Für eine Seminargemeinschaft in „Apostelstärke“ sorgen in Brixen zwölf Priesteramtskandidaten aus Tansania und Indien. Der Großteil von ihnen studiert seit bald vier Jahren in Brixen, nach der Weihe in voraussichtlich zwei Jahren werden sie fünf Jahre lang in einer Südtiroler Pfarrei wirken und dann in ihre Heimatländer zurückkehren. Und dann? Steht das Seminar nach mehr als 400 Jahren vor dem Aus? „Stol+“ hat bei Bischof Ivo Muser nachgefragt. <BR /><BR /><b>Herr Bischof, das Priesterseminar ist aus Südtiroler Sicht leer. Wie geht es Ihnen mit dieser Situation?</b><BR />Bischof Ivo Muser: Wir haben einen Priesteramtskandidaten für unsere Diözese, der gegenwärtig in München studiert. Über ihn freue ich mich. In meinen fast 14 Jahren als Bischof sind mehr als 200 Diözesan- und Ordenspriester gestorben, 18 konnte ich die Priesterweihe spenden. Diese Situation darf niemand schönreden und sie sagt viel aus über den geistlichen Grundwasserspiegel in unserem Land. Ich wünsche mir, dass sich niemand damit abfindet. Für mich ist in diesen Jahren eines immer deutlicher geworden: Der Rückgang an Priester- und Ordensberufungen ist dramatisch, der Rückgang an Gläubigen ist noch viel größer und noch dramatischer. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, sonst wäre ich kein Christ! <BR /><BR /><embed id="dtext86-70366879_quote" /><BR /><BR /><b>Das heißt, dass die Schließung des Brixner Seminars keine Überlegung ist? Eine Ausbildung gemeinsam mit Innsbruck oder Trient könnte ein Weg sein.</b><BR />Bischof Muser: Nein, wir denken nicht an die Schließung unseres Priesterseminars. Gegenwärtig leben dort Seminaristen aus Tansania und aus Indien und ich wünsche mir, dass dieses „Projekt“ weitergeht. Wenn sie fehlen würden, wäre das auch für unsere Hochschule ein großer Verlust. Eine Zusammenarbeit mit Trient und Innsbruck gibt es schon seit Jahren. Das ist wichtig, hilft allen und soll noch mehr ausgebaut werden. Auch in Innsbruck und Trient sind die Zahlen nicht viel anders. Wir sitzen im gleichen Boot.<BR /><BR /><embed id="dtext86-70367070_quote" /><BR /><BR /><b>Sie sprechen von einem großen Verlust für die Hochschule. Dort fehlen nicht nur die Seminaristen, sondern auch andere Hörerinnen und Hörer.</b><BR />Bischof Muser: Die Zahlen an der Hochschule bereiten mir ebenfalls Sorgen. Sie sind in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Wir brauchen nicht nur Priester, sondern auch Frauen und Männer, die sich in den unterschiedlichen Bereichen des diözesanen, seelsorglichen, pfarrlichen Lebens in den Dienst der Glaubensgemeinschaft stellen. Gibt es genügend Menschen, die jungen Menschen Mut machen zum Theologiestudium, zu einem seelsorglichen Dienst in der Kirche, z.B. in der Krankenhausseelsorge, zum Religionsunterricht? <BR /><BR /><b>Wo sehen Sie einen möglichen Weg aus der Krise?</b><BR />Bischof Muser: Die Gründe für die Zahlen im Seminar und an der Hochschule sind für mich dieselben. Der beste Beitrag für neue kirchliche Berufungen in ihrer Vielfalt ist – so wie bei Priester- und Ordensberufen – ein Leben aus der Taufe und der Firmung, eben Freude an Jesus und an der Gemeinschaft. Übrigens: Die Kirche war nie perfekt und fehlerfrei, und doch hat sie viel Gutes bewirkt und hervorgebracht!