Wie sah aber der ursprüngliche Plan aus, als man vor 24 Jahren beschlossen hat, Bären im Trentino wieder anzusiedeln? Die Antwort liefert das Wiederansiedlungsprogramm „Life Ursus“. Gleichzeitig bietet dieser Artikel Zahlen und Statistiken zur aktuellen Bärenpopulation und zu den von Bären verursachten Schäden.<h3> 10 Bären aus Slowenien eingeführt</h3>Im Jahr 1999 entschieden sich der Naturpark Adamello-Brenta und die Autonome Provinz Trient in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Wildtierinstitut (INFS – Instituto Nazionale per la Fauna Selvatica), im Zuge eines von der Europäischen Union mitfinanzierten Projektes 10 Bären aus Slowenien einzuführen.<BR /><BR />Die Tiere wurden in dem einst von den Sohlengängern genutzten Gebiet im Naturpark Adamello-Brenta ausgewildert. Bei den freigelassenen Tieren handelte es sich um 3 Männchen und 7 Weibchen im Alter zwischen 3 und 6 Jahren.<h3> 40 bis 60 Braunbären in 20 bis 30 Jahren</h3>Die Ausgangslage für dieses Projekt war eine kleine Bärenpopulation in der Brentagruppe, in welcher 1989 die letzte natürliche Reproduktion bestätigt werden konnte. Im Jahr 1997 lebten in diesem Gebiet nur noch 3 Individuen. <BR /><BR />Um die Brentapopulation nicht aussterben zu lassen wurde das Projekt „Life Ursus“ geboren. Ziel dieses Projektes ist die Wiederherstellung einer sich selbst erhaltenden natürlichen Bärenpopulation. Innerhalb von 20 bis 40 Jahren sollte ein Bestand von 40 bis 60 Braunbären erreicht werden.<BR /><BR />„Das Projekt zur Wiederansiedlung des Braunbären in den Zentralalpen stellt wahrscheinlich das ehrgeizigste Projekt, sowohl was die Eigenschaften der Tierart als auch die sozio-ökonomischen Bedingungen des Auswilderungsgebiets betrifft, zur aktiven Erhaltung der Fauna dar, die jemals in Italien umgesetzt wurde,“ heißt es im Vorwort eines Berichtes des Naturparks Adamello-Brenta aus dem Jahr 2010.<h3> Die aktuelle Situation</h3>Das Ziel von 40 bis 60 Braunbären innerhalb von 40 Jahren wurde bei weitem übertroffen: Im Jahr 2021 wurde die Anzahl der Würfe auf 9 bis 10 mit in Summe 12 bis 14 Jungbären geschätzt, wie auf der Website des Amtes für Land- und Forstwirtschaft zu lesen ist.<BR /><BR />Die offiziellen Bestandsdaten des Jahres 2021, die mit den Schätzmethoden der Vorjahre berechnet wurden, gehen folglich von 73 bis 92 Exemplaren aus. Dabei werden die Jungtiere des Jahres (die wie oben beschrieben auf 12 bis 14 geschätzt werden) nicht berücksichtigt. Das heißt insgesamt geht man von etwa 100 Exemplaren aus. 2019 ergab dasselbe System eine geschätzte Zahl von 69 bis 86 Exemplaren.<BR /><BR />Im Jahr 2021 wurde der Tod von 5 Bären festgestellt.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="883388_image" /></div> <BR /><BR />Die Bärenpopulation der Zentralalpen war aufgrund der gewonnenen Daten 2021 auf ein theoretisches Gebiet von 30.550 Quadratkilometern verteilt. Das dauerhaft von weiblichen Tieren besiedelte Gebiet ist wesentlich kleiner (2039 Quadratkilometer), wächst jedoch gegenüber 2019.<BR /><BR />Die Daten des Amtes für Land- und Forstwirtschaft bestätigen den in den vergangenen Jahren festgestellten Trend einer langsamen, aber stetigen Ausbreitung der Weibchen, sodass ihre Anwesenheit in den jüngst besiedelten Gebieten wie dem oberen Gardasee und dem Ledrotal, der orografisch linken Seite des unteren Val di Sole-Tales und dem oberen Nonstal inzwischen stabil ist. Darüber hinaus wurde zum ersten Mal ein Weibchen in Begleitung ihres Nachwuchses außerhalb der Landesgrenzen gemeldet (abgesehen von dem kurzen Ausflug, den Jurka mit ihren Jungen im Jahr 2006 ins obere Val Camonica-Tal gemacht hatte). Am 22. August 2021 wurde am Bos-See im Val Saviore-Tal im Adamellogebiet (Provinz Brescia) eine Bärin in Begleitung eines Jungtieres beobachtet und gefilmt.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="883391_image" /></div> <BR /><BR />Im Zeitraum 2005 bis 2021 konnte das Dispersal (das bedeutet der Wegzug aus dem westlichen Trentino) von 51 männlichen Bären dokumentiert werden. 15 davon verendeten oder verschwanden, 6 waren in den letzten Jahren dispergierend und es liegen keine weiteren aktuellen Informationen dazu vor, 14 kehrten wieder zurück (5 davon verendeten oder verschwanden anschließend), 2 wanderten ab, einer ist in Gefangenschaft. 13 sind schließlich noch dispergierend.<h3> Bären seit 2005 regelmäßig in Südtirol</h3>Seit dem Jahr 2005 können in Südtirol regelmäßig Braunbären nachgewiesen werden. Alle Nachweise werden vom Amt für Jagd und Fischerei gesammelt und in einer Datenbank archiviert. Biologische Proben werden von einem Institut auf ihre DNA hin untersucht. Bis zum heutigen Zeitpunkt wurden in der Provinz Bozen nur männliche Bären erhoben.