Die Ursachen einer Lese- und Rechtschreibschwäche sind vielfältig und nicht zwangsläufig auf eine unzureichende Schulbildung zurückzuführen. Auch Diskriminierung, Probleme im Elternhaus oder belastende Erfahrungen wie Gewalt oder Sucht können diese begünstigen.<h3> Ab Herbst fünf Standorte</h3> „Lesen und Schreiben öffnet Türen und stärkt die Teilhabe der Betroffenen“, betont Brigitte Abram, Leiterin der KVW Bildung, die das Projekt „Besser Lesen und Schreiben“ gemeinsam mit dem Landesamt für Weiterbildung und Sprachen leitet. Um Betroffenen mehr gesellschaftliche Teilnahme zu ermöglichen, wurde das Unterstützungsangebot für Menschen mit Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Nach dem Pilotprojekt in Schlanders folgten Standorte in Bruneck und Bozen. Ab Herbst 2025 kommen schließlich auch Brixen und Meran hinzu. <BR /><BR />Das Programm orientiert sich an den Werten der Basisbildung, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht. Da die Schwächen oft unterschiedlich ausgeprägt sind, werden sowohl Lern- und Übungsinhalte als auch das Tempo an Betroffene individuell angepasst. „Jeder Mensch hat eigene Talente und Fähigkeiten. Wer nicht gut lesen oder schreiben kann, ist oft in anderen Bereichen besonders stark“, so Bildungslandesrat Philipp Achammer.<h3> Teilnahme kostenlos, anonym und vertraulich</h3>Die individuelle Unterstützung für Erwachsene findet wöchentlich von Oktober bis Mai statt. Die Teilnahme ist kostenlos, anonym und vertraulich.<BR /><BR />Weil viele Betroffene ihre Schwierigkeiten trotz der Alltagsbelastungen geschickt verbergen, richtet sich das Angebot auch an deren Umfeld: Ergänzend wird am 30. September ein Workshop für Menschen angeboten, die beruflich, ehrenamtlich oder privat mit Betroffenen in Kontakt stehen. Ziel ist es, mehr Sensibilität zu schaffen und einen unterstützenden Umgang zu fördern.<h3> 3 Fragen an Brigitte Abram, Leiterin der KVW Bildung</h3><embed id="dtext86-71284507_quote" /><BR /><BR /><b>Welchen Herausforderungen begegnen Menschen mit Lese- und Rechtschreibschwäche?</b><BR />Brigitte Abram: Auch wenn Einzelwörter gelesen werden können, fällt das Verstehen und sinngemäße Zusammensetzen von Texten den Betroffenen schwer. Alltägliche Hürden beginnen bei scheinbar einfachen Aufgaben wie dem Ausfüllen von Formularen und verschärfen sich zunehmend durch die Digitalisierung. Da das Thema oft mit Scham verbunden ist, bauen Betroffene ein Netz aus Personen auf, die ihnen unbewusst im Alltag helfen. Fällt diese Unterstützung weg, wird es schwierig.<BR /><BR /><b>Wer sind die Betroffenen?</b><BR />Abram: Es betrifft Menschen quer durch alle sozialen Schichten. Dabei steckt nicht etwa ein schlechtes Schulsystem dahinter, sondern verschiedene Faktoren wie eine zu spät erkannte Legasthenie, belastende Erfahrungen mit Sucht oder Gewalt oder komplizierte Familienverhältnisse. Viele Betroffene fallen auf den ersten Blick nicht auf: Sie stehen gut im Leben, sind beruflich erfolgreich und haben Familien.<BR /><BR /><b>Wie kann man eine betroffene Person im Umfeld erkennen und unterstützen?</b><BR />Abram: Dies zu erkennen, ist schwer, wenn man sich nicht gezielt damit auseinandersetzt. Typische Hinweise sind wiederkehrende Ausreden, etwa das Vergessen der Brille oder eine unleserliche Handschrift. In unserem Workshop erhalten Interessierte genauere Informationen und Tipps, wie man die Problematik erkennen und sensibel damit umgehen kann.