Dabei ging es auch um Geschichte und die Lehren daraus. Um ein Stück Südtiroler Sozialgeschichte und eine sie prägende Persönlichkeit: die ehemalige Landesrätin für das Sozial- und Gesundheitswesen Waltraud Gebert-Deeg. Deren Biografie (kürzlich im Reatia-Verlag erschienen) stand im Mittelpunkt der Bezirkstagung des Katholischen Verbandes der Werktätigen (KVW) in Schlanders mit dem Titel: Blick zurück nach vorne. Was kann uns das Gestern für das Heute und Morgen lehren? Viele Fragen und spannende Antworten.<BR /><BR />Es war die Mischung am Podium, die es ausmachte. Allesamt Persönlichkeiten, die direkt oder indirekt mit dem Katholischen Verband der Werktätigen (KVW), dessen Geschichte und Gegenwart verbunden sind. Und mit starkem Bezug zum Vinschgau. Robert Kaserer aus Tschars, langjähriger Landtagsabgeordneter der Südtiroler Volkspartei (SVP), zuletzt Vizepräsident des Südtiroler Landtages, Karl Tragust aus Kortsch, von 1993 bis 2011 Direktor der Landesabteilung Sozialwesen und Buchautor, Anna Thaler, Gemeinderätin und -referentin in Schluderns sowie Josef Stricker vom Stallwieshof im Martelltal, zweimal Geistlicher Assistent des KVW, zuletzt von 2001 bis 2019. Dazu die Tochter der „Landesmutter“, als die Waltraud Gebert-Deeg oft bezeichnet wird, die derzeitige Landesrätin Waltraud Deeg, zuständig für das Sozialwesen, Wohnbau, Familie und Senioren.<BR /><BR /><b>Politik, Frauen, Soziales</b><BR /><BR />Nach einer thematischen Einführung durch den Vorsitzenden des KVW-Bezirks Vinschgau Heinrich Fliri ging es unter dem Motto „Politik, Frauen, Soziales“ sogleich zur Sache. Die Biografie von Waltraud Gebert-Deeg bot genügend Anknüpfungspunkte für den Blick zurück und nach vorne. Josef Stricker zeigte eindrucksvoll auf, welche Aufbruchstimmung es in den 1960er und den folgenden Jahrzehnten gab. Den Aufbruch, neue Betriebe im Land anzusiedeln, Arbeitsplätze zu schaffen und die soziale Frage zu lösen. Zugleich stand die Autonomiepolitik im Fokus, für die sich der damalige Landeshauptmann Silvius Magnago starkmachte. In dieser Zeit war Waltraud Gebert-Deeg eine der ersten Frauen im Südtiroler Landtag und sogleich politisch verantwortlich für das Soziale. <BR /><BR />Der KVW war ihre verbandspolitische Heimat. So erinnerte sich der ehemalige Landtagsabgeordnete Robert Kaserer, selbst aus der Arbeitnehmerschaft, wie nah sie stets bei den Bürgerinnen und Bürgern war, immer bemüht, jedes Anliegen aufzunehmen und zu lösen. Natürlich ging dieser Einsatz auch auf Kosten der Familie und Gesundheit, erzählte ihre Tochter und derzeitige Landesrätin Waltraud Deeg. Dennoch sei sie selbst in die Politik gegangen und damit in die Fußstapfen ihrer Mutter getreten, weil es auch schön und befriedigend ist, etwas gestalten zu dürfen. In diesem Sinne war Waltraud Gebert-Deeg nicht nur Sinnbild für die eigene Tochter, sondern auch für andere Lokalpolitikerinnen in Südtirol, wie zum Beispiel für Anna Thaler. Karl Tragust wusste mit gar einigen Anekdoten aufzuwarten, die Waltraud Gebert-Deeg als stets höfliche, dankbare und sachbezogene Politikerin zeigten, aber auch als eine Frau mit der Fähigkeit, komplexe Tatbestände in einfacher und gewinnbringender Form darzustellen, mit der nötigen Portion strategischem Kalkül und emotionaler Intelligenz gegenüber Ministerien und Funktionären.<BR /><BR /><b>KVW wichtiger denn je</b><BR /><BR />Die Veranstaltung in den Räumlichkeiten der BASIS in Schlanders endete mit einem motivierenden Resümee des KVW-Landesvorsitzenden Werner Steiner vor knapp 70 anwesenden Mitgliedern und Ehrenamtlichen, in dem er klare Worte für die Wichtigkeit des KVW heute und in Zukunft fand. Geschäftsführer Werner Atz unterstrich die klare Haltung des KVW in gesellschaftspolitischen Fragen und Bezirksvorsitzender Heinrich Fliri gab einen Über- und Ausblick zu den vielfältigen Aktivitäten des KVW im Vinschgau, wo über 40 Ortsgruppen in sechs Gebieten ehrenamtlich aktiv sind und in den Büros von Schlanders und Mals unter der Leitung von Verbandssekretär Emil Unterholzner professionelle Dienstleistungen angeboten werden. Nach wie vor sind die Themen der Erhalt und die Förderung peripherer Infrastrukturen im Sozial- und Gesundheitswesen. Hierzu gehören vor allem das Krankenhaus Schlanders sowie die dezentralen Ausbildungsmöglichkeiten für Sozialberufe.<BR /><BR />Die Bezirkstagung wurde von der Südtiroler Volksbank finanziell unterstützt und kann über die Sozialen Medien nachgesehen werden. Eine spontan für die Kriegsopfer in der Ukraine organisierte Spendensammlung vor Ort brachte knapp 700 Euro ein.<BR /><BR /><i>Text: Josef Bernhart</i>