„Das gesamte Jugendstrafrecht zielt auf den erzieherischen Aspekt ab, eine Erhöhung der Strafen würde wohl kaum Einfluss auf die Straffälligkeit Minderjähriger haben“, ist der Präsident des Bozner Jugendgerichtes, Benno Baumgartner, überzeugt.<BR /><BR />So sieht es auch der Ombudsmann für Häftlinge im Latium, Stefano Anastasia. In einem Interview betonte er, dass es sogar verfassungswidrig wäre, Minderjährige bei der Bemessung von Strafen mit Volljährigen gleichzusetzen: Die Verfassung sehe nämlich ausdrücklich den Schutz von Minderjährigen vor. <BR /><BR />Jugendgerichtspräsident Benno Baumgartner wertet Salvinis Vorstoß als Versuch, „eine einfache Antwort auf ein viel komplexeres Problem“ zu geben. <BR /><BR />Salvini hatte argumentiert: „Die 15-, 16- und 17-Jährigen von heute sind nicht mehr die aus meiner Zeit, als es noch keine Handys und keine sozialen Netzwerke gab, sondern Münztelefone, Eis am Stiel und Fußbälle. Die Zeiten haben sich geändert, der 16-Jährige von heute ist viel reifer. Wenn man einen Fehler macht, muss man dafür bezahlen.“ <BR /><BR />Baumgartner sieht das anders. „Früher sind viele Jugendliche mit 14 schon arbeiten gegangen, haben mit 18 eine eigene Familie gegründet, sie waren selbstständiger und selbstsicherer. Heutzutage ist es keine Seltenheit, mit 35 noch daheim zu wohnen. Die Eigenverantwortung setzt später ein als früher, zugleich ist die Welt viel komplexer geworden“, gibt er zu bedenken. <BR /><BR />Jugendliche suchten Halt, weil sie sich verloren fühlten in einer Welt, in der sie im Internet mit sektoriellen Informationen bombardiert würden. Familiäre Strukturen seien nicht mehr so klar wie früher, aufgrund von Reizüberflutung hätten viele Jugendliche Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und zielgerichtet zu arbeiten. Innere Unruhe und Probleme förderten die Aggressivität.<BR /><BR />Baumgartner hält nichts von der Idee, Jugendliche härter zu bestrafen bzw. das Strafmaß bei gewissen Vergehen jenem von Erwachsenen gleichzusetzen. „Früher hätte die Androhung höherer Strafen vielleicht abschreckend gewirkt, heutzutage dürfte das kaum funktionieren“, meint er. „Das gesamte Jugendstrafrecht berücksichtigt vordergründig den erzieherischen Aspekt und die Wiedereingliederung“, betont er. <BR /><BR />Auch sei der Vorschlag geradezu „paradox: Das Strafrecht für Erwachsene hat in den vergangenen Jahren etliche Instrumente übernommen, die sich im Jugendstrafrecht bewährt haben – wie die Probezeit, die Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit, den Täter-Opfer-Ausgleich – und das Jugendstrafrecht sollte jetzt die entgegengesetzte Richtung einschlagen?“, fragt er. <BR /><BR />Zudem gebe es zu wenig Jugendstrafanstalten, die bestehenden seien überlastet. Und neue Anstalten zu bauen, würde nicht ausreichen: Es bräuchte auch ausreichend Fachpersonal wie Erzieher und Psychologen.