von Lena Gostner<BR /><BR />Am 27. Juni in Pune, Indien: Bei einem Gala Dinner werden die besten Chefköche der Stadt geehrt. Unter den asiatischen Köchen befindet sich auch der Südtiroler Christian Huber. Der bekannte „Della Leaders Club Guide“ verleiht Hubers Restaurant „Alto Vino“ 3 Sterne. Sein zweites Restaurant „Sorriso“ erhält eine 2-Sterne-Auszeichnung.<BR /><BR />Der „Della Leaders Club Guide“ (DLC) ist ein Gourmetführer, inspiriert von Michelin und Forbes. Er führt die herausragendsten Hotels und Restaurants der ganzen Welt auf. Unter all den preisgekrönten Köchen ist nun auch Christian Huber mit seinem Restaurant „Alto Vino“ verzeichnet. <BR /><BR />Für den Koch selbst war diese Auszeichnung eine große Überraschung. Der Besuch der Restaurantkritiker war unangemeldet. Weder der Koch noch Personal oder Bedienung hatten die Kritiker bemerkt. Wenige Wochen später erhielt der Hotel-Direktor eine E-Mail. Darin stand die glückliche Nachricht: Christian Huber wird mit „Alto Vino“ als erster Südtiroler in den DLC-Guide eingetragen. „Wir Südtiroler müssen beweisen, dass wir richtige Burschen sind“, meint er scherzhaft.<BR /><BR /> <video-jw video-id="PC932fkp"></video-jw> <h3> Von Meran nach Indien</h3>Der 47-jährige Christian Huber kommt ursprünglich aus Meran. Er wurde in Brixen an der Fachschule für Gast- und Nahrungsmittelgewerbe „Emma Hellenstainer“ gastronomisch ausgebildet. Nach der Schule interessierte sich der gelernte Konditor eher für Hockey. Christian spielte damals bei der Serie A. Später war er in der Küche von Schloss Rametz tätig. Durch Zufall musste er bei einem Kollegen aushelfen und kam in Kontakt mit einem Koch aus Lana, namens Andrea Strim. Dieser war schon damals in Dubai tätig. 2005 begann Christians Reise: die beiden Köche brachen nach Dubai auf und kochten mehrere Jahre zusammen. <BR /><BR />Nach sechs Jahren ergab sich für ihn die Möglichkeit ein eigenes italienisches Restaurant unter dem Namen „Alto Vino“ in Indien zu eröffnen. Er hegte erst gemischte Gefühle gegenüber Indien. „Ich habe nie gesagt, ich will unbedingt einmal nach Indien“, sagt er. Vor Ort erübrigten sich seine Zweifel und Sorgen. Es ist klar: die weit verbreiteten Vorurteile treffen das Indien, das Christian kennenlernen darf, kein bisschen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1195005_image" /></div> <BR /><BR />In Pune begegnet er einer anderen Welt: Märkte, Chaos, lebendige Straßen, Not und Luxus. Der Kontrast zwischen Armut und Reichtum ist heftig. Im Restaurant sitzen Multimillionäre und auf der Straße begegnet man Obdachlosen. „Trotzdem verhungert keiner in diesem Land“, weiß der Koch. „Sie akzeptieren, dass es Arme gibt und schauen auf sie.“<BR /><BR />Besonders beim Thema Zeitpläne sind die Asiaten lässig – „Eine Uhrzeit ist für sie mehr wie ein Vorschlag“, lacht der Koch. Mit dieser Mentalität hatte er am meisten zu schaffen. Als Quereinsteiger musste er sich mit viel Mühe einarbeiten. <BR /><BR />Sein Restaurant „Alto Vino“ ist Teil des Luxushotels „JW Marriott Hotel Pune“ und ist für gehobene Gastronomie bekannt. Bei seinem zweiten Lokal „Sorriso“ wollte er eine typisch italienische „Trattoria“ verwirklichen. Das Einzige, was „Sorriso“ von den Lokalen in Italien unterscheidet, ist der Kontinent.