<BR />Imamoglu selbst kündigte an, sich nicht dem politischen Druck in der Türkei beugen zu wollen. „Hand in Hand werden wir diesen Schlag, diesen schwarzen Fleck auf unserer Demokratie ausmerzen“, schrieb der Rivale von Präsident Recep Tayyip Erdogan am Sonntag auf der Plattform X. „Ich stehe aufrecht, ich werde mich nicht beugen“, betonte Imamoglu. <BR /><BR />Er rief seine Anhänger auf, nicht die Hoffnung zu verlieren.<BR />Imamoglu muss bis zu einer Verhandlung im Gefängnis bleiben. Das Gericht hatte sich auf Bestechungsvorwürfe gegen Imamoglu bezogen. Er muss sich aber auch wegen Terrorismusanschuldigungen verantworten. „Obwohl der dringende Verdacht besteht, eine bewaffnete terroristische Organisation zu unterstützen, wird seine Verhaftung in diesem Stadium nicht für notwendig erachtet, da bereits entschieden wurde, dass er wegen Finanzdelikten verhaftet wird“, teilte das zuständige Gericht mit.<BR /><BR />Es wird erwartet, dass der Stadtrat von Istanbul, in dem die oppositionelle CHP (Republikanische Volkspartei) von Imamoglu die Mehrheit hat, in den kommenden Tagen einen amtierenden Bürgermeister wählen wird. Zwei weitere Bezirkspolitiker wurden ebenfalls abgesetzt, so das Ministerium.<h3> 323 Festnahmen bei Protesten</h3>Imamoglus Festnahme am Mittwoch hat die größten Straßenproteste in der Türkei seit mehr als zehn Jahren ausgelöst. Seit Mittwoch sind Zehntausende Menschen in Istanbul, Ankara, Izmir und anderen Städten gegen die Festnahme Imamoglus Verboten zum Trotz auf die Straße gegangen. Die Polizei ging mit Pfefferspray, Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor, die ihrerseits Polizisten mit Knallkörpern und anderen Gegenständen bewarfen.<BR /><BR />Innenminister Ali Yerlikaya erklärte am Sonntag, 323 Personen seien in Gewahrsam genommen worden. „Keinerlei Versuch, die öffentliche Ordnung zu gefährden, wird geduldet“, betonte der Minister. Bereits am Samstag waren über 300 Festnahmen gemeldet worden.<BR /><BR />Der Chef von Imamoglus CHP-Partei, Özgür Özel, kündigte weitere Proteste für Sonntagabend an. Imamoglu sei derzeit auf dem Weg ins Gefängnis, aber auch ins Präsidentenamt. Er sei verhaftet worden, weil er für Erdogan eine Gefahr darstelle. Die Partei kündigte auch Berufung gegen die Gerichtsentscheidung an. Es handle sich um eine Verschwörung und ein politisch motiviertes Vorgehen der Justiz.<BR /><BR />Der Bürgermeister der Hauptstadt Ankara, Mansur Yavas, bezeichnete die Inhaftierung Imamoglus als eine Schande für das Justizsystem. Yavas, der ebenfalls der führenden Oppositionspartei CHP angehört, äußerte sich vor der Presse.<h3> Entscheidung zu Terrorvorwürfen steht noch aus</h3>Imamoglu, der in einigen Umfragen vor Erdogan liegt, hat die Vorwürfe gegen ihn bereits zuvor als „unvorstellbare Beschuldigungen und Verleumdungen“ bezeichnet. Laut seinem Anwalt steht eine Entscheidung über eine U-Haft im Zusammenhang mit den Terrorvorwürfen noch aus. Bei den Terrorermittlungen geht es um den Vorwurf einer Unterstützung der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Dieses Urteil ist wichtig für die Frage, wer die Metropole Istanbul in nächster Zeit regieren wird.<BR /><BR />In den zwei getrennten Verfahren in Zusammenhang mit Korruptions- und Terrorermittlungen wird gegen 106 Menschen ermittelt, wie die Nachrichtenagentur Anadolu schreibt. Mindestens 20 weitere Personen wurden wegen Korruptionsvorwürfen inhaftiert.<h3> Erdogan-Wahlgegner soll fixiert werden</h3>Am Sonntag sind die Mitglieder von Imamoglus Partei CHP aufgerufen, ihn zum Kandidaten für die nächste Präsidentenwahl zu bestimmen. Die CHP hat auch Nicht-Partei-Mitglieder aufgefordert, für Imamoglu zu votieren, um den öffentlichen Widerstand gegen dessen Inhaftierung zu stärken. Die CHP hat rund 1,7 Millionen Mitglieder und lässt in allen 81 Provinzen der Türkei wählen. Die Abstimmung endet am Nachmittag.<BR /><BR />Der Sender Halk TV zeigte in der Früh Bilder von Schlangen vor Wahllokalen in Städten wie Istanbul, Ankara, Izmir, Kahramanmaras und Adiyaman. Auch jeder andere Bürger kann an symbolischen Stimmzettelboxen in Solidarität mit Imamoglu seine Stimme abgeben. Özel sagte zu Mittag, es nähmen 10- bis 15-mal so viele Menschen wie Mitglieder an der Abstimmung teil. Imamoglu ist der einzige Kandidat.<BR /><BR />Reguläre Präsidentenwahlen in der Türkei sind für 2028 angesetzt. Erdogan könnte sie jedoch vorziehen, um eine Begrenzung auf zwei Amtszeiten zu umgehen, falls er wieder antreten will. Imamoglus Verhaftung ist der vorläufige Höhepunkt einer monatelangen juristischen Kampagne gegen Oppositionelle, die als Versuch kritisiert wird, deren Wahlchancen zu schmälern und abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen. Die Regierung weist die Vorwürfe zurück.<BR /><BR />Sollten die Terrorermittlungen bis dahin nicht aufgegeben worden sein, ist die Annahme von Imamoglus Kandidatur unwahrscheinlich. Zudem wurde ihm in dieser Woche der Universitätsabschluss aberkannt. Die Entscheidung ist noch nicht endgültig. Ein Abschluss ist Voraussetzung für eine Präsidentschaftskandidatur in der Türkei.