Der Künstler Gunter Demnig betreut dieses internationale "Stolperstein"-Projekt, bei dem Gedenktafeln aus Messing vor dem letzten Wohnort der Verfolgten in einen Bürgersteig eingelassen werden.Diese "Stolpersteine" sollen 2015, zum 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, das Gedenken an die Holocaustopfer im öffentlichen Raum der Stadt hervorstreichen.Ähnliche Aktionen wurden in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Kroatien und Luxemburg, auch in Meran und letzthin in Rom durchgeführt.Zur Vorbereitung hat die Stadtverwaltung eine historische Expertise bei der Expertin für Zeitgeschichte aus Bozen, Sabine Mayr, und dem Leiter des Stadtarchivs Bozen, Hannes Obermair, in Auftrag gegeben. Nun liegt die Expertise "Jüdische Opfer des Holocaust in Bozen" vor.Unterstützung für das Projekt kam von der Jüdischen Kultusgemeinde Meran, dem Jüdischen Museum Meran und der Nationalen Widerstandsvereinigung ANPI-Sektion Bozen.Bisher erfasst werden konnten 17 Familien mit insgesamt 25 Mitgliedern. An sie will die Stadt Bozen mit den "Stolpersteinen" erinnern. Es sind dies:Aalgisa Ascoli: Erbsengasse 8 (1939), Ludwig Bondy: Roveretostraße 4 (1939), Otto Bondy: Letzte Adresse in Bozen 1940: Turinstraße 50, Adresse seiner Gärtnerei bis 1935: Quireiner Straße 96, Familie Carpi: Leonardo Da Vinci-Straße 20/25 (1943), Lucia Adele Allegra Rimini-Carpi, Alberto Carpi, Germana Carpi, Olimpia Carpi,Aldo Castelletti: Rosmini-Straße 20 (1939), Bernhard Czopp: Letzte Wohnadresse 1939: Gscheibter Turmweg 5, Letzte Adresse seines Tierarztambulatoriums 1935: Batzenhäuslgasse 10, Auguste Freund: Obstplatz 9 (1939), Gustav Furcht: Venediger Straße 11 (1938), Samuel Elias Gostynski/Gostinski/Gostinsky und Idessa Ajdla Gostynski, geborene Tobias: Romstraße 17 (1939), Manfred Kayser: Mancistraße 2 (1939), Charlotte und Felicitas Landau: Leonardo Da Vinci-Straße 8 (1939), Werner Lewin: Gerbergasse 19 (1939), Wilhelm Alexander Loew: Letzte Wohnadresse 1943: Freiheitsstraße 36, Letzte Kanzleiadresse 1943: Obstplatz 7, Familie Popper: Leonardo Da Vinci-Straße 20/24 (1939) Alexander Popper, Rosalie Deuches-Popper, Paul Popper, Adolf Schwarz: Leonardo Da Vinci-Straße 1 (1939), Ada Tedesco: Lauben 30 (1939), Josef Weinstein: Mustergasse 17 (1939).Auf die unterschiedlichste Art ihrer Rechte beraubt und vielfach zur Flucht gezwungen wurden neben vielen anderen der Schneidermeister Samuel Altmann, der Verleger Isidor Dorian Deutsch, der Kaufmann Arnold Huldschiner, der Kunst- und Antiquitätenhändler Rudolf Kronau, Alexander Langer, der die "Handelsagentur Gries" betrieb (der Großvater des 1995 verstorbenen Politikers Alexander Langer), der Arzt Ezio Polacco, der Lederhändler Kurt Pollack. Dies sind nur ein paar der über 35 betroffenen Familien. Einige von ihnen konnten später wieder in Bozen oder Südtirol Fuß fassen.Der historische HIntergrundAm 22. August 1938 führte die "Generaldirektion für Demografie und Rasse" des italienischen Innenministeriums im Zuge der ersten antijüdischen Maßnahmen Italiens im ganzen Land eine Zählung der jüdischen Bevölkerung durch.Angewandt wurden dabei "rassische" Kriterien, die über das in Südtirol entwickelte religiöse Judentum weit hinausgingen. Am 12. Oktober 1938 wurden die Ergebnisse der Zählung unter anderem in der Tageszeitung "La Provincia di Bolzano" veröffentlicht.In der Provinz Bozen waren 938 "Juden" erfasst worden, darunter 69 Einwohner und Einwohnerinnen der Stadt Bozen.Drei der in Bozen als "jüdisch" Erfassten hatten die italienische Staatsbürgerschaft, 42 die deutsche, die nach dem "Anschluss" Österreichs an Nazi-Deutschland am 12.3.1938 mit Verordnung vom 3. Juli 1938 auch die österreichische Staatsbürgerschaft ersetzte. Ferner wurden zwölf Tschechoslowaken, vier Polen, zwei Portugiesen, zwei Letten und zwei Staatenlose, ein Ägypter, Engländer, Ungar und Amerikaner gezählt.Die diskriminierenden Maßnahmen vom November 1938 sahen unter anderem vor, dass jüdische Bürger bis März 1939 auf dem Standesamt der jeweiligen Gemeinde eine "Erklärung über ihre Rassenzugehörigkeit" abgeben und dass ausländische Juden die Provinz Bozen verlassen mussten.So hatte bis Mitte August 1939 bereits ein Großteil der jüdischen Bevölkerung die Provinz Bozen verlassen, da sie nicht (mehr) über die italienische Staatsbürgerschaft verfügten. Für viele der aus der Provinz Bozen Vertriebenen, die meist in Südtirol eine langjährige Handelstätigkeit aufgebaut hatten, brachte die plötzliche Flucht den finanziellen Ruin.1943 nutzte dann die nationalsozialistische Herrschaft den vom italienischen Faschismus bereiteten Boden auf ebenso entschlossene wie brutale Weise für ihre exterminatorischen und genozidalen Pläne.Auch Südtirol, Meran und Bozen wurden, mitunter nicht ohne Mitwirkung der lokalen Bevölkerung, Teil der verbrecherischen Vernichtungs- und Mordpläne, denen in ganz Europa so viele unschuldige Menschen zum Opfer fielen.Hier die Expertise von Sabine Mayr und Hannes Obermair: stolpersteine_.pdf 1,67 MB