Die Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt ist die größte im Land, zu ihren Aufgaben zählt auch die Sozialhilfe. Der Bedarf sei durch die Corona-Krise stark angestiegen, erklärt der alte und neue Bezirksgemeinschaftspräsident Luis Kröll.<BR /><BR /><BR /><i>Interview: Lisa Ehrenstrasser</i><BR /><BR /><Fett>Herr Kröll, Sie sind zum dritten Mal zum Bezirksgemeinschaftspräsidenten gewählt worden. Es gab keinen Gegenkandidaten und Ihre Wahl war einstimmig. Sie müssen vieles richtig gemacht haben?</Fett><BR />Luis Kröll: Die Einstimmigkeit ist für mich eine sehr große Motivation und bedeutet für mich eine große Verantwortung für den Bezirk, dem ich mich verpflichtet fühle. Ich glaube, wir haben eine sehr, sehr gute Zusammenarbeit mit den Gemeinden im Bezirk. Auch im Bezirksrat wurde in den vergangenen Jahren viel bewegt. Vor allem die Gemeindenvertreter schätzen die Arbeit der Bezirksgemeinschaft, die in der Bevölkerung nicht so präsent ist.<BR /><BR /><Fett>Was reizt sie an der Aufgabe des Bezirksgemeinschaftspräsidenten?</Fett><BR />Kröll: Die Koordination der Gemeinden im Bezirk. Die Bezirksgemeinschaft ist aber auch eine politische Plattform, die zwischen Land und Gemeinden vermittelt. Die Hauptaufgaben der Bezirksgemeinschaft sind Dienstleistungen für die Bürger, im Sozialbereich, in der Abfallwirtschaft, bei den Radwegen und in der übergemeindlichen Mobilität.<BR /><BR /><Fett>Was genau ist die Aufgabe des Bezirksgemeinschaftspräsidenten?</Fett><BR />Kröll: Die Einberufung der Ausschusssitzungen, der Sitzungen des Bezirksrates und die Umsetzung der Beschlüsse. Ich bin der gesetzliche Vertreter der Bezirksgemeinschaft. Meine Aufgabe ist es zudem, neue Impulse in Absprache mit den Gemeinden zu setzen.<BR /><BR /><Fett>Die Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt ist die größte in Südtirol. Sie übernimmt immer mehr zusätzliche, neue Aufgaben wie die Führung der Altersheime von Tirol und Schenna und die Ausarbeitung von Licht- und Klimaplänen. Sind weitere neue Aufgaben geplant?</Fett><BR />Kröll: Ja, eine neue Aufgabe ist, die Gemeinden noch mehr bei ihren Klimaschutzbemühungen zu unterstützen. Außerdem werden wir weiterhin neue Leader-Programme betreuen. Hilfestellung bieten wir den Gemeinden zudem bei der Umsetzung von EU-Projekten. Wir schauen, was an neuen EU-Projekten für die Gemeinden interessant sein könnte und bieten Unterstützung bei der Umsetzung. Verstärkt werden wir uns bei der Radmobilität engagieren. Das Fahrrad wird einen Teil der motorisierten Mobilität ablösen und in der täglichen Mobilität immer wichtiger werden. Die Bezirksgemeinschaft muss für den Ausbau der Radwege sorgen. Außerdem sind wir bereit, die Gemeinden noch stärker im Verwaltungsbereich zu unterstützen. Derzeit gibt es eine Zusammenarbeit in der Personalverwaltung mit der Gemeinde Algund. Mit der Gemeinde Unsere Liebe Frau im Walde/St. Felix arbeiten wir in der Personalverwaltung, im Sekretariatsdienst, im Finanzdienst und bei der Vergabestelle zusammen, mit der Gemeinde Hafling beim Finanzdienst.<BR /><BR /><Fett>Wie sehen Sie die soziale Situation im Burggrafenamt in der Corona-Pandemie? Die Bezirksgemeinschaft zahlt ja unter anderem die finanzielle Sozialhilfe aus.</Fett><BR />Kröll: Die soziale Situation ist im Burggrafenamt sehr angespannt, weil wir im Bezirk sehr viel Tourismus und damit sehr viele Saisonkräfte haben. Seit 2014 war der Bedarf an finanzieller Sozialhilfe rückläufig. Nun ist er seit einem Jahr stark angestiegen. Es sind auch neue Gesellschaftsschichten, die plötzlich darauf angewiesen sind. Es ist eine große Herausforderung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vielen Gesuche zu bearbeiten. Die Sprengel sind an der Not der Bevölkerung nahe dran und bemerken rasch, wo es Probleme gibt. Die Auswirkungen der Pandemie werden wir noch lange spüren.