Im Interview spricht die 49-Jährige über Norberts schwere Krankheit, seinen kurzen Leidensweg, ihre große Trauer und ihre Zukunft. <BR /><BR /><b>Frau Mayrl, innerhalb kürzester Zeit ist Ihr Mann Norbert im vergangenen Sommer an Darmkrebs gestorben: Wie haben Sie diese Zeit erlebt?</b><BR />Martina Mayrl: Mitte April machte sich der Tumor zum ersten Mal mit Müdigkeit, Atembeschwerden und Bauchschmerzen bemerkbar. Wir waren in Marokko. Als wir zurück waren, fuhr Norbert ins Spital. Bei den ersten Untersuchungen war alles in Ordnung, die Blutwerte zeigten keine Auffälligkeiten. In den darauffolgenden Wochen fuhr er für das Weiße Kreuz, bei dem er angestellt war, noch ins Ausland. Anfang Juni zog es uns beide in unsere Lieblingsstadt Neapel. Zu diesem Zeitpunkt plagte uns beide der Helicobacter, weshalb wir mit Antibiotikum behandelt wurden: Mir ging es bald besser, Norberts Zustand blieb aber unverändert. Nach unserer Rückkehr war er coronapositiv, und nachdem er wieder negativ war, machte er eine Computertomografie. <BR /><BR /><b>Dann kam der Grund für seine Beschwerden an den Tag?</b><BR />Mayrl: Ich war beim CT mit dabei und habe vor dem Untersuchungsraum gewartet. Es dauerte lange, was mich beunruhigt hat. Sofort wurde der Hausarzt verständigt, bei dem Norbert am nächsten Tag einen Termin gehabt hätte. In der darauffolgenden Nacht, vom 21. auf den 22. Juni, bekam er aber große Schmerzen. Obwohl er nicht wollte, konnte ich mich durchsetzen und brachte Norbert in das Meraner Spital, wo er stationär aufgenommen wurde. Dann wurden verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Sobald die Befunde da waren, wussten wir, was los war. Es dauerte dann nur mehr etwa 3 Wochen, bis Norbert in meinen Armen gestorben ist.<BR /><BR /><b>Dann wussten Sie damals schon, dass Sie Ihren Mann verlieren werden? </b><BR />Mayrl: Ja, ich wollte es aber nicht wahrhaben, ich habe es den Ärzten einfach nicht geglaubt, obwohl sie mit mir, so wie auch mit Norbert, Klartext geredet haben. Ich habe mir gedacht: Ich werde es euch schon zeigen, dass Norbert wieder gesund wird. Zu Norbert habe ich gesagt: Schatz, sobald das hier überstanden ist, bist du nicht 50 Jahre alt, sondern 2-mal 25. Das stehen wir durch. Norbert hat aber sofort verstanden, wie es um ihn steht. Er sagte zu mir: Dass du mich nicht verlassen wirst, das weiß ich, aber ich werde dich bald verlassen. Ich war weiterhin davon überzeugt, dass er wieder gesund wird. <BR /><BR /><b>Wie ging es dann weiter, haben Sie weitergekämpft?</b><BR />Mayrl: Ja! Ich habe versucht, für Norbert, der in den letzten Wochen seines Lebens teils auch daheim in Lana war, außerhalb von Südtirol eine Behandlung zu organisieren. Über eine gute Freundin wäre er sogar in München als Versuchspatient behandelt worden, es war aber leider schon zu spät. Rückblickend muss ich sagen: Mein Norbert hat die bestmögliche Behandlung bekommen. Von der Putzfrau bis zum Primar waren alle freundlich, sehr herzlich und haben ihr Bestes gegeben. Dafür bin ich dankbar. Ohne ihre Unterstützung hätte ich vieles nicht geschafft.<BR /><BR /><b>Sie sind Ihrem Norbert nie von der Seite gewichen...