<b>Von David Hofer</b><BR /><BR />Keine drei Male hat der Hahn in Iringa gekräht, da herrscht schon geschäftiges Treiben in der tansanischen Kleinstadt. Im ostafrikanischen Land laufen die Uhren jenseits der Hauptstadt Daressalam nämlich etwas anders. So ist es eben bisweilen auch tatsächlich der Hahn, der die Menschen in der Früh aus den Federn holt. <BR /><BR />Dieser Kontrast zum hektischen und getakteten Treiben im Herzen Europas war es auch, der die Rittnerin Petra Fink in ein Abenteuer aufbrechen ließ. „Mir ging es darum, auch etwas zurückzugeben und eine andere Welt kennenzulernen“, erklärt die ausgebildete Physiotherapeutin. Nach einem lehrreichen Aufenthalt in der Schweiz hat sie sich entschlossen, in Südtirol eine eigene Praxis zu eröffnen. Doch bevor es soweit war, wollte sie nochmal etwas wa<?TrVer> gen, das künftig nicht mehr so leicht umzusetzen sein würde.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1075149_image" /></div> <BR /><BR />Petra Fink wollte ihr berufliches Können einen Monat lang im Zeichen der guten Sache auf dem afrikanischen Kontinent einbringen. Über persönliche Kontakte wurde die Verbindung zu einem Krankenhaus in Iringa, im Zentrum Tansanias, hergestellt – und nach ein paar Wochen war Fink bereit für dieses private Projekt. „Mental gesehen war die größte Herausforderung sicher das Bewusstsein, dass ich mich ganz alleine auf den Weg machte. Ich wusste nicht wirklich, wo ich genau untergebracht sein würde, wie man auf mich reagieren würde und mit welchen Fällen ich bei der Arbeit konfrontiert sein wür<?TrVer> de“, denkt die Rittnerin an den Moment ihrer Abreise zurück.<BR /><BR /><h3> Eine ganz andere Welt</h3>Nach ihrer Ankunft in der Hauptstadt wurde sie abgeholt und mit dem Taxi in einen Vorort, rund eine halbe Stunde von Iringa entfernt, gebracht. Gleich am ersten Tag durfte sie auch schon im Krankenhaus vorbeischauen – viel Zeit, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen, gab es also nicht. „Die ersten Tage waren dann doch eine Herausforderung. Ich war erstaunt und etwas erschrocken von der Arbeitsweise. Es gibt in Tansania nicht jene Strukturen, die wir bei uns gewöhnt sind. Den Patienten wird zwar ein Tag, aber keine genaue Uhrzeit genannt“, erinnert sich Fink an ih<?TrVer> re ersten Tage in Afrika. <BR /><BR />Sie arbeitete mit Chutima, der einzigen Physiotherapeutin der Klinik, zusammen. Die Arbeitsweise, so viel wurde der Südtirolerin gleich klar, unterscheidet sich wesentlich: „Chutima erzählte mir, dass sie bei Stress oder großer Müdigkeit häufig nur noch Elektrotherapie oder eine Wärmflasche anwendet. In solchen Fällen dauert eine Behandlung manchmal nur zehn Minuten anstelle der üblichen 30 Minuten. Diese Vorgehensweise erstaunte mich sehr“, erklärt Fink, die deshalb versuchte zu verdeutlichen, wie wichtig es sei, jeden einzelnen Patienten ernst zu nehmen und eine umfassende Therapie zu bieten. <BR />Was Petra Fink zudem sofort auffiel: „In Tansania ist es nicht so weit verbreitet, dass die Menschen überhaupt physiotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.“ Wenn, so die Rittnerin, würden sie nur auf ärztliche Aufforderung hin den Schritt wagen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1075152_image" /></div> <BR /><BR />Die häufigsten Krankheitsfälle, mit denen die Physiotherapeutin in Tansania konfrontiert wurde, waren Folgeerscheinungen von Schlaganfällen mit Lähmungen oder von verlorenen Extremitäten. Emotional berührend sei es zudem gewesen, dass viele Kinder mit Verbrennungen vorbeigekommen seien. „Es war Winter in Tansania, und in der Nacht kann es auch dort kalt werden. Damit die Menschen nicht frieren, werden offene Feuer entfacht. Häufig kommen Kinder der Feuerstelle zu nahe und ihre Kleidung fängt Feuer. Da entstehen wirklich schwere Verbrennungen, die Gelenke können dadurch dauerhaft in Mitleidenschaft gezogen werden. Da geht es dann darum, Bewegungstherapien durchzuführen.“<BR /><BR /><h3> Vieles wäre einfach zu vermeiden</h3>Und noch eine Beobachtung: Patienten würden viele Monate zu spät kommen, berichtet Fink. „Anstatt während des Genesungsprozesses, wird damit gewartet, bis bereits Probleme auftreten. Da geht es dann wirklich um erhebliche Einschränkungen im Alltag“, so die Rittnerin, die sich an einen bestimmten Fall besonders gut erinnert: „Wir hat<?Uni SchriftWeite="95ru"> ten einen Jungen, der nach einer Operation irgendwann nicht mehr<?_Uni> richtig sitzen konnte. Da war die Bewegung massiv eingeschränkt. Mit ordentlich Druck und Schmerz ist es in solchen Fällen möglich, zumindest die Situation wieder zu verbessern, aber eine vollständige Genesung ist eigentlich nicht mehr möglich. Das sind halt Sachen, die eigentlich vermeidbar wären.“ <BR /><BR />Schwer mitanzusehen war für die Physiotherapeutin auch, wie fehlende Sozialsicherungen das Leben der Menschen in Tansania massiv einschränken. „Wenn da Leute etwa mit gebrochenen Gliedmaßen kommen, aber nicht genügend Geld besitzen, werden sie einfach wieder ohne Behandlung nach Hause geschickt“, zeigt sich die 27-Jährige nach wie vor betroffen. Deshalb lautet ihr Fazit auch: „Was mir recht bald auffiel, war, dass es zwar oft heißt, dass es in der westlichen Welt zu hektisch zugeht und die Menschen zu gestresst sind – allerdings können wir im Allgemeinen richtig froh sein. Wir dürfen in einem Land mit Hygienestandards und Luxus leben.“ Allerdings sollte man sich auch in Südtirol bewusst werden, dass nicht immer alles stur nach standardisierten Mustern ablaufen könne. <BR /><BR />In ein paar Jahren möchte Petra Fink nochmal nach Iringa zurückkehren, wo sie nicht nur lehrreiche, sondern durchaus auch glückliche Wochen verbracht hat. Für ihre neue Praxis hat sie sich zudem ein Fotobuch ihrer Reise anfertigen lassen. So können ihre Patienten selbst Einblicke in das Abenteuer erlangen. Zu sehen ist darin übrigens auch der „berüchtigte“ Hahn, der mit Sicherheit auch weiterhin unermüdlich zum Frühstück ruft.