dem Haus. Gerade das sei der erste Schritt in Richtung Sucht: „Wir reden hier von 1-2 Jugendlichen auf 10, die ihre sozialen Kontakte vernachlässigen und eine echte Sucht entwickeln“. Wie bei jeder Sucht meint man am Anfang, dass man das problematische Verhalten im Griff habe. Doch es sei eben nicht so leicht, wieder aufzuhören. Ab einem gewissen Suchtgrad dreht sich das ganze Denken um das nächste Videospiel, oder um die nächste Möglichkeit, wieder ins Netz einzusteigen. Schlaf wird zur Nebensache, obwohl gerade junge Menschen diesen benötigen würden. Denn ohne Schlaf fehlt die Konzentration am nächsten Tag.<h3> „Hikkimori“ – der schlimmste Fall: Wenn sich Jugendliche abkapseln und nur noch in ihrer eigenen Welt leben</h3>Der Weg zur Internet-Sucht kann im schlimmsten Fall zur Entwicklung von „Hikkimori“ führen. Der japanische Begriff bedeutet „die, die sich wegschließen“: Besonders junge Männer, meist überdurchschnittlich intelligent, kapseln sich ab und leben nur noch in ihrer eigenen Welt. Die echten Menschen „draußen“ werden als bedrohlich empfunden, zum Teil sogar die eigene Familie, Kontakte finden ausschließlich online statt. Hier kann nur noch eine kompetente Betreuung durch Fachleute helfen.<h3> Soll man den Kindern das Handy komplett verbieten?</h3>Aber sollte man nun den eigenen Kindern komplett das geliebte Handy verbieten? Die Expertinnen verneinen das, rufen aber dazu auf, ein vernünftiges Verhalten vorzuleben und auch einzufordern. „Wir raten zu konkreten Vereinbarungen, wie lange und wofür die eigenen Kinder ins Netz dürfen“, so Benedetta Berlese. Selbstredend, dass über Konsequenzen bei einem Nicht-Einhalten gesprochen werden muss.<BR /><BR />Kinder unter 14 Jahren sollten so wenig wie möglich im Netz sein, in Italien sei derzeit sogar eine Petition dafür geplant. In Spanien, so Primarin Donatella Arcangeli, wird gar empfohlen, dass unter 12 Jahren Kinder keinen Zugang zu einem Smartphone haben, auch „Whatsapp“ wird erst ab 16 nahegelegt: „Wenn wir Kinder ein Auto fahren lassen und sie verursachen damit einen Unfall, dann können wir auch nicht sagen, das Auto sei schuld – nein, wir müssen hinterfragen, wer hat ihnen die Autoschlüssel gegeben?“<h3> Den eigenen Umgang mit elektronischen Medien hinterfragen</h3>Abschließend der dringende Rat der Expertinnen, den eigenen Umgang mit den elektronischen Medien zu hinterfragen: Wenn junge Mütter ihre Kinder bereits im Kleinkindalter mit Videofilmen auf dem Handy bespaßen, sei es schwierig, im späteren Alter zu einem gemäßigten Umgang zu rufen.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1082187_image" /></div> <BR /><BR />Doch trotz allem darf das Netz nicht verteufelt werden: Denn ob „digital natives“, also junge Menschen, die bereits mit Internet aufgewachsen sind oder „digital immigrants“ (alle anderen) – ihnen allen stehen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten offen, die vor Jahrzehnten noch undenkbar waren.<BR /><BR />Es folgten Fragen aus dem Publikum, auf die die Fachleute antworten und eine Podiumsdiskussion. Mit dabei war auch Michael Reiner, Leiter der Abteilung Beratung und Information bei Young & Direct.