Ukraine-Krieg, atomare Bedrohung, explodierende Energiepreise: All das macht auch vielen Südtirolern zu schaffen. Experten zeigen auf, wie es sich am besten mit diesen Ängsten und Sorgen leben lässt. <BR /><BR />Die Mitarbeiter der Caritas-Telefonseelsorge und von „Young+Direct“ stehen täglich in Kontakt mit zahlreichen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im Land, die Hilfe im Hinblick auf unterschiedlichste Sorgen suchen – in den vergangenen Wochen und Tagen auch im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. <BR /><BR /><b>Caritas-Telefonseelsorge: Mehr Anrufe, aber ...</b><BR /><BR />Insbesondere bei den regelmäßigen Anrufern, die bei der Caritas-Telefonseelsorge den Großteil ausmachen, „merken wir fest, dass sie noch mehr mit Ängsten zu kämpfen haben“, berichtet die Leiterin Monika Steger. Aber auch neue Anrufer kämen hinzu, bei denen vermehrt „Ängste hochkommen.“ <BR /><BR />Steger klärt allerdings gleich auf, dass es oft nicht so sehr um konkrete Ängste im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und der befürchteten Ausweitung des Konflikts auf Europa oder die Welt gehe, sondern vielmehr um ein allgemeines, verstärktes Angstempfinden. Steger verweist dabei auf Parallelen zur Anfangszeit der Corona-Pandemie. „Wir sind jetzt ebenso in einer Phase des Verdrängens, in der man es noch nicht ganz wahrhaben will. In dieser Phase redet man eher generell über Zukunftsängste und nicht direkt über den Krieg.“ <BR /><BR />Nach dieser ersten „Schockphase“ geht Steger davon aus (ähnlich wie bei Corona), dass die allgemeinen Zukunftssorgen in der Bevölkerung aber sogar noch zunehmen werden. <BR /><b><BR />Den Blick vermehrt auf positive Dinge lenken</b><BR /><BR />Was gilt es also in dieser Situation zu tun? „Zuhören, stabilisieren und den Blick in die Zukunft richten“, fasst Steger das Anliegen der Telefonseelsorge zusammen. Das gelte aber auch generell bei Ängsten im Leben: „Meistens befindet man sich in einem Tunnel, in dem alles nur mehr negativ erscheint. Dabei vergisst man leicht, die positiven Dinge zu sehen, die doch noch passieren.“ Genau darauf gelte es dann den Fokus zu legen. Dabei empfiehlt Monika Steger durchaus auch Verzicht auf negative Nachrichten und Schreckensbilder. „Wenn jemand schon Zukunftsängste und Panik hat, dann sollte er sich lieber einen Pilcher-Film ansehen, anstatt eine Nachrichten-Sondersendung zum Krieg.“<BR /><BR />Wichtig sei es laut Steger aber vor allem, die eigenen Sorgen auszusprechen und sich darüber auszutauschen. „Je früher ich über mein Empfinden reden kann, je früher ich Hilfe annehmen kann, umso besser ist es.“ Insofern will sie auch die Hemmschwelle vor einem Anruf bei der Telefonseelsorge senken: „Die Telefonseelsorge ist für jeden da, das Problem muss nicht gleich riesengroß sein. Es geht um die Prävention für die Seele.“<BR /><BR /><b>Kinder und Jugendliche: Krieg als Nährboden für Ängste</b><BR /><BR />Das Thema Ukraine-Krieg an sich spielt bei den Anrufen bzw. im virtuellen Austausch (z.B. via WhatsApp) zwischen Kindern, Jugendlichen und der Beratungsstelle „Young+Direct“ derzeit noch keine besondere Rolle, berichtet der Leiter Michael Rainer. Das soll laut Rainer aber nicht heißen, dass der Krieg Kinder und Jugendliche nicht dennoch intensiv beschäftigt. Er erklärt aber, dass sich junge Menschen vorwiegend mit Themen an „Young+Direct“ wenden, bei denen die Hemmschwelle im persönlichen Umfeld groß ist, darüber zu sprechen. Im Falle des Krieges zwischen Russland und der Ukraine sei das nicht so, denn man könne sich darüber durchaus mit Eltern, Bekannten oder Freunden austauschen.<BR /><BR />Der Leiter von „Young+Direct“ beschreibt den Ukraine-Krieg jedoch als allgemeinen „Nährboden zur Verstärkung von Ängsten“, so Rainer. Ein Nährboden, der in den vergangenen zwei Jahren schon durch ein anderes Thema bereitet wurde, denn seit Beginn der Corona-Pandemie habe das Thema Ängste bei Kindern und Jugendlichen schon extrem zugenommen.<BR /><BR /><b>Wie die Eltern auf ihren Nachwuchs eingehen können</b><BR /><BR />Entscheidend für Kinder und Jugendliche beim Thema Ukraine-Krieg sei laut Rainer der verhältnismäßige und altersgerechte Umgang im engsten und näheren Kreis – gerade auch, was die Auseinandersetzung mit der medialen Flut an Bildern und Videos betreffe. „Wenn das Umfeld das Thema herabspielt, kann das fahrlässig sein. Wenn es panisch darauf reagiert, fördert das noch mehr die Ängste.“ <BR /><BR />Eltern seien vor allem gut beraten, die Sorgen und Ängste ihres Nachwuchses ernst zu nehmen und den eigenen Medienkonsum zu hinterfragen bzw. zu dosieren. „Denn es ist wie so oft: Die Menge macht das Gift!“, so der Leiter von „Young+Direct“. Jede Altersstufe und jede Persönlichkeit ordne das Gesehene anders ein und verarbeite es anders. Die sensible und einfühlsame Begleitung sei bei Kindern und Jugendlichen also entscheidend, wenn es um den Umgang mit dem Ukraine-Krieg geht.<BR />