Trotz momentan stark steigender Infektionszahlen liegen zwischen der Situation jetzt und jener vor einem Jahr Welten, meint der Wissenschaftler aus Bruneck.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /> Als einen „deutlichen Warnschuss an die Bevölkerung, jetzt ihr Verhalten zu ändern“ bewertet Biostatistiker Markus Falk das derzeitige Infektionsgeschehen. Wenn sich die Zahlen weiter so entwickeln, dann werde Südtirol womöglich Mitte Dezember in Italien als gelbe Zone eingestuft. Damit, dass Südtirol auch „orange“ wird, sei aber frühestens im Jänner zu rechnen – er gehe aber eher davon aus, dass es nicht so weit kommen und die Bevölkerung rechtzeitig reagieren werde. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="704834_image" /></div> <BR /><b>Warum liegen für Sie Welten zwischen dem derzeitigen Infektionsgeschehen und jenem vor genau einem Jahr?</b><BR />Markus Falk: Wir haben derzeit etwa 3000 Infektiöse in Südtirol. Vor einem Jahr waren es 9000 bis 10.000. Damals wurden pro Tag etwa 700 Neuinfektionen festgestellt und die 7-Tages-Inzidenz lag bei 789. In den Spitälern lagen im November 2020 etwa 400 Patienten, davon benötigten 40 Intensivbetreuung. Heuer macht die Impfung den Unterschied: Unter den Nicht-Geimpften haben wir derzeit eine Inzidenz von 820 und somit das gleiche Infektionsgeschehen wie vor einem Jahr. Bei den Nicht-Geimpften liegt die Inzidenz bei 140. <BR /><BR /><b>Was erwartet uns in den nächsten Wochen an Infektionsgeschehen?</b><BR />Falk: Zurzeit spielen 2 Faktoren eine Rolle: Erstens machen sich die Impfdurchbrüche bei den Älteren – den Menschen über 60 und 70 Jahren – deutlich bemerkbar. Davon musste man ausgehen. Dadurch kommt es zwar zu einer Krankenhaus-Last, diese ist aber meist nicht problematisch für die Patienten. Sie sind meist im Spital zur Beobachtung, weil es zu Begleiterkrankungen gekommen ist, oder weil zu Hause der Pflegeplatz fehlt, oder weil sich zu Hause niemand um sie kümmern kann. Zweiter Faktor ist das Infektionsgeschehen bei den Nicht-Immunen, zu denen auch die vielen Nicht-Geimpften zählen: Dieses Infektionsgeschehen ist nur leicht angewachsen und betrifft vor allem die Jüngeren, nicht-geimpften. Südtirols Impfraten sind im Vergleich zu Österreich und Deutschland unheimlich gut. Im Vergleich zu den restlichen Regionen Italiens liegen wir im Rückstand – das können wir aufholen. Aber: Schlecht laufen die Drittimpfungen. Da kommt man nicht weiter. Da wird man dringend aufholen müssen. Wenn die Impfdurchbrüche weiterhin steigen, dann werden wir eine steigende Anzahl von Patienten im Krankenhaus haben. Es besteht die Gefahr, dass wir wegen der Krankenhauslast gegen Mitte Dezember die Grenzen für die gelbe Zone überschreiten. Nicht ausgeschlossen ist aber auch, dass wir diese Grenze schon viel früher erreichen – je nachdem, ob die Zahl der Intensivpatienten steigt oder konstant bleibt. Aus meiner Sicht ist derzeit aber noch keine Alarmstimmung gegeben.<BR /><BR /><b>Gehen sie davon aus, dass Südtirol im Jänner orange Zone wird?</b><BR />Falk: Das glaube ich eher nicht. Bei Impfdurchbrüchen kann die Zahl der Krankenhaus-Patienten zwar steigen – aber normalerweise reagiert dann auch die Bevölkerung darauf. Die Bürger erschrecken – und verhalten sich dann entsprechend vorsichtig, sodass nach 2 oder 3 Wochen wieder ein Sinken der Zahlen zu erwarten ist. Das erwarte ich mir auch für Südtirol – die orange Zone ist nicht vorprogrammiert. <BR /><BR /><b>Was halten Sie von einer 2G-Regelung auch für Südtirol?</b><BR />Falk: Vom Gedanken her ist sie richtig und ich würde sie auch unterstützen. Aber man muss diese Regelung erst kontrollieren und umsetzen können. Ob dies möglich ist, weiß ich nicht. Schon die 3G-Regelung wird schlecht kontrolliert, wie soll es dann beim 2G funktionieren?<BR /><BR /><b>Sind Christkindlmärkte und eine Öffnung der Skigebiete nicht doch ein zu hohes Risiko?</b><BR />Falk: Das Risiko geht von der Gruppe der Nicht-Immunen aus – dazu gehören auch die Kinder. Wenn wir verstehen, in welcher Lage wir uns befinden, dann sind ein Christkindlmarkt wie auch eine Wintersaison problemlos möglich. Wir dürfen nicht in die Denkweise des vergangenen Jahres verfallen, wo wir notgedrungen schließen mussten, weil es nicht anders möglich war. Mit der Maske, dem Schließen der Impflücken und den Drittimpfungen haben wir heuer sämtliche Möglichkeiten, alles offen zu lassen. <BR /><BR /><BR /><BR /><BR />