Ich habe Ingo Staffler auf seiner Nacht-Tour begleitet und schnell gemerkt: Frisches Brot ist heiß begehrt.<BR /><BR />Die Nacht ist finster, als ich mein Auto vor der „Mein Beck“-Zentrale in Nals parke. Der Motor verstummt, für einen Moment liegt alles in Stille. Müde nach nur wenigen Stunden Schlaf öffne ich die Tür. Die Uhr zeigt halb 4 – eine Zeit, in der ich normalerweise in den Federn liege. Nicht so Ingo Staffler. Mit einem freundlichen Lächeln und im Bäckergewand kommt er auf mich zu, um sich vorzustellen. Im Gegensatz zu mir wirkt Staffler putzmunter. Kein Wunder: Seit 22 Jahren arbeitet der Lananer bereits im Versand des Unternehmens. „An die Arbeitszeiten in der Nacht habe ich mich längst gewöhnt“, sagt Staffler. Und: Tauschen würde er nicht mehr.<h3> Bäckerei läuft auf Hochtouren</h3>Während Staffler und ich heißen Kaffee schlürfen, fällt mein Blick durch die Fenster in den unteren Stock, wo die riesige Halle auf Hochtouren läuft. Bäckerinnen und Bäcker eilen umher, nehmen frisch gebackene Semmeln, Laugenbrote und anderes Gebäck aus einem der Öfen, um sie anschließend zur Verteilerfläche zu bringen. Hier wird das frische Brot sortiert, sodass jeder Kunde die richtige Bestellung bekommt. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1154529_image" /></div> <BR /> Als ich die Halle betrete, dringt der Geruch von frisch gebackenem Brot in meine Nase. „Ich nehme ihn gar nicht mehr wahr, ich bin zu verwöhnt“, schmunzelt Staffler. Das frische Brot am Frühstückstisch darf aber auch bei ihm nicht fehlen. „Am liebsten ein Laugen- oder Spitzbrot, schön ,resch‘ muss es sein.“ Aber genug geplaudert, die Arbeit erledigt sich nicht von allein.<h3> Auf nach Mals</h3>Heute steht die Route durchs Vinschgau an. Diese kennt Staffler wie seine Westentasche. Routiniert schnappt sich der 52-Jährige die Brotkisten seiner Kunden und verstaut sie systematisch im weißen Fiat Ducato. Ganz hinten landen die Kisten für Mals, die als letzte abgeladen werden, dann arbeitet sich Staffler geschickt nach vorne. Als er die letzten Kisten verstaut, kehrt Ruhe in die Hallen ein. Die Brot-Transporter sind voll beladen, einer nach dem anderen macht sich auf seinen Weg. Auch für uns wird es Zeit.<BR /><BR />Der Sonnenaufgang ist noch in weiter Ferne. Auf der Straße kein Auto weit und breit. Der Motor des Fiat Ducato brummt laut, während wir über die MeBo Richtung Meran düsen. „Wir haben Glück, die heutige Tour ist recht kurz“, meint Staffler. „Stressig wird es, wenn alle Hotels entlang der Strecke ihre Tore öffnen.“ So oder so bleibt der Vorsatz des 52-Jährigen derselbe: „Ollm gmiatlich.“ Dann klappt die Arbeit ganz bestimmt. <h3> Keine Seele weit und breit</h3>Ankunft in der Filiale in Naturns, gerade einmal 23 Minuten dauerte die Fahrt über die leere Straße. Die Lichter in der Bäckerei flackern auf, der Ofen läuft bereits auf Betriebstemperatur, doch vor Ort ist niemand. Während ich mir frierend den Kragen der Jacke hochziehe, steht Staffler unbeeindruckt im T-Shirt da und schleppt die mit Brot beladenen schweren Kisten ins Innere. „So lange ich mich bewege, macht mir die Kälte nichts aus“, sagt er und zuckt mit den Schultern. Noch die leeren Kisten verstauen, dann ist der erste Stopp auch schon geschafft.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1154532_image" /></div> <BR />„In den 22 Jahren habe ich einiges gesehen“, erzählt Staffler, während wir weiter Richtung Vinschgau fahren. „Geisterfahrer und Unfälle, auch sehr schlimme waren dabei.“ Besonders am Wochenende kracht es oft – ein Glas zu viel erhöht das Risiko. Staffler selbst bleibt wachsam, während er den Lieferwagen präzise durch die engen Gassen von Schlanders steuert. „Nach all der Zeit kenne ich die Wege“, sagt er und peilt unseren nächsten Halt an: die Filiale in Schlanders.<h3> Jeder will ans frische Brot</h3>Rund 150 Kilometer legen wir beide heute zurück, entlang der Strecke liegen zahlreiche Stopps. Sei es bei einem Supermarkt, einer Mensa oder einem Restaurant – frisches Brot ist begehrt. Fährt Staffler allein, läuft Musik – gerne darf's laut werden. „Am liebsten höre ich Songs der Rockband AC/DC“, verrät Staffler. <BR /><BR />Vorbei an Laas, Eyrs, den Toren von Glurns und majestätischer Bergkulisse erreichen wir schließlich Mals, unseren letzten Halt. Knackige minus 5 Grad Celsius zeigt das Thermometer, Staffler nach wie vor im T-Shirt. Ein letztes Mal lädt er die Brotkisten ab, verstaut die leeren vom Vortag und klopft die Hände aneinander. „Jetzt schnell zurück nach Nals, damit wir nicht in den Berufsverkehr geraten, dann ist Feierabend“, sagt Staffler.<h3> Die Arbeit zu Ende, doch der ganz Tag steht noch bevor</h3>Wohl doch eher Feiermorgen. Fakt ist: Das Ende der täglichen Tour naht. Auf den Straßen kehrt Leben ein, hinter verschneiten Bergen blickt die Sonne hervor und taucht den Himmel in morgendliches Rot. „Auch nach so langer Zeit immer etwas Besonderes“, sagt Staffler. Als wir in Nals eintrudeln, sind auch die restlichen Lieferwagen wieder vor Ort. Auf Ingo wartet nun ein leckeres Frühstück – und sein Vierbeiner auf eine Runde Gassi. „Ich genieße jetzt den Tag, am späten Nachmittag gehe ich zu Bett“, sagt Staffler. Um Mitternacht beginnt eine weitere Schicht.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1154535_image" /></div>