Während Befürworter darin eine Stärkung der Unabhängigkeit der Richter sehen, befürchten Gegner, dass die Politik auf die Strafverfolgung Einfluss nehmen könnte.<BR /><BR /> „Die Reform will ein Problem lösen, das in Wirklichkeit gar nicht existiert“, kritisiert SVP-Senatorin Julia Unterberger. „Vor allem aber ist es eine Reform, die in keiner Weise dazu beiträgt, die Justiz effizienter zu machen.“ Vielmehr stehe die beunruhigende Hypothese im Raum, dass dies der erste Schritt eines Plans sein könnte, um die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft zu schwächen und die Strafverfolgung der Politik zu unterstellen. <BR /><BR />Die Reform sieht u.a. getrennte Wettbewerbe für Richter und Staatsanwälte vor. Ein Laufbahnwechsel soll nicht mehr möglich sein. Auch soll jede Berufssparte einen eigenen Obersten Richterrat (CSM) haben. Da es sich um eine Verfassungsreform handelt, muss der Gesetzestext ein zweites Mal ohne Änderung von Kammer und Senat grünes Licht erhalten. Abgestimmt wird wohl im Herbst. Ein Referendum könnte frühestens 2026 stattfinden. <h3> Richter: „Eine große Gefahr“</h3>Nichts abgewinnen kann der Reform die Präsidentin des Bozner Landesgerichtes, Francesca Bortolotti. „Die Trennung existiert seit der Cartabia-Reform de facto schon heute, da ein Richter bzw. Staatsanwalt nur einmal zum jeweils anderen Aufgabenbereich wechseln kann, und das nur innerhalb der ersten neun Jahre seiner Laufbahn“, so Bortolotti. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1193685_image" /></div> <BR /><BR />Auch würde Richtern und Staatsanwälten die Möglichkeit genommen, im jeweils anderen Bereich wertvolle Berufserfahrung zu sammeln. Die Richterschaft sehe aber auch eine große Gefahr – nämlich für das Prinzip der Strafverfolgungs- bzw. Anklagepflicht, die der Staatsanwalt hat. Wenn die Staatsanwaltschaft dem Innenministerium unterstellt werde, würden viele eine potenzielle politische Einmischung befürchten. Und die Angst vor diesen Folgen könnte die „Staatsanwaltschaften ausbluten“.<h3> Staatsanwalt: „Unnötige Reform“</h3>„Die Reform ist unnötig, sie hat nichts mit Effizienz zu tun, sie kann zu massiven Problemen führen“, gibt der Leitende Bozner Staatsanwalt, Axel Bisignano, zu bedenken. Staatsanwälte, die politische Einmischungen befürchten, könnten noch vor der Verabschiedung oder während der Übergangszeit „flüchten“. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1193688_image" /></div> <BR /><BR />In Österreich und Frankreich könnten Richter und Staatsanwälte problemlos die Laufbahnen wechseln, in Süddeutschland müssten sie es sogar mindestens einmal in ihrer Karriere tun. <BR /><BR />Paradox: Für die Personalsituation in der Bozner Staatsanwaltschaft könnte sich aber ein positiver Nebeneffekt ergeben: Wer einen lokalen Wettbewerb gewinnt, muss zehn Jahre in Südtirol Dienst tun, bevor er in einer anderen Region arbeiten kann, und ein vorheriger Wechsel zum Richteramt – wie es bisher nicht selten vorkam – wäre nicht mehr möglich.<h3> Strafverteidiger: „Für fairen Prozess“</h3>Die Kammer der Südtiroler Strafverteidiger („camere penali“) begrüßt die Verabschiedung des Gesetzentwurfs zur Verfassungsreform der Justiz durch den Senat. <BR /><BR />Wie Präsident Carlo Bertacchi in einer Aussendung betont, sei die Trennung der Laufbahnen von Staatsanwälten und Richtern unerlässlich, „um die Unabhängigkeit des Richters zu verwirklichen und zu stärken – ohne dabei die Funktion der Staatsanwaltschaft zu schwächen, die weiterhin autonom und unabhängig von der Exekutive ist – ebenso wie die Richter selbst“.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1193691_image" /></div> <BR />Die Reform ziele demnach auf die Umsetzung eines fairen Prozesses ab. Die Kammer der Strafverteidiger plane auf lokaler Ebene Veranstaltungen – auch im Dialog mit der Richterschaft – und unter direkter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger, die unmittelbar von der Reform betroffen seien.