Lagerfeld hat mehr als ein halbes Jahrhundert die Mode mitbestimmt. Mitte der 50er-Jahre begann er in Paris, große Couture-Häuser wie Balmain, Patou, Chloe oder Fendi zum Erfolg zu führen. Er habe sich schon immer für Kleider interessiert, ohne zu wissen, dass man das Mode nenne, sagte Lagerfeld einmal in einem seiner zahlreichen Interviews. Als Kreativdirektor übernahm er 1983 Chanel – ein Wechsel, der für das französische Modehaus wegweisend war. Modeimperium der ExtraklasseDer deutsche Modeschöpfer rüttelte die traditionsreiche Luxusmarke aus ihrem Dornröschenschlaf. Die typischen Tweedstoff-Jacken poppte er mit Bändern und Fransen neu auf, Haute-Couture-Kleider kombinierte er mit Sportschuhen. Treu blieb er dem klassischen Cocktailkleid und dem rosa Kostüm. Kollektionen unter seinem eigenen Namen entwarf er ab Mitte der 70er-Jahre. Heute hinterlässt der Wahlpariser ein Modeimperium, dessen Wert auf mehrere Millionen Euro geschätzt wird.Sorge um King Karl war letzthin großSeine Mode war elegant, minimalistisch und innovativ. Unvergesslich sind das kleine Chanel-Jäckchen, die tiefen Rücken-Dekolletes, seine Wollmäntel mit Gürtelschließe am Kragen. Lagerfeld hat klassische Formen erneuert und „Looks“ geschaffen. Er schickte die schönsten Models über die Laufstege, darunter Claudia Schiffer und Ines de la Fressange.Zuletzt fehlte er genau da, wo er jedes Mal frenetisch gefeiert wurde – auf dem Laufsteg zum Finale einer Chanel-Show. Die offizielle Begründung: Lagerfeld habe sich müde gefühlt. In Paris, wo er nach dem Tod von Modeschöpfer Yves Saint-Laurent der letzte noch verbliebene Modezar war, war die Sorge groß. Zuletzt hatte er diese Sorge um seinen Gesundheitszustand noch selbst dementiert und sich per Video-Botschaft gemeldet. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an From Karl to @carineroitfeld: congratulations for reaching 1 million followers on @crfashionbook! #KARLLAGERFELD Ein Beitrag geteilt von KARL LAGERFELD (@karllagerfeld) am Feb 5, 2019 um 7:08 PST Im November hatte er noch die berühmte Festtagsbeleuchtung auf der Pariser Prachtmeile Champs-Elysees eingeweiht. „Paris Match“ zufolge sei der Designer am Montagabend wegen eines medizinischen Notfalls in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Dienstagfrüh sei er verstorben.„Karl, der Große“In der Welt der Mode galt der am 10. September in Hamburg geborene Karl Lagerfeld seit dem Tod von Yves Saint Laurent als Alleinherrscher. Als Geburtsjahr nannte er selbst einmal 1935, andere Quellen sprachen von 1938 oder auch 1933. Seit dem Jahr 1983 war „Karl, der Große“, wie ihn die Modewelt nannte, für den Luxuskonzern Chanel tätig.Noch länger entwarf er Damenmode für das italienische Haus Fendi. Zudem brachte er regelmäßig Mode unter seinem eigenen Namen heraus. Von 1980 bis 1984 war Lagerfeld zudem als erster Modeschöpfer einer langen Reihe bekannter Namen Gastprofessor der Modeklasse an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Ikonisch auch sein Auftreten: Als seine Markenzeichen galten der weiße Haarzopf, die dunkle Sonnenbrille und schwarze Anzüge. Foto: TwitterLegendär waren Lagerfelds AussprücheÜber seine Haut sagte er: „Ich gehe nicht mehr in die Sonne. Schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Ich will nicht aussehen wie eine alte Schildkröte.“ Über seine Ausbildung sagte der Besitzer von 300.000 Büchern: „Ich habe ja im Grunde nie etwas gelernt. Ich habe nicht einmal Abitur gemacht und nix.“ Vernichtend war das Urteil des Modezaren über Freizeitkleidung: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“Lagerfelds unermüdlicher Gestaltungswille beschränkte sich nicht nur auf die Haute-Couture. Für Aufsehen sorgte 2004 seine Ankündigung, kostengünstige Mode für den schwedischen Discount-Modefilialisten H&M zu entwerfen. Lagerfeld war der erste Design-Kooperationspartner. Ihm folgten unter anderem Lanvin und Versace.König der MaßlosigkeitFrankreichs Presse nannte den Sohn des Hamburger „Glücksklee“-Kondensmilch-Fabrikanten Otto Lagerfeld wegen seiner rastlosen Kreativität auch „König der Maßlosigkeit“ oder „Karl den Großen“, eine Anspielung an den gleichnamigen Herrscher, der bis 814 König des Frankenreichs war, das unter ihm zu seiner größten Ausdehnung und Machtentfaltung fand.Schwarze Sonnenbrille, weißer Mozartzopf, steifer Vatermörderkragen und Ringe an jedem Finger: So kannte Lagerfeld die ganze Welt. Seinen fast schon maskenhaften Stil hatte er zu seinem Markenzeichen gemacht.dpa/stol