<b>Von Martina Hofer</b><BR /><BR />Alexandra Pfeifer ist zeitlich flexibel und hat es nicht weit zum vereinbarten Gesprächstermin ins „Salewa Bivac“ in Bozen. Sie ist arbeitslos und wohnt mit ihren 39 Jahren daheim im Elternhaus in Leifers. Den Gedanken, sie kriege ihr Leben nicht auf die Reihe, verwirft man jedoch schnell, wenn man ihr gegenübersitzt. Tolles Auftreten, lässiger Kleidungsstil und eine Schlagfertigkeit, als würde sie die Gedanken der anderen im Voraus lesen. Schnell wird klar: Ihre momentanen Lebensumstände sind nicht dem geschuldet, dass sie ihr Leben nicht im Griff hätte, sondern weil sie mutig ist. Mutig, ihre eigenen Chancen zurückzustecken, um anderen Menschen eine Chance zu geben.<BR /><BR />Die Karrierefrau hat nach Jahren in New York und Mailand nämlich ihren Traumjob und ihr Leben in der Großstadt über Bord geworfen und widmet sich nun voll und ganz ihrem Lebensprojekt „Bella Esperanza“. Dahinter steckt eine ehrenamtliche Hilfsorganisation für Tansania, die jedoch nicht mit Bildern von ausgehungerten Kindern mit Fliegen im Gesicht überzeugen will. Die Marketingexpertin geht einen neuen Weg. Ihr Ziel ist es, Wohltätigkeit zu einem Lebensstil werden zu lassen, in dem Kreativität, Freude und Inspiration neue Wege der Solidarität öffnen.<h3> Hoffnung statt Mitleid</h3>Aufgewachsen mit zwei Schwestern im Unterland, zog es die Tochter eines Apfelbauern und einer Lehrerin früh hinaus in die Welt. Nach Abschluss des Wirtschaftsstudiums an der Uni Bozen ging es beruflich zuerst nach New York und später weiter nach New Jersey und Nevada, wo sie mit Anfang 20 als Marketing- und Salesleiterin die US-amerikanische Filiale eines Bozner Unternehmens aufgebaut hat. „Es ist wohl mein Charakter, mich mutig reinzustürzen“, sagt sie lächelnd und erzählt von Erfahrungen bei „7 For All Mankind“ in der Schweiz und Erfolgen in Mailand. Für ein Unternehmen hat sie sich dort um die Vermarktung von Brands wie „Fred Perry“ auf dem italienischen Markt gekümmert. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1211010_image" /></div> <BR />Kunst, Kreativität und Mode bestimmten ihr Leben, Events, Businessmeetings und Büroarbeit den Alltag. „Ich war viel und gern unterwegs, abends ging man oft aus essen“, sagt Pfeifer – und fügt im gleichen Atemzug fast ungläubig hinzu: „Heute hingegen denke ich schon bei einer Pizza ernsthaft nach, ob diese 20 Euro nicht in Tansania besser investiert wären.“ In dem ostafrikanischen Land, fast 10.000 Kilometer entfernt, hat für sie 2017 nämlich eine Liebesgeschichte begonnen, die ihr Leben neu ausgerichtet hat.<h3> Der traurige Blick und das Versprechen</h3>Gemeinsam mit ihrer Cousine verbrachte Alexandra Pfeifer vor acht Jahren einen Monat in einem Waisenhauszentrum in Tosamaganga in Tansania: Babys wickeln, Kinder füttern, waschen – und das alles ohne Warmwasser, kaum Strom und unter erbärmlichen Bedingungen. Für Pfeifer ein einschneidendes Erlebnis, für Waisen wie die kleine Esperanza aber Realität. Die Mutter der Zweijährigen war bei ihrer Geburt gestorben, der Vater war nie wirklich da. „Den traurigen Blick dieses Mädchens werde ich nie vergessen“, sagt Alexandra Pfeifer. Tränen schießen in ihre Augen. „Esperanza hat mich berührt, so eine starke Verbindung wie