Die Menge des Wassers in den Reaktorkernen der Blöcke 1, 2 und 3 sei nach seinen Erkenntnissen „halbwegs stabil“, erläutert Dokter und betont zugleich: „Das ist von der Ferne aber schwer zu beurteilen.“ In den Reaktorblöcken 3 und 4 liegen ausgediente Kernbrennlemente oberhalb des Reaktorkerns in Abkühlbecken. Normalerweise verweilen sie dort vier bis fünf Jahre, bis sie entsorgt werden können. „In den Blöcken 3 und 4 haben die Japaner es immerhin geschafft, Wasser hineinzubekommen“, meint Dokter.Zwei gegensätzliche Szenarien- Explosion wie in Tschernoby nicht zu erwartenDerzeit sei in die Abklingbecken der Blöcke schätzungsweise 70 bis 80 Tonnen Wasser eingebracht worden. „Diese Mengen dienen zur Stabilisierung. Da müsste eigentlich noch viel mehr Wasser hinein“, meint Dokter.Es gebe zwei gegensätzliche Szenarien: „Ohne Wasser heizen sich auch diese Stäbe immer weiter auf, ab etwa 1.000 Grad gehen sie kaputt, dann können radioaktive Stoffe in die Luft gelangen.“ Eine Explosion wie in Tschernobyl sei zwar nicht zu erwarten, aber oberhalb der Becken herrsche eine starke Gammastrahlung, was die Arbeiten per Hubschrauber erschwert habe. Im positiven Fall, falls weiter genügend Wasser auf die Stäbe komme, müssten sie noch jahrelang gekühlt werden, bevor sie entsorgt werden könnten.Blöcke 1- 3 noch weit von Rettung entferntDie Blöcke 1 bis 3 seien selbstverständlich noch weit von der endgültigen Rettung entfernt: „Wenn die Kühlung nicht ausreicht, bauen sich in den Reaktorkernen 1 bis 3 weiter Hitze und Druck auf. Auch da kann alles immer wieder umschlagen.“ Wenn der Wasserstand wieder sinke, sei es denkbar, dass die Brennstäbe in den Kernen schmelzen. „Der Worstcase ist noch nicht ausgeschlossen.“Die Schmelze können durch die Reaktorwand nach unten gelangen und entweder zu einer Wasserdampfexplosion führen oder zu einer Explosion von Wasserstoff und Sauerstoff. Sie könne aber auch einfach in den Untergrund fließen. „Was dann passiert, kann man nicht genau sagen.“ Auch im Abklingbecken von Reaktor 4 könnten Brennelemente immer noch so heiß werden, dass sie brennen oder schmelzen, und auch dann könnten große Mengen radioaktiver Stoffe in die Umwelt gelangen.Reaktorblöcke 5 und 6 stabilAllein die Reaktorblöcke 5 und 6 seien im stabilen Zustand. Rettungsmannschaften konnten die Kühlung für beide Reaktorblöcke wieder in Gang setzen und sie in eine stabile Lage bringen (cold shutdown). Die Temperatur in den Abkühlbecken sank unter 100 Grad. „Da hat sich die Lage wirklich etwas entspannt“, sagt Dokter.Die Kühlung mit Meerwasser anstelle von Trinkwasser sei zwar ungewöhnlich aber nötig. „Meerwasser ruiniert eine normale Anlage unter anderem, weil sich das Salz absetzt“, erläutert Dokter. „Nur zum jetzigen Zeitpunkt ist so etwas nebensächlich.“ Das Wasser gelange nur zum kleinen Teil zurück ins Meer , ansonsten vor allem in Form von Dampf in die Luft.Radioaktive Strahlung geringDie radioaktive Strahlung in weiter entfernten Gebieten sei im Moment noch vergleichsweise gering. Auch die in einigen Präfekturen derzeit angegebenen Werte im Trinkwasser bedeuteten keine unmittelbare Gesundheitsgefahr. Die radioaktiven Stoffe seien vermutlich über Oberflächenwasser wie Stauseen in die Leitungen gelangt.Und wenn alle Rettungsaktionen gelingen? Dann müsse das Atomkraftwerk noch jahrelang abkühlen, betont Dokter. „Ob man irgendwann mal einen Sarkophag baut, wie in Tschernobyl, kann man jetzt noch nicht sagen. Jetzt geht es nur ums Kühlen.“ dpa