Der Mord an Chiara Poggi in Garlasco in der Provinz Pavia vor 18 Jahren sorgt immer wieder für Eklat. Die Polizei hat am Mittwoch eine Reihe von Durchsuchungen im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen einen neuen Verdächtigen im Mordfall der 26-jährigen Poggi durchgeführt – ein Verbrechen, für das der Ex-Freund des Opfers, Alberto Stasi, eine endgültige 16-jährige Haftstrafe verbüßt. <BR /><BR />In der Kleinstadt Tromello bei Garlasco wurde auf der Suche nach der Mordwaffe Teil eines Kanals trockengelegt. Dabei wurde ein Hammer gefunden, der zusammen mit einem anderen Arbeitsgerät beschlagnahmt wurde. Noch unklar ist, ob der Hammer der Gegenstand ist, mit dem Poggis Mörder die junge Frau am Schädel totgeschlagen hatte. Tiefgründige Analysen müssen durchgeführt werden, um festzustellen, ob der Hammer in Verbindung mit dem Mord steht, Analysen, die angesichts des weit zurückliegenden Mordes nicht einfach sind.<BR /><BR /> Neue Impulse erhielten die Ermittlungen von den Aussagen eines Zeugen, der kurz nach dem Mord länger befragt worden war. Dieser hatte berichtet, dass er am Tag von Chiaras Mord eine Frau gesehen habe, die einen Metallgegenstand in den Fluss geworfen habe. Bei der Frau könnte es sich um eine Cousine Chiaras handeln. Ein weiterer Zeuge hatte behauptet, er habe eine blonde Frau auf einem Fahrrad gesehen, die das Haus der Familie Poggi verliess und in der Hand ein Kaminpoker hielt. Kurz daraufhin hatte er jedoch diese Aussagen zurückgezogen.<BR /><BR /> Inzwischen werden seine Worte wieder genau unter die Lupe genommen. Gegen die Cousine Chiaras waren keine Ermittlungen aufgenommen worden. Sie ist eine von zwei Zwillingsschwestern, die nach dem Mord zwar befragt, jedoch nie in Zusammenhang mit dem Fall verdächtigt wurden. <BR /><BR />Was die mutmaßliche Tatwaffe betrifft, die aus dem Haus der Poggis entwendet worden sein soll, so erklärten die Eltern von Chiara, dass „alle Kaminwerkzeuge noch da sind“, während ein Hammer nie gefunden wurde. Und gerade ein Hammer, so haben die bisher bekannten Gerichtsdokumente ergeben, wäre mit ziemlicher Sicherheit der Gegenstand gewesen, mit dem Chiara erschlagen wurde.<BR /><BR />Die Durchsuchungen am Mittwoch betrafen auch einen Freund von Chiaras Bruder Andrea Sempio. Gegen ihn wird seit einigen Wochen in Zusammenhang mit dem Mord ermittelt. Durchsucht wurden auch die Häuser von Sempios Freunden Roberto Freddi und Mattia Capra, mit denen Sempio am Tag von Chiaras Mord telefoniert hatte. Beide verkehrten im Haus Chiaras, da sie mit Marco Poggi, dem Bruder des Opfers, befreundet waren. Ihnen wurden Handys und PCs beschlagnahmt. <h3>Familie Poggi fassungslos über neue Entwicklungen</h3>Die Familie Poggi erklärte sich fassungslos über die neuen Entwicklungen. „Unser Rechtssystem räumt den Staatsanwaltschaften in der Ermittlungsphase sehr weitreichende Befugnisse ein, aber das bedeutet nicht, dass sich die Ermittler über die Rechtsprechung stellen können, indem sie ignorieren, was in einem fairen Prozess festgestellt wurde und zwar, dass Alberto Stasi für den Mord rechtskräftig verurteilt wurde“, hieß es in einem Schreiben der Familie. „Der Respekt vor den Menschen, die in eine so tragische Angelegenheit verwickelt waren und nun erneut unsäglichem Leid ausgesetzt sind, würde unserer Meinung nach eine größere Strenge bei der Bewertung der Beweisdaten und Schutz der Vertraulichkeit der als angemessen erachteten Ermittlungen erfordern“, erklärte Francesco Compagna, Anwalt der Familie von Chiara Poggi. <BR /><BR />Stasi, ehemaliger Student der Wirtschaftshochschule Bocconi, war zweimal vom Vorwurf des Mordes freigesprochen worden, bevor das Kassationsgericht im Jahr 2013 diese Urteile aufhob und eine Wiederholung des Verfahrens auf Berufungsebene anordnete. Im Dezember 2014 verurteilte das Mailänder Berufungsgericht Stasi zu 16 Jahren Haft, was ein Jahr später vom Kassationsgerichtshof bestätigt wurde. Das Mailänder Gericht verurteilte Stasi außerdem zur Zahlung von einer Million Euro Schadenersatz an Poggis Familie, 350.000 Euro an jeden Elternteil und 300.000 Euro an ihren Bruder Marco. <BR /><BR />Im Jahr 2017 wies der Oberste Gerichtshof einen weiteren Einspruch von Stasis Anwaltsteam gegen seine Verurteilung ab. Der letzte Einspruch von Stasis Verteidigung wurde 2020 zurückgewiesen. Stasi behauptete, er habe Poggis leblosen Körper am 13. August 2007 im Haus ihrer Familie gefunden, einen Tag nachdem das Paar dort gemeinsam zu Abend gegessen hatte. Die Familie des Opfers war verreist. Die Gründe für den Mord sind zum Großteil unklar geblieben.