Vom Vorsitzenden des Landesverbandes bis zur Obfrau des Theatervereins im Dorf: Sie alle müssen jede Menge zusätzliche Bürokratie bewältigen. <BR /><BR /><BR /><BR /><BR />Die Reform des sogenannten Dritten Sektors erreicht nun mit der Eintragung der Vereine ins staatliche RUNTS-Register die heiße Phase. Südtirols Vereinswesen blickt auf die Neuerungen mit einem Gemisch aus Argwohn und Ohnmacht, manche Funktionäre befürchten gar ein Vereinssterben.<BR /><BR /><BR />„Momentan ist noch alles in der Schwebe und niemand kann im Detail sagen, was nun tatsächlich auf die Vereine zukommt“, versucht Helmut Burger, langjähriger Geschäftsführer des Südtiroler Theaterverbandes, eine Einordnung der unübersichtlichen Lage. <BR /><BR />Wenn jemand die die Auswirkungen der neuen Bestimmungen ansatzweise ermessen kann, dann Burger, der seit vielen als Scharnier zwischen Dachverband und den rund 220 Bühnen im Lande unverzichtbare Beratungsdienste leistet. Pepe Mairginter, künstlerischer Leiter des STV, setzt noch einen drauf: „Ich bin kein Schwarzmaler, aber für viele Vereine sehe ich tatsächlich schwarz.“ Die zuständigen Politiker müssten endlich aktiv werden, um dem Südtiroler Vereinswesen den Rücken zu stärken.<BR /><BR /><b>Per SPID und PEC-Adresse ins RUNTS-Register</b><BR /><BR />Die Neuorganisation des sogenannten Dritten Sektors verlangt allen Betroffenen viel Zeit, Energie und Nerven ab – ihr müssen sich vom Verbandschef bis hin zur Obfrau der kleinen Heimatbühne alle stellen. Hauptsächlich geht es um Vereine im Bereich der Traditionen und Kultur – Musikkapellen, Theaterbühnen und Chöre. Sportamateurvereine etwa genießen eine eigene Regelung, ebenso karitative Vereine. <BR /><BR />Es geht um die Eintragung der Vereine in das einheitliche staatliche RUNTS-Register bis zum Stichtag 21. Februar und um damit verbundene fiskalische und statutarische Bestimmungen – und vor allem die damit verbundene Zettelwirtschaft. Der Namen trifft es nicht ganz, denn längst ist auch die althergebrachte Zettelwirtschaft auf die Plattformen des Internet abgewandert, passend dazu müssen die Vereinsobleute mit SPID (öffentliche digitaler Schlüssel), Pec (zertifizierte E-Mail) und digitaler Übermittlung von Bilanzen operieren. <BR /><BR /><embed id="dtext86-52566267_quote" /><BR /><BR />Willkommen im digitalen Zeitalter, heißt es nun also auch für Vereine – ganz egal ob Ehrenamtliche Organisationen (EO) oder Vereine für die Förderung des Gemeinwesens (VfG) und andere mehr. Die Aufschlüsselung von Einnahmen und Ausgaben hat nach neuen Kriterien zu erfolgen, der Tätigkeitsbericht ebenso, so manche gewerbliche Dienstleistung ist mit den neuen Auflagen nicht zu vereinbaren. <BR /><BR />Eine Vielzahl an Fragen tun sich auf, das Spektrum reicht um die Definition von „Freiwilligkeit“ über die Versicherung von Mitgliedern bis hin zum Sponsoring und der korrekten Ausstellung von Honoraren. „Es kann doch nicht sein, dass ein Chor oder ein Theaterverein auf den Verkauf von Eintrittskarten verzichten muss und stattdessen nach der Aufführung ein Kaffeekränzchen organisieren soll, um steuerrechtlich in Ordnung zu sein“, nennt Burger ein Beispiel. Man arbeite zwar an Lösungen, aber das Grundproblem sei, dass der Staat mit dem Einheitsregister alle Vereine über einen Kamm schere und „das Pferd von hinten aufzäumt“.<BR /><BR /><b>Steuerberater für kleine Vereine?