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="883394_image" /></div> <BR /><BR />Im Jahr 2021 konnten laut Daten des Amtes für Land- und Forstwirtschaft in Südtirol 5 Bären genetisch nachgewiesen werden.<h3> Schäden durch Bären</h3>Bären sind Allesfresser, die sich vor allem von Pflanzen ernähren. Sie sind in ihren Nahrungsansprüchen extrem anpassungsfähig und bevorzugen jeweils jene Nahrung, die zum Zeitpunkt am häufigsten vorhanden oder am leichtesten zu erreichen ist. Das hat zur Folge, dass auch Bienenstöcke und hierzulande vor allem Haustiere (vor allem Schafe und Ziegen) auf ihrem Speiseplan stehen.<BR /><BR />Die Autonome Provinz Bozen sieht eine Entschädigung aller von Bären verursachten Schäden vor, sofern diese sobald als möglich nach ihrem Bekannt werden der Jagdbehörde gemeldet werden. Da Bärenschäden als direkte Kosten des Großraubwildmanagements gelten, erheben die Dienststellen für Jagd- und Fischereiaufsicht nach etwaigen Meldungen die Haustierrisse oder die Plünderungen von Bienenständen und sorgen für die direkte Auszahlung der Vergütung.<BR /><BR />Um das Konfliktpotential zwischen Bärenpräsenz und Viehzüchtern einzudämmen, werden seit 2009 etwaige Bärenschäden zu 100 Prozent vergütet.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="883397_image" /></div> <h3> Managementplan des Braunbären</h3>Die Berner Konvention und das Italienische Rahmengesetz Nr. 157 zählen den Braunbären zu den besonders geschützten Wildtieren. Weiters verlangen die Empfehlungen der Berner Konvention von den Mitgliedstaaten deren Einsatz für die Erhaltung des Braunbären auch durch die Ausarbeitung von gesamtstaatlichen Managementplänen.<BR /><BR /> Die FFH-Richtlinie 92/43/EWG verpflichtet zudem die Mitgliedstaaten den Erhaltungszustand der Braunbären zu überwachen, die Forschung und den Informationsaustausch zu fördern und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Forschung zu fördern.<BR /><BR />In Übereinstimmung mit diesem Gesetzesrahmen haben die zuständigen Behörden der Autonomen Provinzen Trient und Bozen, der Regionen Friaul-Julisch Venetien, Lombardei und Veneto sowie des Staatlichen Instituts für Umweltschutz und Forschung gemeinsam einen „Managementplan zur Erhaltung des Braunbären in den Zentral- und Ostalpen“ verfasst, mit dem Namen PACOBACE. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="883400_image" /></div> <BR /><BR />Dieser Plan ist von den einzelnen Körperschaften und somit auch von der Autonomen Provinz Bozen mit Beschluss der Landesregierung Nr.282 vom 4.02.2008 ratifiziert und dann vom Ministerium für Umwelt sowie für Gebiets- und Meeresschutz mit Dekret des Generaldirektors Nr.1810 vom 5.11.2008 formell genehmigt worden und gilt als Leitfaden für das Management und Erhaltung des Braunbären im zentral-östlichen italienischen Alpenraum. Er enthält unter anderem Richtlinien für die Handlung bei Problembären, die Schadensvergütung, das Monitoring, die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und die Bäreneinsatzgruppe.<BR /><BR />Da der Managementplan einen geringen Handlungsspielraum auf regionaler Basis bietet und ein restriktiver Schutz der Braunbären verlangt wird, hat man Ende des Jahres 2013 damit begonnen, den Plan zu ändern. Diese Änderungsvorschläge betrafen vor allem das Kapitel 3 des Planes, welches die Kriterien und Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf problematische Bären und den Eingriff in kritischen Situationen festlegt. Bevor diese Vorschläge umgesetzt werden können, müssen sie vom Umweltministerium genehmigt werden.<BR /><BR />Nach einigen Verhandlungen konnten im Jahr 2015 eine Änderungen des PACOBACE vorgenommen werden: Dabei wurde die Individualisierung nicht nur von allgemein problematischen, sondern auch von potenziell schädlichen und gefährlichen Bären festgelegt.<h3> Tödlicher Angriff, „wenn auch sehr unwahrscheinlich“, möglich</h3>Ein von ISPRA und der Provinz Trient verfasstes Dokument, das sich mit Problembären im Trentino befasst, wies bereits 2021 darauf hin, dass auch ein tödlicher Angriff, „wenn auch sehr unwahrscheinlich“, passieren könnte.<BR /><BR /> „Wie die Analyse der gegenwärtigen Situation zeigt, wird es sich bei den meisten potenziell gefährlichen Bären, die in den nächsten Jahren auftreten können, um zutrauliche Individuen handeln, aber neue Fälle von Angriffen, die zu Verletzungen oder – wenn auch mit geringer Wahrscheinlichkeit – zum Tod der betroffenen Person führen können, sind nicht auszuschließen. Es muss daher sichergestellt werden, dass auf der Grundlage der oben beschriebenen Empfehlungen rechtzeitig reagiert wird, um den problematischsten Situationen wirksam zu begegnen und eine echte Gefährdung der menschlichen Sicherheit zu verhindern“, lautet es in dem 29 Seiten umfassenden Dokument.