Von Antibiotika über Herz-Kreislauf- und Atemwegsmedikamente bis zu Arzneimitteln gegen Diabetes und einigen Krebsmedikamenten: In vielen europäischen Ländern, darunter auch Italien, herrscht bei bestimmten Medikamenten weiter akuter Lieferengpass, verlautet die italienische Wirtschaftszeitung „IlSole24Ore“. <BR /><BR />Die europäische Apothekervereinigung (PGEU) schlägt deshalb erneut Alarm und spricht von einer wesentlichen Verschlechterung der Situation seit 2023. In 15 Prozent der europäischen Länder werden derzeit zwischen 500 und 600 Medikamente als fehlend gemeldet, in 27 Prozent sogar mehr als 600. Italien bildet dabei, mit rund 300 mit einer gewissen Knappheit gekennzeichneten Arzneimitteln, keine Ausnahme. <BR /><h3> Die Ursachen: Beschaffungsproblemen, Nachfrage-Boom und Niedrigpreise</h3><BR />Die Ursachen sind viele, heißt es beim italienischen Wirtschaftsanzeiger und liegen sowohl bei den Beschaffungsproblemen von Rohstoffen wie es bei China oder Indien bislang der Fall war als auch beim Nachfrage-Boom bei Medikamenten als Antwort auf die Corona-Pandemie. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="989944_image" /></div> <BR /><BR />Eine weitere Herausforderung stellen hingegen die Niedrigpreise bestimmter Arzneimittel in einigen Ländern Europas dar, durch die gewisse Medikamente für ansässige Pharmahersteller unattraktiv werden. Das gilt insbesondere für einige Antibiotika. <BR /><BR /><BR />Im jüngsten Bericht des Europäischen Apothekerverbands „PGEU“, heißt es, dass 2023 fast alle Apotheken in Europa bei bestimmten Arzneistoffen mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen hatten. Im Vergleich zum Vorjahr hätte dabei sich die Situation auf gesamteuropäischer Ebene damit um satte 65 Prozent verschlechtert. <BR /><BR />„Die Entwicklung löst Frustration und Unbehagen bei den Patienten aus“, bemängelt Aris Prins, Präsident der Pharmazeutischen Gruppe in der Europäischen Union Aris Prins, „und untergräbt ihr Vertrauen in die Apotheker und das Gesundheitssystem“. <BR /><h3> Die Knappheit an Therapien ist nichts Neues</h3><BR />Der Mangel und die Knappheit an Therapien sind aber nichts Neues und können längst nicht mehr auf die Entwicklungen der Corona-Pandemie zurückgeführt werden. Das macht der Blick auf die wöchentlich aktualisierten Arzneimittelliste auf der Webseite der italienische Arzneimittelagentur „AIFA“ deutlich. Die periodischen Medikamentenengpässe sind ein Grundproblem, das sich allzu schnell nicht leicht lösen lässt. <BR /><BR />Besonders betroffen waren in den vergangenen Monaten Arzneimittel wie Antibiotika, einige Krebsmedikamente, Antidiabetika und vereinzelte Medikamente, die auf das zentrale Nervensystem wirken. <BR /><h3> Südtiroler Apothekerkammer ruft zu Gelassenheit auf</h3><BR />„Engpässe gab es in Südtirols Apotheken vor allem in den vergangenen Wintermonaten“, sagt der Apotheker und Südtiroler Apothekerkammer-Präsident Maximilian Liebl. Besonders betroffen waren hierzulande, neben den eingangs erwähnten Medikamenten, Antibiotika für Kinder, die zwischenzeitlich gar nicht lieferbar waren, sowie Nahrungsergänzungsmittel für Kleinkinder. <BR /><BR /><embed id="dtext86-63214466_quote" /><BR /><BR /><BR />Inzwischen habe sich die Situation in Südtirol aber beruhigt. „Es war auch selten der Fall, dass es wirklich rein gar nichts mehr gab“, ergänzt Liebl. In vielen Fällen konnten Patienten Generika, sprich Arzneimittel mit ähnlicher Wirkung, empfohlen werden. <BR /><BR /><BR /><BR />Den Ruf auf europäischer Ebene, die Produktion von bestimmten Medikamenten nach Europa zurückzuholen, könne er gut nachvollziehen. Inwiefern und in welchem Ausmaß die Forderung auch realistisch sei, sehe er aber nüchtern entgegen. <BR /><h3> Liebl: Engpässe halten sich in Grenzen</h3><BR />Was die Sorge einiger Patienten über die jüngsten Meldungen seitens der europäischen Apothekervereinigung anbelangt, bittet er um Gelassenheit: Die Engpässe in Südtirols Apotheken hielten sich nämlich in Grenzen. An seine Mitstreiter im Gesundheitssektor appelliert er außerdem besonders kappe Arzneimittel frühzeitig vorrätig zu haben. <BR /><h3> Industrieverband „Farmindustria“ sieht Italien leicht verwundbar</h3><BR />Der Südtiroler Kammerpräsident stimmt damit mit dem Tenor des Präsidenten der italienischen Pharmaunternehmen “Farmindustria“ Marcello Cattani überein. Auch er beruhigt die Gemüter: Italien befinde sich in keiner Notsituation. <BR /><BR />Es gebe zwar Spitzenzeiten, in denen vereinzelte Medikamente schwer zugänglich sind. Von einer akuten Knappheit sei Italien allerdings nicht die Rede. Italien sei aber insbesondere leicht verwundbar, da die Medikamente hierorts im Vergleich zum anderen europäischen Ländern relativ niedrig seien. <BR /><BR />Das führt dazu, dass einige Hersteller in andere Länder übersiedeln, in denen sie profitabler arbeiten können, oder dass ausländische „Unternehmen kommen, um in Italien Arzneimittel zu kaufen, weil sie dort wesentlich günstiger sind“, zitiert “IlSole24Ore“ den Präsidenten. <BR /><h3> Italien soll wieder attraktiver für Pharmahersteller werden</h3><BR />Auch die Abhängigkeit von anderen Ländern stelle Italien zunehmend vor Herausforderungen. Mit einem durchschnittlichen Marktwert von rund 50 Milliarden Euro gehöre Italien noch immer zu den Big-Playern in der Herstellung von Pharmazeutika. “Allerdings werden bereits 97% der benötigten Rohstoffe inzwischen aus anderen Ländern bezogen.“, beteuert Cattani. <BR /><BR /><BR /><BR />Die darauffolgenden zwischenzeitlich langen Lieferzeiten und der bürokratische Aufwand beim Import trugen dazu bei, dass Italien für viele Hersteller zunehmend unattraktiv wurde. Der Verband italienischer Pharmaindustrien „Farmidustria“ arbeite deshalb bereits intensiv daran zusammen mit dem Wirtschafts- und dem Gesundheitsministerium eine Plattform zu schaffen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.<BR /><BR /> Diese „Plattform“ soll schlussendlich einen Aufschwung von neuen Investitionen und eine allgemeine Steigerung der Attraktivität des Standorts Italien für die industrielle und pharmazeutischen Produktion erwirken. Wie das ganz praktisch gelingen soll, lässt Farmindustria-Präsident Marcello Cattani aber offen. <BR /><BR />