</b><BR />Mayrl: Nein! In der Nacht auf den 20. Juli ist er um 1.13 Uhr in meinen Armen gestorben. Wir haben in seinen letzten Stunden miteinander in seinem Pflegebett geschlafen. Kurz bevor er für immer gegangen ist, hat er mich geweckt, er hat mir ein Zeichen gegeben. Wie er das gemacht hat, weiß ich nicht. Er war bis zuletzt klar im Kopf. Ich bin um 1.10 Uhr aufgewacht. Es herrschte eine beängstigende Stimmung im Zimmer. Ich habe geklingelt. Ein Pfleger fühlte Norberts Puls und sagte: Norbert verlässt dich in diesem Moment. Daraufhin machte er seinen allerletzten Atemzug. <BR /><BR /><b>Wie werden Sie am Sonntag Norberts Geburtstag verbringen?</b><BR />Mayrl: 1995, an Norberts Geburtstag, sind wir in der Naherholungszone Falschauer zusammengekommen. Eine Freundin sagte damals: Bitte reserviere uns dort einen Platz, weil wir Norbert zu seinem Geburtstag mit einer Grillfete überraschen möchten. Ich kannte ihn noch nicht. Ich ging hin und lag an der Grillstelle. Plötzlich hörte ich von oben jemanden herunterschreien: „Do lig schun uane, de wor schneller als mir“. Es war sein bester Freund, der kam, um alles weitere für die Feier vorzubereiten. Ich sagte, dass man mich vorgeschickt hatte, um den Platz zu reservieren. Ich werde am Sonntag mit meinem Fahrrad zu Norberts bestem Kollegen in den Vinschgau fahren, um mit ihm auf den 50. Geburtstag anzustoßen. <BR /><BR /><b>Bei Norberts Beerdigung haben Sie Ihren Abschiedsbrief persönlich verlesen: Viele haben über Ihre Stärke gestaunt...</b><BR />Mayrl: Viele fragten mich nach der Beerdigung, ob ich Drogen genommen hätte. Dem war aber nicht so. Das Leben war schon oft recht hart mit mir: Ich wurde streng erzogen, habe früh meinen Papa verloren und musste deshalb schnell erwachsen werden. Ich war nach Norberts Tod lange in meiner eigenen Welt stark. Ich wollte es lange nicht wahrhaben, dass er nicht mehr da ist. Ende August/Anfang September 2022 kam es zu meinem ersten Tief. Seitdem gab es immer wieder Höhen und Tiefen; ich hatte aber Hilfe. Jede Trauerwelle tut anders weh und fühlt sich anders an.<BR /><b><BR />Welche Pläne haben Sie?</b><BR />Mayrl: Mich erwarten jetzt harte Wochen: der Geburtstag Norberts am Pfingstsonntag und eine Woche darauf steht unser Hochzeitstag an. Und dann dauert es nicht mehr lange bis zum ersten Jahrtag. Am 20. Juli 2022 ist auch mein Leben gestorben, meine Träume und meine Visionen. Die alte Martina wird es nicht mehr geben, ich muss ein neues Leben beginnen. In meinem Herz wird Norbert aber für immer bleiben.<BR /><BR /><b>Und wie geht es Ihrer Tochter Julia?</b><BR />Mayrl: Nicht gut, sie leidet sehr unter dem Verlust ihres Vaters. <BR /><BR /><b>Nun unterstützen Sie den Überetscher Christian Romen, Tumorsuchhunde auszubilden...</b><BR />Mayrl: Ja! Es geht in erster Linie um Prävention, und Hunde sind dafür geeignet. Ich möchte gerne den Geist des Helfens von Norbert weiterleben. Ich bin keine Weiß-Kreuzlerin und möchte deshalb Norberts Geist in einer anderen Form weitertragen. Und Romens Projekt ist auch eine Perspektive für unsere Julia, weil sie gerne mit Hunden arbeitet. Sie ist in diesem Bereich sehr begabt.