zu ihr habe ich noch nie mit einem Menschen gespürt“, erzählt die Leifererin von der Begegnung und dem Ehrenwort, das sie ihr zum Abschied gab. „Ich habe ihr versprochen, dass sie einmal zur Schule gehen wird“, erinnert sich Pfeifer noch genau an den Moment zurück. Ebenso wie an jenen schockierten Blick ihrer Eltern, als sie nach ihrer Rückkehr offenbarte: „Nur dass ihr es wisst: Wir müssen in Tansania eine Schule bauen. Meine Eltern wussten nämlich: Was ich im Kopf habe, ziehe ich durch.“ <BR /><BR />Obschon ihre Tochter weder einmal Mitglied in einem ehrenamtlichen Verein war, noch je Geld für irgendwas gespendet hatte, wollte es die engagierte Südtirolerin versuchen. Ihr Unwissen und die fehlende Erfahrung für den Dritten Sektor sieht sie im Nachhinein durchaus als Chance. Denn damit gelang es der Marketingexpertin, in den Folgejahren eine ganz andere Art von Charity-Arbeit umzusetzen und 2023 schließlich ihren eigenen ehrenamtlichen Verein „Bella Esperanza“ – benannt nach ebenjenem zweijährigen Waisenmädchen – zu gründen.<h3> „Bella Esperanza“ – der kreative Hoffnungsschimmer</h3>„Ich glaube an die Kraft von Marken. Deshalb bauen wir mit „Bella Esperanza„ eine zeitgemäße Marke, die Botschaften der Hoffnung und nicht des Mitleids an eine neue Generation vermittelt. Wir setzen uns für Transparenz und Vertrauen ein. Die Spenden fließen vollständig in den Schulbau – möglich dank unseres Zwei-Bankkonten-Systems, welches Spenden und Betriebskosten trennt.“ In ihrem Team sitzen dafür ausschließlich Fachleute und Unternehmer aus der Kreativszene. „Wir möchten mit der transformierenden Kraft von Kunst, Musik und Kultur inspirieren, helfen und vor allem mit Unternehmen zusammenarbeiten und maßgeschneiderte Win-win-Projekte bieten“, berichtet sie von Spendeninitiativen, welche ihre Freizeit in den vergangenen Jahren immer stärker wegfraßen und Pfeifer eines Tages merken ließen, wie ihr Traumjob in Mailand längst dem Lebensprojekt in Tansania gewichen war.<BR /><BR />„Ich verstand zunehmend, welche Verantwortung ich habe und dass ich für diese Kinder die einzige Hoffnung bin. Plötzlich wusste ich: Es ist keine Option mehr, die nebenbei läuft, es ist eine Lebensaufgabe, der man sich mindestens acht Stunden am Tag widmen muss, um die Projekte voranzubringen.“ <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1211013_image" /></div> <BR />Im Dezember 2024 ließ die Leifererin darum Job und Wohnung in Mailand hinter sich und kehrte nach Südtirol zurück. Hier schenkt sie sich nun die Zeit, „Bella Esperanza“ als neue berufliche Laufbahn aufzubauen. So nachhaltig, dass sie nicht nur Schulen bauen, sondern davon leben und noch mehr Schulen bauen kann, erklärt Pfeifer und konnte u.a. die Autonome Provinz Bozen als wichtigen Partner gewinnen – dank der Transparenz ihrer Organisation, aber auch mit durchaus schlagkräftigen Argumenten: „260 Millionen Kinder haben aktuell keinen Zugang zu Bildung und damit keine Skills für die Arbeitswelt, was Migration verstärkt und damit uns alle betrifft“, umreißt Pfeifer.<h3> Erste Privatschule eröffnet</h3>Umso mehr freut es sie, dass durch ihr Engagement heute 108 Kinder, darunter auch Esperanza, die von ihr unterstützte „Rosmary Primary School“ besuchen dürfen. Geführt wird sie von den Theresienschwestern vor Ort.