Eigentlich kennt Giuseppina Bardelli die Wälder von Moccagno wie ihre Westentasche, schon unzählige Male ist sie die Wiesen und Wege dort entlang gestapft: „Das hier war schon immer unser Berg; unsere Familie kommt seit jeher hierher“, erzählt ihr ältester Sohn Roberto Crugnola gegenüber der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“.<BR /><BR />Obwohl Bardelli das Gebiet gut kannte und stets vorsichtig war, war es ihre Vorsicht, die ihr am 21. August zum Verhängnis wurde: Mit ihrem Sohn war sie aufgebrochen, um Pilze zu sammeln. Irgendwann trennten sich die Wege der beiden – gerade, weil sie auf Nummer sicher gehen wollten. <h3> Wenige Meter trennen Mutter und Sohn, als sie verschwindet</h3>„Als erfahrene Bergsteigerin wusste meine Mutter, dass sie aufgrund ihres Alters nicht weiter mit mir Schritt halten konnte. Daher machte sie Halt und wir verabredeten uns für später an derselben Stelle“, schildert Crugnol die Momente, bevor seine Mutter verschwand. Die 89-Jährige hatte es auch nahezu wieder zum Treffpunkt zurück geschafft – nur wenige Meter trennten sie von ihrem Sohn, als dieser Alarm schlug.<BR /><BR />Ein Schwindelanfall hatte dazu geführt, dass Giuseppina kurz vor dem Treffpunkt die Orientierung verlor und in die falsche Richtung weiter ging. „Als sie wieder zu sich kam und wieder auf den Beinen war, ging sie, anstatt in die richtige Richtung, zum äußeren Rand des Weges“, sagt er. „Dort erlitt sie erneut einen Schwindelanfall und rutschte den Berghang hinunter. Sie landete zwischen den Farnen, die im Sommer etwa anderthalb Meter hoch sind.“<h3> Giuseppina sieht den Suchtrupp an sich vorbeiziehen</h3>Tagelang verharrte sie dort, ohne den Suchtrupp auf sich Aufmerksam machen zu können, berichtet Roberto: „Sie hat uns erzählt, wie sie das Surren der Drohnen über sich hörte. Mehrmals habe sie auch Feuerwehrmänner und freiwillige Helfer in der Nähre vorbeigehen sehen.“ <BR /><BR />Weil die 89-Jährige jedoch 7 oder 8 Meter unterhalb des Weges abgestürzt war, hatte der Suchtrupp sie lange nicht gesehen. Sie rief nach ihnen, ihre Stimme sei jedoch zu leise gewesen. Insgesamt 5 Tage und 4 Nächte suchten die Einsatzkräfte nach Bardelli; bis sie sie schließlich wohlauf fanden – nur wenige Stunden, bevor die Suchaktion hätte eingestellt werden sollen.<BR /><BR /> „Wir haben furchtbare Tage durchgemacht. Wir waren kurz davor, die Hoffnung aufzugeben“, erinnert sich ihr ältester Sohn.<h3> Gerade rechtzeitig gefunden</h3>Am 5. Tage suchten die Einsatzkräfte schließlich an jener Stelle, die sie noch nicht verstärkt abgesucht hatten. Dort hörte eine Helferin schließlich die Hilferufe der 89-Jährigen. Giuseppina war wohlauf. „Als wir gehört haben, dass sie meine Mutter endlich gefunden haben und dass sie noch lebt, empfanden wir eine sehr starkes Gefühl, eine unbeschreibliche Freude.“<BR /><BR />Ihre jahrelange Mitgliedschaft im Alpenverein hat der 89-Jährigen vermutlich das Leben gerettet. Dank dem dort erlangten Wissen, wusste Bardelli, wie sie sich in einer Überlebenssituation zu verhalten hatte: Sie trank aus Pfützen oder Wasser, das von Pflanzen und Blättern abperlte. Nachts schlief sie auf dem Bauch, um ihre Organe bestmöglich vor Angriffen von Wildtieren zu schützen. <h3> Giuseppina geht es gut</h3>Derzeit wird Giuseppina Bardelli noch einige Tage im Krankenhaus von Varese überwacht: „Sie hat ein paar gebrochene Rippen und Verletzungen an der Lunge davongetragen. Die Ärzte prüfen nun, ob ihre Lunge perforiert wurde“, so Crugnola, „aber sie ist sehr klar und ihr Allgemeinzustand ist gut, vor allem wenn man bedenkt, was sie durchgemacht hat.“