„Die Stimmung auf dem Pferderennplatz in Meran war etwas Besonderes“, blickt Leo Haller Jahrzehnte weit zurück. „Es war eine andere Welt. Es gab viel mehr Pferdebesitzer, viel mehr gute Trainer und Jockeys. Der Pferdesport war damals ein Elitesport. Im Pferdedorf Borgo Andreina hat man Menschen getroffen, die zur höheren Gesellschaft gehörten. Damals war es eine Prestigesache, sich Pferde zu halten.“<BR /><BR /><embed id="dtext86-71497781_quote" /><BR /><BR />Zu den Pferderennen kamen Interessierte aus ganz Italien. Die Hotels „Bristol“ und „Palace“ waren von Mai bis Oktober zur Hälfte mit Gästen der Pferdebesitzer belegt. Auch die Medienpräsenz sei früher viel größer gewesen, erzählt Leo Haller. In der „Gazzetta dello Sport“ war die zweite Seite immer dem Pferdesport gewidmet, teilweise waren es zwei Seiten. „Heute berichtet die Zeitung nur mehr über den Großen Preis.“ Generell habe der Pferdesport in den Medien keine Sichtbarkeit mehr. Es sei in den goldenen Zeiten verpasst worden, den Pferdesport richtig zu vermarkten. <BR /><BR />„Bis in die 1990er Jahre waren riesige Geldmittel für den Pferdesport vorhanden, weil nur Fußball- und Pferdewetten erlaubt waren“, erinnert sich Leo Haller. „Das Geld wurde in Form von Preisgeldern sowie Zuschüssen an die Rennvereine und Züchter wieder ausgeschüttet. Als der Große Preis von Meran mit einer Lotterie gekoppelt war, erhielt die Stadt Meran einen Teil des Geldes.“ Seit es diese riesigen Geldmittel nicht mehr gebe, habe sich die Welt des Pferdesport grundlegend gewandelt, bedauert der Pferdesportbegeisterte. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1215183_image" /></div> <BR />„Bis Mitte der 1980er Jahre war ich Zuschauer, dann habe ich begonnen, für die ,Dolomiten‘ zu berichten. Das war purer Zufall. Ich bin mit Robert Asam, der damals Redakteur in Meran war, in die Schule gegangen. Er hat mich gefragt, ob ich für die ,Dolomiten‘ schreiben will. Ich sagte zu und musste mir das Ein-Finger-System auf der Schreibmaschine beibringen. Anfangs habe ich die Artikel auf dem Pferderennplatz mit der Hand geschrieben und Robert Asam hat sie in der Reaktion abgetippt“, schmunzelt Leo Haller. Später begann er auch über den Eishockeysport zu berichten.<BR /><BR />Fast gleichzeitig übernahm Haller am Pferderennplatz den Pressedienst für die deutschsprachigen Medien. Ein fixes Honorar war nicht vereinbart. „Anfangs gab mir der damalige Präsident Franco Richard, was er für richtig hielt. Es hat immer gepasst.“<BR /><BR />40 Jahre lang, bis heuer, betreute Leo Haller für den Pferderennplatz die deutsche und zum Teil auch die italienische Presse, seit der Ära Martone, also seit 14 Jahren, ehrenamtlich, „aus Verbundenheit zum Pferderennplatz“, wie Leo Haller gesteht. Auch für die „Dolomiten“ berichtet er seit heuer nur mehr, wenn Not am Mann ist. „Ich hatte in den 40 Jahren im Grunde nur drei Wochen im Jahr frei, das war auch eine Belastung für die Familie.“<BR /><BR />Selbst zu reiten, hat Leo Haller nie interessiert. Ab Mitte der 1980er Jahre war er aber an Pferden beteiligt: zuerst beim Obermaiser Pferdebesitzer Paul Trenkwalder (†), seinem großen Freund, der der erste Einheimische war, der den Großen Preis von Meran gewonnen hat. Dann hatte Leo Haller mit Friedl Margesin aus Marling Stallfarben. „Ich bin offiziell als Besitzer aufgeschienen, und wir waren erfolgreich.