<BR /><BR />Die Zusammenarbeit mit der Lokalbevölkerung ist für Pfeifer fundamental, um langfristig „Hilfe zur Selbsthilfe“ leisten zu können: „Es bringt nichts, den Menschen etwas aufzudrücken. Man muss mit Respekt und Liebe aufzeigen, dass es anders gehen könnte.“<BR /><BR />So hat sie etwa einmal einen italienischen Koch nach Tansania eingeladen, der mit neuen Inputs Veränderung in die recht eintönige Küche des Waisenheims (Bohnen, Kartoffeln, Reis, Zwiebeln, Spinat) bringen konnte. Ebenso wurde ein Feld angekauft. Darauf werden künftig Obst und Gemüse zum Verzehr und Verkauf angebaut, berichtet Pfeifer, die mehrmals im Jahr die Reise nach Tansania (über Mailand und Istanbul nach Daressalam und Iringa) antritt und jedes Mal aufs Neue geerdet zurückkehrt. Und dankbar, in Südtirol aufgewachsen zu sein. <BR /><BR />Die kleine Esperanza, mittlerweile neun Jahre alt, über eine Adoption hierher zu holen, kam für die 39-Jährige dennoch nie in Frage. „Esperanza soll in ihrer Heimat aufwachsen und dort ihre Träume verwirklichen können. Nach Abschluss des Baus der Grundschule möchten wir eine Sekundarschule für die Waisenkinder bauen.“ <BR /><BR />Esperanza selbst bekommt davon wenig mit. Sie freut sich einfach, wenn „Alex“, wie sie genannt wird, wieder zu ihr kommt. Die beiden telefonieren regelmäßig, und Pfeifer weiß, wie sehr das Mädchen sie vermisst. „Die Waisenkinder sind leider emotional sehr verarmt. Bei 25 Kindern pro Betreuerin bleibt wenig Zeit für Liebe, Lob und Nähe.“ Darüber hinweg trösten auch nicht die neuen Sandalen, die Alexandra für das Mädchen im Koffer hat, wenn sie im November wieder nach Tansania reist. Doch sie weiß: „Wenn ich das Leben der Kinder täglich auch nur ein klein bisschen heller machen kann, wird es langfristig besser.“ Ein schöner Gedanke, bella Alexandra!<BR /><BR /><h3> Der Verein „Bella Esperanza“</h3>Gegründet 2023 von Alexandra <?Uni SchriftWeite="93ru"> Pfeifer, unterstützt die Freiwilligenorganisation<?_Uni> „Bella Esperanza“ (spanisch für „Hoffnung“) die Bildung für Kinder in Tansania – durch den Bau von Schulen und den Zugang zu Kreativität, Kunst und Kultur. Aktuell baut die Organisation in Ugwachanya die erste Vor- und Grundschule „Rosemary Primary School“, welche von Theresienschwestern vor Ort geführt wird, weiter aus. 108 Kinder besuchen sie bereits, darunter 20 Waisenkinder, welche in den zwei Schlafsälen des Zentrums ein sicheres Zuhause finden werden. Bis 2027 sollen weitere 260 Kinder aufgenommen werden. Gleichzeitig soll die Schule um eine Küche, Mensa, Wäscherei, Verwaltungsgebäude, Kunstatelier und weitere Klassenräume erweitert werden. Finanziell<BR />umgesetzt wird das Vorhaben größtenteils in Zusammenarbeit mit der Provinz Bozen Südtirol sowie durch Spenden von Privatpersonen und Unternehmen, z.B. der Schweizer Sneakers-Marke „ON“. Wichtige Unterstützer des Projekts sind auch Pfeifers Onkel Karlheinz Salzburger, Irma Werth vom Verein „Irma Hilft“ sowie Ulrich Seitz vom DZE. <BR /><BR /><Fett_DinPro>Info: <a href="http://www.bellaesperanza.org/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">www.bellaesperanza.org</a><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1211016_image" /></div></Fett_DinPro>