<b>Mit welchen Engpässen hatte die Bozner Staatsanwaltschaft zu kämpfen?</b><BR />Axel Bisignano: Wir hatten große Schwierigkeiten, weil leider aufgrund von zahlreichen Abgängen und gleichzeitig drei Mutterschaften das Amt fast ausgestorben war. Wir waren nur mehr drei stellvertretende Staatsanwälte plus meine Wenigkeit, insgesamt müssten wir zu zwölft sein. Wir hatten jeweils für sechs Monate eine Abordnung aus Trient und eine aus Catania hier, die uns unterstützt haben. Nur so konnten wir uns mehr oder weniger über Wasser halten. <BR /><BR /><BR /><b>Inwiefern hat sich das – falls überhaupt – auf die Ermittlungsarbeit ausgewirkt?</b><BR />Bisignano: Wir haben den Straftaten des „Codice rosso“ (Fälle von häuslicher und sexueller Gewalt sowie damit zusammenhängende Verbrechen wie z.B. Stalking, Revenge Porn, Verstöße gegen das Annäherungsverbot, Anm. d. Red.) natürlich absolute Priorität eingeräumt. Diese sind mit rund 600 Meldungen pro Jahr stabil. Meine Kollegen haben wirklich auf vorbildliche Art und Weise gearbeitet. Wir haben sämtliche Straftaten in diesem Bereich verfolgt und immer die entsprechenden Schutzmaßnahmen beantragt. Trotz aller Schwierigkeiten hat das Amt keine Rückstände aufgebaut. Allerdings konnten wir uns in dieser Zeit keinen anderen großen Ermittlungen widmen.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-70261630_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Was ändert sich jetzt?</b><BR />Bisignano: Ab Montag kann die Staatsanwaltschaft wieder neu durchstarten: Zwei neue Kollegen treten ihren Dienst an, auch sind die Kolleginnen aus der Mutterschaft zurück. Damit werden also acht stellvertretende Staatsanwälte im Einsatz sein, und wir können wieder in spezialisierten Arbeitsgruppen ermitteln. Fälle von Codice rosso bleiben natürlich weiterhin absolut prioritär, vier Staatsanwälte sind dafür eingeteilt. Zwei Staatsanwälte werden sich um Umweltvergehen und Straftaten im Bereich der öffentlichen Verwaltung wie z.B. Korruption kümmern, zwei weitere Kollegen um Finanzdelikte. Und um die Kleinkriminalität werde ich mich persönlich kümmern.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-70261634_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Wieso erklären Sie gerade den Bereich zur Chefsache?</b><BR />Bisignano: Die sogenannte Klein- oder Mikrokriminalität führt vor allem – aber nicht nur – in den Städten Bozen und Meran zu einer Situation, die logischerweise bei der Bevölkerung Unbehagen und eine gewisse Alarmstimmung auslöst. Da werden wir auf jeden Fall – auch zusammen mit den Ordnungskräften – den Druck verstärken. Durch die Konzentration in die Hand eines Staatsanwaltes werden auch die Verfahren konzentriert. So dürfte es auch möglich sein, verstärkt vorbeugende Maßnahmen zu beantragen. <BR /><BR /><BR /><b>Will heißen: Mehr Personen landen hinter Gittern?</b><BR />Bisignano: Die Maßnahmen müssen natürlich auch kompatibel sein mit dem Gefängnis: Dieses ist aber jetzt schon überfüllt. Es wäre wirklich wünschenswert, dass die zuständigen Stellen dieses Problem jetzt angehen – auch wenn ich mir keine Hoffnung mache, dass ich das neue Gefängnis sehen werde, solange ich im Amt bin.