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1195032_image" /></div> <BR /><BR /><BR />Seine Rezepte sind bald unter den Gästen beliebt. „Schlutzer und Spinatknödel sind der Top-Renner“, so Christian. Einige Speiselokale in Pune kochen die Südtiroler Speisen auch nach, erzählt der Koch mit einem Schmunzeln. Besonders aber die klassischen italienischen Gerichte spielen bei Christian eine zentrale Rolle. Er peppt sie gerne etwas auf – modernisiert, kombiniert und verfeinert. <BR /><BR />Besonders auf die Wahl seiner Zutaten legt der Chefkoch großen Wert. Er und sein Team passen die Gerichte an die an die lokalen Zutaten an. An Lieferanten, Rohstoffen oder den Hygienestandards hat der Koch nichts auszusetzen – ganz im Gegenteil sie seien exzellent, sagt er. „Die Küche in Südtirol und die in Pune unterscheiden sich fast gar nicht“, meint Christian. <BR /><BR />Sein Grundprinzip ist Nachhaltigkeit: statt einen mediterranen „Branzino“ zu importieren, verwendet er einen Wolfsbarsch der arabischen See. „Es ist sinnlos etwas zu importieren, wenn die Produkte vor Ort hervorragende Qualität aufweisen“, erklärt der Koch. Nur beim Speck kommt er nicht drum herum, den muss er von zuhause schicken lassen.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1195011_image" /></div> <h3> Bunt, bunter, Indien</h3>Die Essgewohnheiten Indiens sind für einen Südtiroler zunächst ein Kulturschock. Eine Schwierigkeit für Christian als Koch sind die Sonderkost-Esser: Vegetarier, Veganer und so genannte Jains (essen kein Wurzelgemüse). Jede Mahlzeit passt man an den Gast an. „Ein bisschen anspruchsvoll“, kommentiert er.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1195014_image" /></div> <BR /><BR />Erst gegen 21 Uhr abends geht es für Christian in der Küche richtig rund. Die Gäste in Indien teilen am liebsten alles, was bestellt wird. Diese Gewohnheit hat der Südtiroler selbst übernommen, weil er sie vorteilhafter findet. „Es ist faszinierender mehr zu probieren.“<BR /><BR /> Seine asiatischen Gäste haben auch ein ganz anderes Tischverhalten als es der Koch von Südtirol kennt. Sie sind lockerer und gelassener. Diese Kultur schweift vom „fine dining“ eher ab. Von der lockeren Art und den vielen Gewürzen und Geschmäckern hat Christian viel mitnehmen können. <BR /><BR />Zu Indien selbst hat der Koch eine gespaltene Meinung: „Es ist ein großes, wunderschönes Land mit einer ausdrucksstarken Kultur. Haushälter, Luxus und Taxis sind billig und die Versorgung ist ausgezeichnet. Man muss dafür aber seine ganze Ruhe aufgeben.“<BR /><BR /> Von zu Hause vermisst er am meisten die Berge und „a bäriges Glasl Lagrein“. Seine Eltern in Meran besucht er momentan nur einmal im Jahr. Auch sein Zwillingsbruder hat als Koch in einem Marriott Resort in Düsseldorf Fuß gefasst. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1195017_image" /></div> <BR /><BR />Nach Südtirol zurückkehren möchte Christian trotzdem nicht. „Ich komme erst wieder, wenn es langweilig wird und das ist es noch nicht.“ Er will neue Projekte auf die Beine stellen: noch ein Restaurant, ein Hotel aufbauen und seine Whiskey-Bar erweitern. <BR /><BR />Auf die Frage, ob er auf weitere Auszeichnungen hinarbeitet, antwortet er unbeschwert: „Wenn isch, nor isch, suscht isch nix.“ Viele junge Köche machten sich das Leben kaputt, weil sie einen Michelin-Stern brauchten, erklärt Christian. „Natürlich ist es eine Erfüllung prämiert zu werden, aber es ist nicht alles.“ Man müsse sich anstrengen und verbessern, aber letztlich immer auf den Gast schauen. „Ein volles Restaurant ist Prämie genug“, stellt er fest. <BR /><BR />Und das trifft auf Christians Restaurants auch zu. Nicht nur zahlreiche und wohlhabende Gäste darf er kulinarisch verwöhnen, sondern auch den ein oder anderen VIP. Donald Trump, die italienischen Fußballspieler Marco Materazzi und Alessandro Del Piero, Tennis- sowie Cricketspieler durfte er schon bekochen. Gerne führt er seine Gäste nach dem unvergesslichen Abendessen in der Stadt zu einem Drink aus. Die Gastfreundlichkeit verlernt er als Koch in einem fremden Land nicht.