<BR /><BR /><Fett>Die Corona-Pandemie hat sicher auch Auswirkungen auf die sozialen Einrichtungen der Bezirksgemeinschaft?</Fett><BR />Kröll: Ja, eine große Herausforderung ist es zum Beispiel, die Gesundheit der Besucher unserer Einrichtungen zu schützen und trotzdem die Tageseinrichtungen offen zu halten. Es ist ein Spagat. Wir versuchen, die Tests und Impfungen in Zusammenarbeit mit dem Sanitätsbetrieb voranzutreiben.<BR /><BR /><Fett>Auch die Starthilfe für die Migranten liegt in den Händen der Bezirksgemeinschaft.</Fett><BR />Kröll: Ja, das SPRAR-Programm wird als SIPROIMI fortgeführt. Inhaltlich gibt es keine Veränderung. Bis zur Coronakrise haben es die Migranten gut geschafft, hier Fuß zu fassen und Arbeit zu finden. Die Wohnungssuche war schon vor der Pandemie schwierig für sie. Migranten tun sich besonders schwer am Wohnungsmarkt.<BR /><BR /><Fett>Der Mobilitätsbereich war schon immer ein wichtiges Standbein der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt. Sie hat sich zum Beispiel für die Nordwestumfahrung von Meran stark gemacht.</Fett><BR />Kröll: Der Bau des zweiten Bauloses der Nordwestumfahrung von Meran war eine große Herausforderung. Ich bin sehr glücklich, dass die Arbeiten endlich begonnen haben. Ich bin als Präsident der Bezirksgemeinschaft bei den Koordinierungssitzungen dabei. Die Nordwestumfahrung wird eine große Entlastung für Meran bedeuten und eine bessere Anbindung des Passeiertals und der Gemeinden Tirol, Riffian und Kuens bringen.<BR /><BR /><Fett>Welche Schwerpunkte sind in den kommenden Jahren geplant?</Fett><BR />Kröll: Die nächsten Herausforderungen sind die Umfahrung Forst-Töll-Rabland und die Umfahrungen von Riffian und Saltaus. Da geht es darum, den Menschen entlang der stark befahrenen Straßen mehr Lebensqualität zu geben. Wichtig ist aber auch der öffentliche Personennahverkehr mit dem Ausbau der Bahnlinie Bozen–Meran und die straßenunabhängige Verkehrsverbindung Meran-Tirol-Schenna.<BR /><BR /><Fett>Gibt es schon Neuigkeiten bei der straßenunabhängigen Verkehrsverbindung Meran-Tirol-Schenna?</Fett><BR />Kröll: Die Landesregierung lässt derzeit die 2 Projektvorschläge – von Leitner und Doppelmayr – für eine straßenunabhängige Verbindung Meran-Tirol-Schenna prüfen. Ich hoffe, dass es Gelder aus dem EU-Recovery-Fonds für dieses nachhaltige Projekt gibt. Es ist im Vorschlag der Landesregierung an Rom enthalten.<BR /><BR /><Fett>Auch bei den Radwegen gibt es im Burggrafenamt noch Verbesserungspotenzial.</Fett><BR />Kröll: Der Neubau der Brücken am Radweg ins Passeiertal ist abgeschlossen. Der Radweg Meran–Tscherms–Lana muss noch fertiggestellt werden. Ein wichtiges Projekt ist die Verbindung des Vinschger Radwegs mit dem Etschtal-Radweg. Dazu ist der Durchstich der Marlinger Brücke notwendig. Die Bauleitplanänderung ist schon erledigt, das Vorprojekt wurde im Bezirksrat genehmigt. Es fehlt derzeit die Finanzierung des 3,5 Millionen Euro teuren Vorhabens. Außerdem arbeiten wir daran, die Gemeinden, die nicht an den Radwegachsen liegen – wie Tirol und Schenna – an das Radwegenetz anzubinden.<BR /><BR /><Fett>Die Abfallbewirtschaftung, die die Bezirksgemeinschaft für die Burggräfler Gemeinden außer Meran übernimmt, hilft die Kosten niedrig zu halten. Was ist in Zukunft geplant?</Fett><BR />Kröll: Das in die Jahre gekommene Wertstoffzwischenlager in Niederlana entspricht nicht mehr den Anforderungen. 2023/24 soll mit der Sanierung samt Umsetzung eines neuen Konzepts begonnen werden. 70 Prozent der Kosten trägt das Land, 30 Prozent, das sind 1,7 Millionen Euro, die Burggräfler Gemeinden.<BR />