“ Das Hürdenpferd „Pipinwedo“ gewann in vier Jahren über 120 Millionen Lire. „Es war eine wunderschöne Zeit“, blickt Leo Haller wehmütig zurück.<BR /><BR />Ab den 2000er Jahren hätten sich die Rahmenbedingungen grundlegend verändert. Es wurde viel schwieriger gute Trainer und Reiter zu finden.<BR /><BR />Wie sieht Leo Haller den Pferderennplatz heute? „Es gibt zwei Aspekte“, sagt er. Alles, was das Publikum betreffe, habe sich in den vergangenen 14 Jahren unter Gianni Martone, Präsident der Führungsgesellschaft Meran Galopp, sehr gut entwickelt. An einem normalen Renntag seien 2000 bis 3000 Zuschauer auf dem Untermaiser Pferderennplatz. Allerdings habe sich das Publikum grundlegend verändert. Der Pferderennplatz sei früher eine Tummelwiese für Wettende gewesen, 80 Prozent Italiener. Heute seien 70 Prozent der Zuschauer Touristen. „Martone und seine Gesellschaft haben es verstanden, die Zusammenarbeit mit den Tourismusvereinen und Hotels aufzubauen und das trägt Früchte“, freut sich Leo Haller.<BR /><BR />Was den zweiten Aspekt, den sportlichen betreffe, sei seit den 2000er Jahren ein Abstieg zu beobachten: weniger Pferde, Reiter und Besitzer. „Die Reichen haben sich als Pferdebesitzer größtenteils verabschiedet“, bedauert Haller. „Heute haben die Trainer zum Teil selbst Pferde und weniger Vermögende teilen sich ein Pferd mit anderen. Das Geld ist nicht mehr da.“ Außerdem würde, wie in anderen Sportarbeiten, der Nachwuchs fehlen. Mit einem Rittgeld von 150 bis 250 Euro fände man keinen Nachwuchs, der bereit sei, sein Leben zu riskieren, ist Hallers Erfahrung. „Ohne Reiter aus Tschechien und Polen gäbe es auf dem Meraner Pferderennplatz keine Hürdenrennen mehr.“<BR /><BR />Was ist Leo Hallers beste Erinnerung? „Der erste Sieg von L’ Estran vom Rennstall Josef Aichner im Großen Preis von Meran im Jahr 2020. Es war eine außergewöhnliche Atmosphäre, die mich an die 1970er und 1980er Jahre erinnert hat. Die ganze Tribüne hat mitgefiebert“, erzählt Leo Haller.<BR /><BR />Was ist seine schlimmste Erinnerung? „Das Jahr 2011 als der Pferderennplatz vor dem Aus stand und sich keine Lösung abzeichnete, bevor Gianni Martone ihn übernommen hat. Heute zeigt sich, dass der Pferderennplatz ein riesiges touristisches Potential hat und zur Stadt Meran gehört.“<BR /><BR /><embed id="dtext86-71497784_quote" /><BR /><BR />Das Abschließen von Wetten macht den Besuch des Pferderennplatzes spannender. Leo Haller hat schon als Kind mit seinem Vater gewettet. „Es waren immer nur kleine Summen, einmal haben wir gewonnen, dreimal verloren“, erinnert er sich. Auch heute würde er sagen, dass es am besten ist, sich beim Wetten auf das Bauchgefühl zu verlassen. Das, was er aber sicher sagen kann, ist: „Einer ist reich geworden und viele arm.“ Dennoch findet er es reizvoll, kleine Wetteinsätze zu leisten, denn man befasse sich intensiver mit den Pferden und den Rennen.<BR /><BR />Wer den Pferdesport so liebt, wie Leo Haller, der sieht sich auch andere Pferderennplätze an. „Ich war in Baden-Baden, in Pisa, Mailand und Rom, in Straßburg in Frankreich, in Pardubitz in Tschechien und möchte gerne auch noch andere Pferderennplätze kennen lernen. Aber von den Pisten und der Umgebung ist Meran der schönste Pferdrennplatz, den ich bisher gesehen habe“, sagt ein echter Fan.