<b>Die deutsche Bundesregierung plant, den Umgang mit Cannabis zu regulieren und die Substanz teilweise zu legalisieren. Ist das eine Aufforderung zum Drogenkonsum?<BR /></b>Peter Koler: Nein, keineswegs! Die Maßnahme trägt in erster Linie zur Entkriminalisierung der Konsumenten bei. Cannabis ist aus gesundheitlicher Sicht ähnlich schädlich wie Alkohol und Nikotin. Deshalb gibt es meiner Meinung nach keinen Grund dafür, das eine zu erlauben, während der Konsum des anderen strafrechtlich verfolgt wird. Dass es sich trotzdem bei all diesen Genussmitteln um Substanzen handelt, die das Bewusstsein verändern und die zu einer Abhängigkeit führen können, steht außer Frage. <BR /><BR /><b>Wäre ein Verbot deshalb nicht sinnvoller?<BR /></b>Koler: Nein, die jahrzehntelange Verbotspolitik und der Krieg gegen die Drogen haben nicht das gebracht, was sie sollten. Das Ziel war es ursprünglich, das Angebot so lange zu bekämpfen, bis es irgendwann keines mehr gibt. Doch das funktioniert nicht. Der Drang des Menschen, bestimmte Substanzen zu konsumieren, lässt sich nicht einfach löschen, weshalb der Schwarzmarkt immer weiter floriert. Darum ist der Plan, der erwachsenen Bevölkerung den Umgang mit Cannabis in einem gewissen Rahmen zu erlauben, ein Schritt in die richtige Richtung. <BR /><BR /><embed id="dtext86-59139053_quote" /><BR /><BR /><b>Sie sprechen von den Erwachsenen, für die die Grenzen erweitert werden sollen. Wie sieht es hingegen mit den Jugendlichen aus? Sollten dieselben Zugeständnisse auch für sie gelten?<BR /></b>Koler: Die Jugendlichen sind von der angedachten Regelung in Deutschland ausgenommen; für sie ist der Konsum von Cannabis weiterhin verboten. Vielmehr sollen – in einem Zug mit der eventuellen Legalisierung der Substanz für volljährige Bürger – auch die Präventionsbemühungen verstärkt werden, was als durchaus sinnvoll anzusehen ist.<BR /><BR /><b>Gerade junge Menschen streben aber oft danach, sich auszuprobieren. Ist es überhaupt möglich, sie von einer Substanz fernzuhalten, die im Erwachsenenalter legal erworben werden kann?<BR /></b>Koler: Was die Jugend betrifft, befinden wir uns tatsächlich in einem gewissen Dilemma. Sinn und Zweck ist es natürlich, die jungen Menschen so gut als möglich zu schützen und auch den Konsum von potenziellen Suchtmitteln – sei es nun Alkohol, Nikotin oder Cannabis – so lange es geht hinauszuzögern oder bestenfalls komplett zu verhindern. In vielen Fällen klappt dies sehr gut, da sich die Jugendlichen an die Regeln halten. Manchmal werden die Grenzen jedoch auch ganz bewusst gesprengt, weil das Verbotene einen gewissen Anreiz bietet. Wichtig ist es deshalb, den jungen Menschen klarzumachen, dass der Versuch, Probleme mit Rauschmitteln zu lösen, langfristig nichts bringt. So können eine Abhängigkeit oder riskante Konsummuster verhindert werden.<BR /><BR /><embed id="dtext86-59140280_quote" /><BR /><BR /><b>Inwiefern?<BR /></b>Koler: Problematisch wird es immer dann, wenn bewusstseinsverändernde Substanzen eingenommen werden, um sich besser zu fühlen oder gewisse Emotionen leichter aushalten zu können. In diesen Fällen ist der Weg in die Abhängigkeit oft nicht mehr weit. Und genau dem muss bewusst entgegengewirkt werden. <BR /><BR /><b>Wie kann das funktionieren?<BR /></b>Koler: Es ist wichtig, den Jugendlichen zu zeigen, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, mit Problemen und negativen Situationen fertig zu werden. Vor allem Gespräche, Bewegung, Kreativität und das Gefühl, aufgenommen und wertvoll zu sein, können helfen, das Risiko für Suchkrankheiten zu senken. Außerdem müssen Wege und Strategien vermittelt werden, mit den eigenen Emotionen und Gefühlen bewusst umzugehen und somit die eigene Persönlichkeit zu stärken. <BR /><BR /><embed id="dtext86-59140284_quote" /><BR /><BR /><b>Hierbei spielt sicherlich auch das soziale Umfeld eine Rolle...<BR /></b>Koler: Auf jeden Fall. Junge Menschen, die mit einer guten Bindung zu erwachsenen Vertrauenspersonen aufwachsen, laufen weniger Gefahr, dem Drogenkonsum zu verfallen. Gerade in der herausfordernden Phase der Pubertät sollten sie erfahren und lernen, dass es viele Möglichkeiten gibt, sich auszuleben, welche die Gesundheit nicht gefährden. Wurde mit Rauschmitteln nämlich erst einmal über das Ziel hinausgeschossen, ist ein Umdenken schwierig. In den meisten Fällen ist es nicht nur die körperliche Abhängigkeit, die dann bekämpft werden muss, sondern auch die emotionale. Und gerade dieses Zusammenspiel ist äußerst komplex. <BR /><BR />