In wenigen Tagen dürfte das psychiatrische Gutachten vorliegen, das dem 19-Jährigen volle Zurechnungsfähigkeit, aber eine hohe Gemeingefährlichkeit bescheinigen soll. In den frühen Morgenstunden des 9. September wurde die Prostituierte Svetla Fileva (30) neben dem Flüchtlingswohnheim in der Bozner Schlachthofstraße brutal niedergestochen. Der Täter ergriff die Flucht. Bewohner des Heimes alarmierten die Polizei. Diese verhaftete den Bäckerlehrling Kevin Montolli unter dringendem Tatverdacht nur Stunden später, nachdem dieser selbst aufs Kommissariat gegangen war, sich anfangs aber als Zeuge ausgegeben hatte. Staatsanwalt Axel Bisginano beauftragte den psychiatrischen Gutachter Michele Piccolin, sich ein Bild vom Zustand des 19-Jährigen, der seit der Mordnacht in U-Haft ist, zu machen. Das umfangreiche Gutachten soll schon in Kürze vorliegen. Indes sickerten einige Details durch. Laut Expertise soll Kevin Montolli voll einsichts- und willensfähig sein, aber unter einem psychischen Krankheitsbild leiden, das ihn extrem gemeingefährlich mache. Dies nicht zuletzt wegen seiner Vorgeschichte besonders für Frauen: Bereits 2009 – im Alter von 16 Jahren – hatte Montolli eine Prostituierte mit einem Messer bedroht und überfallen.Zurechnungsfähig, aber gemeingefährlich – eine derartige Diagnose war in Südtirol schon vor inzwischen 19 Jahren erstellt worden – von dem Serienmörder Marco Bergamo. Am 8. März 1994 sprach ihn das Bozner Schwurgericht für fünf bestialische Morde an Frauen in den Jahren 1985 bis 1992 schuldig und verurteilte ihn zu lebenslanger Haft. Im Fall Bergamo hatten sich die Parteiengutachten über dessen Zurechnungsfähigkeit widersprochen, den Ausschlag gab dann das Gerichtsgutachten. Dass das Gericht im Fall Fileva auch einen eigenen Gutachter ernennen könnte, ist keinesfalls auszuschließen. Denn auch hier gibt es gegensätzliche Meinungen zum psychischen Zustand des Tatverdächtigen.Für Rechtsanwalt Flavio Moccia bzw. dessen psychiatrische Experten Claudio Fabbrici und Carlo Robotti ist Kevin Montolli nur teilweise zurechnungsfähig. Moccia will für seinen Mandanten ein verkürztes Verfahren beantragen – mit Anhörung der Gutachter. Lange dürfte es bis zum Prozess jedenfalls nicht dauern. Staatsanwalt Bisignano hat beantragt, Montolli in einem Schnellverfahren abzuurteilen. Er wirft ihm Mord unter zwei erschwerenden Umständen – der nichtigen Beweggründe und der Grausamkeit – vor. Sollte das Gericht seiner These folgen, müsste Montolli lebenslang hinter Gitter. Ihm wird auch der Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen– wegen Mitführens eines Messers, der Tatwaffe. rc/D