Er war bei der Verhaftung eines Mörders dabei, überbrachte Todesnachrichten, kennt die wildesten Ausreden betrunkener Autofahrer und musste erleben, wie ein Hilfesuchender in seinen Armen starb: Helmut Freund blickt auf sein bewegtes Berufsleben zurück. <BR /><BR /> „Ich habe immer sehr gerne gearbeitet, auch wenn natürlich Dinge vorgefallen sind, für die man einige Zeit benötigte, um sie zu verarbeiten“, berichtet der 57-Jährige. Schon als Kind war es sein Traum gewesen, Carabiniere zu werden. Als er zum Militärdienst einrücken musste, meldete er sich zur Carabinieri-Einheit. 1985 trat er seinen Dienst in Sand in Taufers an und wechselte im selben Jahr nach Welschnofen.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="863165_image" /></div> <BR /><BR />„Dort erlebte ich meine erste große Verhaftung. Wir nahmen einen Mörder aus der Emilia-Romagna fest, der dort 2 Carabinieri getötet hatte und sich auf der Flucht befand. Als junger Mann war das für mich ein großes Erfolgserlebnis“, erzählt Freund. <h3> Misserfolg gehört zum Beruf</h3>Damals hatte er auch gelernt, Misserfolge hinnehmen zu müssen. Bei einen Banküberfall entwischen ihn die Räuber nur knapp. Heute sei er einerseits froh darüber, denn sie waren 3 junge Carabinieri – und die Bankräuber ohne Skrupel. Die Täter sahen auch nicht davon ab, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Sie hatten auf eine zivile Person, die sich ihnen in den Weg gestellt hatte, das Feuer eröffnet und verfehlten nur knapp. Die Räuber wurden zu einem späteren Zeitpunkt von einer Spezialeinheit der Polizei in Österreich verhaftet.<BR /><BR />1990 wechselte Freund zur Funkstreife nach Brixen „Ich hatte in Brixen immer den Ruf, bei Kontrollen besonders streng zu sein. Trunkenheit am Steuer ist mir ein Dorn im Auge“, berichtet der gebürtige Sterzinger. <h3> Ausreden für Alkohol am Steuer </h3>Die Ausreden und Entschuldigungen, sobald er jemanden betrunken am Steuer ertappt hatte, kennt der Carabiniere alle. „Manchmal dachte ich, dass es Bücher gibt, aus denen die Leute ihre Ausreden nehmen. Denn alle verwenden die selben. ‚Es war nur ein Bier‘, ‚Ich trinke normal nie‘ und so weiter“, erzählt Helmut Freund. Die Leute, die sich bei ihm am nächsten Tag bedankt hätten, weil er sie davor bewahrt habe, mit Alkohol am Steuer zu fahren, könne er an einer Hand abzählen. Die meisten hätten keine Reue gezeigt, sondern Schuldige gesucht.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="863168_image" /></div> <BR /><BR /> 2 Männer hatten sogar versucht, wegen Freunds Strenge auf dessen Privatauto zu schießen. Sie verwechselten allerdings das Auto und schossen auf den Wagen eines Nachbarn. Der Anschlag flog auf, und er konnte die Täter überführen.<h3> Kampf gegen Alkohol am Steuer </h3>„Trotzdem bin ich von meiner Linie nie abgegangen. Ich bin überzeugt, mit den Alkoholkontrollen Schlimmes verhindert zu haben. Sicherlich habe ich mir dadurch keine Freunde gemacht, aber ich bin mir sicher, dass ich so vielleicht dem einen oder anderen das Leben gerettet habe“ sagt Freund. Zu oft habe er Familien die Nachricht überbringen müssen, dass einer ihrer Lieben nicht mehr heimkehren würde, wegen eines Unfalls, den meistens ein Betrunkener verursacht hatte. <BR /><BR />Wie heute erinnert er sich an einen Unfall bei Neustift, bei dem ein Betrunkener mit seinem Pkw einen Buben auf dem Rad in den Straßengraben gestoßen hatte und geflüchtet war. Ein nachkommender Fahrer notierte das Kennzeichen des Autos. „Als wir bei dem Unfallfahrer vor der Tür standen, schlief er gerade seinen Rausch aus und bestritt dann die Fahrerflucht“, erzählt der Wahlbrixner. <BR /><BR />Auch das Bild einer Familie, die in der Mahr mit ihrem Wagen frontal auf ihrer Fahrspur von einem Betrunkenen angefahren worden war, werde er nie mehr vergessen. Die beiden Kinder saßen eingeklemmt auf der Rücksitzbank. Auf dem Beifahrersitz war die tote Mutter, hinter dem Steuer der schwer verletzte Vater. Der betrunkene Autolenker stand unverletzt neben seinem Wagen an der Straße. <h3> In den Armen des Carabiniere gestorben</h3> Die Gedanken an die Menschen, mit denen er während des Dienstes zu tun gehabt hatte, legte Freund mit dem Ausziehen der Uniform kaum ab.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="863171_image" /></div> <BR /><BR /> „Als ich einmal zum Dienstantritt zur Kaserne kam, fand ich einen jungen Mann vor, der aus Nase und Mund blutete“, berichtet der 57-Jährige. Während Kollegen den Notarzt riefen, starb der Hilfesuchende in den Armen Freunds. Dem Unbekannten war aufgrund einer Krankheit eine Halsschlagader geplatzt. „Er geht mir heute noch nicht aus dem Kopf, auch wenn der Arzt bestätigte, dass ich nichts hätte tun können“, erzählt Freund. <BR /><BR />Den pensionierten Carabiniere bewegte auch über Jahre das Schicksal einer 5-Jährigen. Die Tochter von Alkoholikern hatte am Abend ihren Vater darauf aufmerksam gemacht, das die Mutter, die im Bett lag, kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Der Vater schickte die Tochter jedoch ins Schlafzimmer zurück. <BR /><BR />Erst am Vormittag danach alarmierte er den Notarzt, der feststellte, dass die Mutter bereits seit 24 Stunden tot gewesen war – daneben die 5-jährige Tochter. „Das Mädchen war völlig aufgelöst“, erzählt Freund, der das Kind anschließend öfters im Kinderheim besuchte. Freund widmete seine Freizeit oft den Hilfesuchenden. <h3> Ein Menschenfreund geblieben</h3>Anfang des Jahres trat Helmut Freund in den Ruhestand. „Ich möchte mich bei meinen Vorgesetzten und Kollegen für die gute Zusammenarbeit bedanken“, blickt der Carabiniere zufrieden zurück. Denn obwohl er und seine Kollegen oft mit unguten Gesellen zu tun gehabt hatten, spürt Helmut Freund keine Verbitterung. Er steht nach wie vor für Gerechtigkeit ein und ist ein Menschenfreund geblieben.