Wer sich in Südtirol gegen das Coronavirus impfen lassen will, der muss zur Identifizierung nur die Gesundheitskarte vorweisen. Nach einem Lichtbildausweis wird er nicht immer gefragt. Möglich wäre es also, dass jemand sich als ein anderer ausgibt – wenn Alter und Geschlecht übereinstimmen. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-51845613_quote" /><BR /><BR /><BR />Als wir den Verantwortlichen Koordinator für die Impfkampagne, Dr. Patrick Franzoni, mit dem Gerücht konfrontieren, zeigt er sich fassungslos: „Davon habe ich noch nie gehört. Ich kann mir schwerlich vorstellen, dass so etwas passiert.“ Möglich sei es aber wohl, räumt er ein. „Wir sind kein Polizeistaat. Aber es klingt schon weit hergeholt, dass sich jemand mit einer fremden Sanitätskarte zur Impfung meldet. Das ist einerseits lächerlich und andererseits ultraschlimm“, sagt Dr. Franzoni.<BR /><BR />Es sei wichtig, dass die Behörden diesen Vorwürfen nachgehen, sagt er. „Ich bedanke mich jedenfalls für die Information. Wir werden das gründlich prüfen.“<BR /><BR /><BR /><b>Überdosis Impfstoff: Ist das gefährlich?</b><BR /><BR /><BR />Wer 10 Mal gegen Corona geimpft ist, den kann wohl so schnell kein Virus mehr umwerfen. Wissenschaftliche Daten dazu, wie es jemandem nach einer solchen freiwilligen Überdosis geht, gibt es aber bisher nicht. „So blöd war, soviel ich weiß, noch keiner“, sagt Prof. Alexander Steinkasserer. Der Südtiroler ist Leiter der Abteilung für Immunmodulation am Universitätsklinikum Erlangen. <BR /><BR />Weil es bisher noch keine derartigen Fälle gegeben habe, sei auch nicht bekannt, welche Auswirkungen es habe, wenn man sich wiederholt gegen das Coronavirus impfen lasse. „Es könnte sein, dass man in so einem Fall stärkere grippeähnliche Symptome hat, aber wissenschaftliche Studien gibt es hierfür sicherlich nicht, warum auch.“<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-51845617_quote" /><BR /><BR /><BR />Wiewohl es laut seiner Kenntnis keine Erfahrungen mit häufigen Impfungen innerhalb mehrerer Tage oder Wochen gibt, liegen solche zu Impf-Überdosen grundsätzlich bereits vor: „In einem Pflegeheim in Stralsund ist einigen Bewohnern versehentlich die fünffache Menge des Impfstoffs von Biontech/Pfizer verabreicht worden, weil dieser nicht bzw. falsch verdünnt worden war. Auch in einem Impfzentrum in Schwerin hat ein Mann die fünffache Menge des Impfstoffs erhalten. Die Betroffenen in dem Pflegeheim hatten leichte grippeähnliche Symptome, die aber schnell wieder abgeklungen sind. Der Mann in Schwerin hatte keine Beschwerden, wurde nur vorsorglich im Krankenhaus beobachtet“, erläutert Prof. Steinkasserer.<BR /><BR />Auch aus Italien ist ein ähnlicher Fall bekannt: Einer jungen Frau war in Massa, in der Toskana, eine Überdosis des Biontech/Pfizer-Impfstoffes gespritzt worden. Laut Medienberichten klagte sie über großen Durst. „Das wäre nicht überraschend bei grippeähnlichen Symptomen und Fieber in Folge der Impfung“, sagt Prof. Steinkasserer.<BR /><BR />Bei gesunden Personen sei jedenfalls nicht davon auszugehen, dass es nach den bisher bekannten verabreichten Impf-Überdosen schwere Nebenwirkungen geben könnte. „Wenn man sich öfter hintereinander z. B. mit einem Grippe-Virus ansteckt, hat man auch Symptome, aber sie klingen meist wieder rasch ab“, erläutert der Experte. Auch in klinischen Studien mit dem Biontech/Pfizer-Impfstoff hätten 52 Studienteilnehmer Überdosierungen erhalten, aber keiner der Betroffen hätte über unerwünschte Reaktionen berichtet.<BR /><BR /><BR /><b>Verhältnis Impfdosis und Immunreaktion nicht genau festgesetzt</b><BR /><BR /><BR />Prof. Steinkasserer weist darauf hin, dass die Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer unterschiedlich konzentriert seien: „Moderna enthält etwa die dreifache Menge an RNA, aber beide sind sehr gute Impfstoffe. Wie das Immunsystem auf eine bestimmte Dosis reagiert, ist nicht genau festgesetzt. Es kann sowohl auf geringere oder höhere Dosen ähnlich reagieren. Das hängt vom Immunsystem des Einzelnen ab.“ Dieses sei täglich Tausenden fremden Substanzen ausgesetzt und daher optimal darauf ausgerichtet, mit vielen Fremdstoffen zurechtzukommen – „immer vorausgesetzt, es handelt sich um gesunde Individuen“, so Prof. Steinkasserer.<BR /><BR />Wichtig ist ihm auch zu präzisieren: „Wenn Impfgegner sagen, sie warteten auf einen Totimpfstoff, dann müssen sie wissen: Auch mRNA-Impfstoffe sind Totimpfstoffe. Allerdings enthalten sie im Gegensatz zu den alten Totimpfstoffen keine abgetöteten Viren oder Bakterien, sondern nur den Baustein eines einzigen Covid-19 Proteins.“ <BR /><BR />Auch eine weitere begriffliche Ungenauigkeit benennt der Forscher: „Es wird immer über Langzeitwirkungen bei Covid-19-Impfungen gesprochen: Langzeitwirkungen bezeichnen die Tatsache, dass eine eingetretene Nebenwirkung lange anhält; nicht, dass sie erst nach langer Zeit auftritt. Es gibt einige seltene schwere Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe – etwa Hirnvenenthrombosen –, aber diese sind nicht ,langanhaltend‘, sondern treten nach kurzer Zeit auf und mittlerweile gibt es sehr gute Therapien dagegen.“ <BR /><BR /><b>„Das ist Schwachsinn“</b><BR /><BR />Jemand anderen dafür zu bezahlen, sich impfen zu lassen, um sich auf diese Weise einen Grünen Pass zu erschwindeln, hält der Professor für „Schwachsinn“. Aber: „Ich habe mit einigen Impfgegnern geredet. Auf rationale Argumente gehen sie nicht ein. Für Fakten sind sie nicht zugänglich.“ <BR /><BR />Niemand würde auf die Idee kommen, den Tormann im Fußball abzuschaffen, obwohl 99 Prozent der Tore in Anwesenheit eines solchen fielen. „Aber wenn sich Geimpfte anstecken, wird behauptet, die Impfung wirke nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Die Impfung wirkt und schützt vor Ansteckung und schweren Verläufen.“<BR /><BR />Seine Tormänner an den Zutrittspforten zu den Impfzentren will der Sanitätsbetrieb jedenfalls aufrüsten: „Schon beim Massenimpfwochenende vom 10. bis 12. Dezember ist vorgesehen, dass man auch einen Personalausweis vorlegen muss, um sich impfen lassen zu können. Es ist wichtig, dass wir noch genauer hinschauen“, sagt Dr. Patrick Franzoni.