</b><BR /><BR /> Nicht die Steuern, die in der Regel wohl mit einem Prozent der Einnahmen zu Buche schlagen werden, seien das Problem, sondern die bürokratische Belastung. Gut organisierte Vereine und Verbände, so sind sich Burger und Mairginter einig, würden den geforderten Auflagen allemal nachkommen können, es sei auch beileibe nicht alles an der Reform schlecht, aber man kann doch nicht verlangen, dass jeder kleine Verein zur Erledigung der Formalitäten einen Steuerberater braucht. <BR /><BR />Ein wenig gelassener kommentiert die Neuerungen Pepi Fauster, Obmann des Verbandes der Südtiroler Musikkapellen. Es verhalte sich ein bisschen wie im Beruf, wo man sich eben auch laufend mit Neuerungen auseinandersetzen müsse und wo die digitale Abwicklung der Dienste mehr und mehr zum Alltag werde. Klar im Vorteil sei, wer darin geübt ist, aber letztlich wird alles „auch ohne Wirtschaftsberater“ machbar sein. Unglücklich ist er allerdings mit so manchen neuen Bestimmungen, etwa nach welcher Art künftig die Dienstleistungen von Kapellmeistern oder Mitgliedern von Fachjurys honoriert werden können. <BR /><BR /><embed id="dtext86-52568101_quote" /><BR /><BR />Als großes Problem wertet er auch die Einstufung des Dachverbandes als Ehrenamtliche Organisation (E.O.), da sie aufgrund ihrer Tätigkeit ganz klar als Verein für gemeinnützige Tätigkeit (VfG) agiere. Letztlich sagt aber auch Fauster: „Unsere Musikkapellen möchten sicherlich auch nicht mit bürokratischem Krimskrams belastet werden, unsere Hauptaktivität ist und bleibt das Musizieren.“ Deshalb stehe man mit Wirtschaftsprüfern, mit den Senatoren und Parlamentariern in Rom und mit dem Theaterverband und Chorverband in regem Austausch. <BR /><BR />Geteilt werden die Bedenken auch von Dietmar Thanei, Geschäftsführer des Südtiroler Chorverbandes. Er sagt: „Der immense Zusatzaufwand zur Führung eines Chors lässt sich irgendwann nicht mehr rechtfertigen. Die Politik hätte hier wohl früher aktiv werden müssen, nun ist es die Aufgabe der Verbände, die Belastung für die kleinen Vereine so gering wie möglich zu halten.“ Zwar will auch er dem staatlichen Einheitsregister die Berechtigung nicht absprechen, aber man könne eben nicht die gewachsene Struktur des Südtiroler Vereinswesens und die gesamtstaatliche in den gleichen Topf eines Einheitsregisters werfen. <BR /><BR /><b>Viel Spielraum für Interpretationen</b><BR /><BR />Bei Christoph Pichler, dem stellvertretenden Direktor des Amtes für Außenbeziehungen und Ehrenamt, laufen neben dem DZE (Dienstleistungszentrum für das Ehrenamt) die Fäden gewissermaßen zusammen. Dort ist das Landesregister der E.O und VfG angesiedelt, dort wird auch der Teil des RUNTS-Registers geführt, das den 3. Sektor in Südtirol regeln wird. <BR /><BR />Er bestätigt, dass die allfällige Statutenanpassung von den allermeisten Vereinen vollzogen worden sei und möchte die Vereine ermutigen, sich am besten mit der neuen Lage zu befassen. „Je nach Art der Tätigkeit eröffnen sich für Vereine gewisse Vorteile steuerrechtlicher Natur, manche Regelungen sind sicherlich auch noch Interpretationssache“, meint er. Man müsse sich von Fall zu Fall ansehen, welche Regelung – wenn es etwa um Finanzierungsfragen oder gewerbliche Tätigkeiten geht – Sinn macht. Geht es um die Erstellung der PEC-Adresse oder um buchhalterische Fragen, so finde man Unterstützung beim Dachverband oder eben dem DZE. <BR /><BR />„Es wird sicherlich nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, meint auch Burger vom Südtiroler Theaterverband, aber es sei unzumutbar, die kleinen Vereine nach 4 zähen Jahren der Neuanpassung des 3. Sektors weiterhin im Ungewissen und Ungefähren zu lassen. „Es wird immerhin immer schwieriger Funktionäre in den Vereinen zu finden, weil sich in seiner Freizeit niemand noch eine extra Last aufbürden will mit Haftungsfragen oder Steuerstrafen“, sagt Mairginter. <BR /><BR />Die Politik solle sich dem Thema nun stellen, sie hätte als gesetzgebende Instanz die Möglichkeiten, Klarheit in den Bürokratiedschungel zu bringen und die Voraussetzungen zu schaffen, damit sich die Vereine ihren Kernaktivitäten widmen können.<BR />