Um kluge Köpfe wieder zurück ins Land zu holen, lockt der Staat Italien mit Steuervorteilen. Eine junge Ärztin erspart sich damit viel Geld – doch die Agentur für Einnahmen in Bozen fordert von ihr knapp 90.000 Euro an Steuern, Strafen und Zinsen zurück. Das Bozner Steuergericht fällt jetzt ein richtungsweisendes Urteil. <BR /><BR /><i><BR /><BR />Von Michael Eschgfäller</i><BR /><BR />Es sind Hunderte von Südtiroler Jungakademikern, von denen die Bozner Agentur für Einnahmen genossene Steuerbegünstigungen einfordert. Die Rückforderung der gesetzlich vorgesehenen Begünstigungen belaufen sich teilweise auf mehrere 100.000 Euro. Bislang wurden die allermeisten Rekurse gegen die Rückforderungsbescheide vom Bozner Steuergericht abgeschmettert. <BR /><BR />Im Fall einer jungen Frau aus dem Eisacktal, die von 2002 bis 2011 in Innsbruck das Studium der Humanmedizin als auch jenes der Zahnheilkunde belegt und auch abgeschlossen hat, hat der Richtersenat unter dem Vorsitz von Christian Mayr den Feststellungsbescheid nun annulliert. Knapp 88.600 Euro hatte die Bozner Agentur für Einnahmen von der jungen Ärztin an gesetzlich vorgesehenen Steuervergünstigungen, die diese im Rahmen des „rientro cervelli“ genossen hat, allein für das Jahr 2014 an Steuern, Strafen und Zinsen gefordert. <BR /><BR /><b>Wohnsitz muss nicht im Ausland sein</b><BR /><BR />Für die Bozner Agentur der Einnahmen erfüllt die junge Frau nämlich nicht die Auflagen, um in den Genuss der gesetzlich vorgesehenen Steuerbegünstigung zu gelangen. Die Agentur beanstandete u.a., dass die junge Frau „ihren offiziellen Wohnsitz seit ihrer Geburt in Südtirol hat“ und schloss daraus, dass dadurch „eine Unterbrechung des Lebensmittelpunktes in Italien durch ihren Studienaufenthalt in Innsbruck nicht stattfinden konnte“. <BR /><BR />Der Richtersenat unter Vorsitz von Christoph Mayr kommt in seinem Urteil zum Schluss, dass eine formelle Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland und folglich die Eintragung ins AIRE-Register keine unabdingbare Voraussetzung für die Beanspruchung einer Steuerbegünstigung im Zuge des „riento cervelli“-Gesetzes sei. Beide Argumente hatte Rechtsanwalt Alfred Mulser entsprechend widerlegt. Ebenso die von der Agentur für Einnahmen beanstandeten Praktika und Sommerjobs der jungen Ärztin. Auch dieses Argument ließen die Richter nicht gelten. Sie haben den Rekurs angenommen und den Feststellungsbescheid annulliert.<BR />