Claus-Peter Hofer* ist wohl einer der Wenigen, der das Spiel erfolgreich spielt, aber nur einer von Vielen, die dem Pokerboom gefolgt sind. Denn Poker ist in. Das bestätigt „Casino Austria“ mit eindrucksvollen Zahlen. „In den zwölf österreichischen Casinos stieg der Poker-Bruttospielertrag, gemessen am 10. August, um 370 Prozent über jenem des Vorjahres: Vom 1. Jänner bis 10. August 2007 wurde ein Bruttospielertrag von 2,6 Millionen Euro erzielt. Im Vergleichzeitraum des Vorjahres waren es 560.000 Euro“, hieß es auf Anfrage gegenüber Südtirol Online. Auch an den Spielwarenhändlern ist der Boom nicht spurlos vorbeigegangen. „Pokersets haben wir schon seit Jahren im Sortiment. Seit etwa eineinhalb Jahren verkaufen sie sich aber ziemlich gut“, weiß Heinz Gutweniger, Geschäftsführer des gleichnamigen Bozner Spielwarengeschäfts, gegenüber STOL. Dabei seien es besonders Jugendliche ab etwa 15 Jahren, aber auch Erwachsene bis Ende 30, die sich fürs Pokerspiel ausrüsten. Das Henne-Ei-Prinzip Was den Pokerboom ausgelöst hat, ist schwer nachvollziehbar. Experten machen aber vor allem Online- Poker für den Boom verantwortlich. Online-Pokerwebsites, wie Claus-Peter Hofer sie täglich besucht, werben vor allem im Web, aber auch im TV aktiv und erfolgreich um neue Kunden, die wohl auch den Reiz des Verbotenen suchen. Denn in vielen Ländern – so auch in Italien – ist Poker ein Glücksspiel und als solches verboten. Da sich dieses Verbot online aber problemlos übergehen lässt, sinkt die Hemmschwelle vor allem für Anfänger. Rechtlichen Problemen weichen Anbieter von Onlinepoker aus, indem sie ihren Firmensitz in Länder haben, in denen die Rechtslage eindeutiger und günstiger für sie ist.Auch die Massenmedien haben den Trend schnell erkannt. Kinofilme wie „Rounders“ und der letzte James Bond-Streifen „Casino Royale“ dürften kräftig mitgeholfen haben, den Pokerboom weiterzutragen.Erzählt „Rounders“ vom Leben zweier cooler Profi-Spieler am Rande der Legalität, muss der neue Bond nicht so sehr als Actionheld, sondern vor allem als Pokerspieler überzeugen, um dem Bösewicht am Pokertisch das Handwerk zu legen. Fernsehsender haben auf den Boom reagiert, denn hinter dem traditionellen Kartenspiel steckt viel (Werbe)Geld. Immer öfter werden Pokerturniere im Fernsehen übertragen, wodurch die Bekanntheit und Akzeptanz von Poker in der Bevölkerung steigt. Indirekt finanziert wird dies durch die Onlinepoker-Anbieter sebst, die sowohl Turniere, als auch die Fernsehübertragungen mitfinanzieren.Zu sehen sind Pokerturniere wie die World Series of Poker (WSOP) nicht mehr nur auf Spartenkanälen. Da selbst bekannte Sender wie DSF oder Italia 1 Poker breiten Raum widmen und dabei gute Zuschauerquoten erzielen, haben sich die Teilnehmerzahlen für die WSOP in den letzten drei Jahren auf über 8.000 Spieler verzehnfacht. “Es konnten mehr Kinder pokern als watten“Diese Veränderungen haben maßgeblich dazu beigetragen, dass Poker in den letzten Jahren „salonfähig“ geworden ist und von einer großen Masse gespielt wird. Mittlerweile ist der Boom in Südtirol selbst bei den ganz Jungen angekommen: „In einem Ferienlager im Sommer 2007 konnten mehr Kinder pokern als Watten“, weiß ein Südtiroler Jungscharleiter, der anonym bleiben möchte, zu berichten. Vom Trend zum Poker profitieren also vor allem Internet-Anbieter. Mit „Partypoker“, „Titanpoker“ und „Everestpoker“ locken Dutzende Internetseiten legal und mit wachsendem Erfolg Kunden an und erzielen Rekordumsätze und Rekordgewinne. Claus-Peter Hofer selbst ist vor ca. eineinhalb Jahren über ein Online-Casino zum Pokerspiel gekommen. „Damals habe ich in einem Internetcasino die Zeit totgeschlagen und ein wenig Roulett und Black-Jack gespielt. Dabei bin ich auf Poker gestoßen und ich war sofort fasziniert“, erinnert sich der Student, der sich mit seinem Hobby sein Studium finanzieren kann. Geld macht Poker attraktiv „In den vergangenen Monaten habe ich rund 100 Dollar pro Tag gewonnen. An guten Tagen sind es sogar bis zu 600 Dollar“, erzählt der Student, „und in meinem besten Monat habe ich fast 8.000 Euro verdient.“Geld spielt beim Poker eine große Rolle. Denn das Risiko, Geld zu verlieren, lässt Adrenalinspiegel und Spannung der Spieler steigen, bestätigt der25-Jährige, der jedoch gelernt hat, damit umzugehen: „Wenn ich einiges Geld gewonnen habe, lege ich meistens eine Pause ein, um nicht überheblich zu werden. Dann versuche ich, runter zu kommen, und höre z.B. entspannende Musik“. Mit den eigenen Emotionen am Pokertisch umzugehen weiß auch Thomas Mair*, ebenfalls ein begeisterter Pokerer. Der unbeholfene, freundliche Kollege am Casinotisch könne sich dort schnell als gerissener Zocker entpuppen und „dein gesamtes Geld einsacken. Profis können an deinem Gesichtsausdruck bereits dein Blatt festlegen. Man muss seine eigene Nervosität verdecken und diese beim Gegner entdecken. Dabei ist das sprichwörtliche Pokerface gefragt“, erklärt Mair, der vor allem in Südtirol spielt, wo Pokerturniere großen Zulauf finden. „Ich war zwei Mal bei einem Turnier in Südtirol, das wöchentlich in einem Lokal in Bozen abgehalten wird. Um mitzuspielen muss man allerdings Mitglied sein. Die Veranstalter behaupten es sei legal. Der Organisator der Turniere in Bozen sagt, dass er auf Werbung prinzipiell verzichtet, weil es bereits so schon einen großen Andrang gibt“, so Mair, der ein „riesiges Potential“ an Pokerspielern in Südtirol ausmacht.Poker: Ein Glücksspiel Poker gilt zwar laut Gesetz als Glückspiel, wird aber von Profis nicht als solches gesehen, sondern vielmehr mit Schach verglichen. Es gilt den Gegner zu täuschen, ihm Fallen zu stellen und selbst nicht in solche zu tappen. „Poker hat viel mit Wahrscheinlichkeitsrechnung zu tun. Hohe Karten gewinnen eher als niedere. Man muss sich seiner rechnerischen Chancen bewusst sein, um langfristig zu gewinnen“, betont Hofer und auch Thomas Mair sieht bei guten Spielern „die Wahrscheinlichkeitsrechnung als Entscheidungshilfe“. Neben der Mathematik und der psychologischen Komponente spielt aber auch Glück eine große Rolle. Auch der beste Spieler verliert früher oder später. „An einigen Tagen habe ich schon bis zu 600 Dollar verloren“, gibt Claus-Peter Hofer zu. „Ich bin vom Suchtpotenzial überzeugt“ Profis behaupten: Je besser ein Spieler wird, desto weniger beeinflusst das Glück das Spiel. Dennoch weiß der Student, der täglich Stunden am virtuellen Pokertisch sitzt, um die Gefahren, die beim Spielen drohen. Er ist vom riesigen Suchtpotenzial des Spiels überzeugt. „Man muss sich selbst unter Kontrolle haben, sich Grenzen setzten und diese einhalten“, betont er. Zur Suchtgefahr tragen vor allem Online-Pokerräume bei, denn das Internet erleichtert den Zugang zum Glücksspiel. „Es braucht keinen Smoking und man muss sich nicht an die Casino-Etikett halten. Es genügt vom Bett aufzustehen und der Doppelklick am Bildschirm, um zu spielen, schreibt die Zeitung „La Repubblica“ zum Thema. Infokasten: Poker ist in Italien illegal In Italien besitzt der Staat das Glücksspielmonopol. Trotzdem werden in Südtirol wöchentlich Pokerturniere – außerhalb staatlicher Casinos – veranstaltet, von denen die Polizei angeblich im Bilde ist. Nach Angaben der Bozner Verwaltungspolizei gilt Poker in Italien als Glücksspiel und ist laut Strafgesetzbuch verboten. Um als Glücksspiel zu gelten, muss der Ausgang des Spiels völlig oder größtenteils vom Zufall abhängig sein und eine finanzielle Gewinnabsicht dahinterstecken. Allerdings ist auch das Pokern ohne Geld in öffentlichen Lokalen verboten. Das Gesetz sieht vor, dass jeder, der in einem öffentlichen Lokal oder privat – auch der eigenen Wohnung – ein Glückspiel veranstaltet oder unterstützt, eine Haftstrafe von drei Monaten bis einem Jahr und einer Geldbuße über 206 Euro riskiert. Auch die Teilnahme am Glückspiel in öffentlichen oder privaten Lokalen ist strafbar. Wird man erwischt erwartet einem eine Haftstrafe bis zu sechs Monaten oder ein Bußgeld bis zu 516 Euro. Hannes Asam/joi/ba/rb/chb* Namen von der Redaktion geändert