Nach den Aussagen des Gutachters Professor Lino Nobili aus Genua könnte Zeeshans Verteidigung beim Gericht ein Zusatz-Gutachten beantragen. „Es ist klar, dass man eine Person nicht zu lebenslang verurteilen oder freisprechen kann, wenn man vorher nicht alle Aspekte abgeklärt hat“, sagt Verteidiger Federico Fava. Sobald der Antrag gestellt wird, muss das Schwurgericht entscheiden, ob es weitere Untersuchungen verfügt.<BR /><BR />Mustafa Zeeshan wird zur Last gelegt, seine hochschwangere Frau Fatima in der Nacht auf den 30. Jänner 2020 in der gemeinsamen Wohnung in Vierschach getötet zu haben. <BR /><BR />Wie berichtet, wurde Zeeshan in der Folge 4 Tage lang im Schlaflabor beobachtet. Dabei hatte man auf sein Verhalten in der REM-Schlafphase geachtet. Bei der so genannten REM-Schlaf-Verhaltensstörung ist die Muskellähmung, die die traumreichen REM-Schlafphasen normalerweise begleitet, teilweise aufgehoben. Die Betroffenen reden laut oder schreien, sie schlagen und treten um sich. Davon war auf den Videos aus dem Schlaflabor, die im Gerichtssaal gezeigt wurden, nichts zu sehen. Der Gutachter der Staatsanwaltschaft, Professor Mauro Manconi, schloss deshalb auch aus, dass Mustafa Zeeshan an einer REM-Schlafstörung leidet. <h3> 28 Fälle sind dokumentiert</h3>Doch: Laut der Studie „Violence in sleep“, in der Fälle von Gewaltanwendungen im Schlaf – gegen sich selbst und andere Personen – thematisiert werden, haben Wissenschaftler festgestellt, dass gerade jene Parasomnien (Schlafstörungen), die außerhalb der REM-Phase auftreten, von besonderer Aggressivität geprägt sind. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="832427_image" /></div> <BR /><BR /><BR />28 Fälle von Mord und Mordversuch wurden von 1879 bis heute dokumentiert – 27 davon wurden vom Schläfer außerhalb der REM-Phase begangen. Einer der Autoren der Studie ist Professor Lino Nobili, Gutachter der Verteidigung. Wie er ausführte, sei die Diagnose der nicht REM-geprägen Parasomnien komplex und erfolge nicht vordergründig durch medizinisch-technische Hilfsmittel, sondern mithilfe der Krankengeschichte und Abklärung mit dem Betroffenen selbst sowie Personen, die sein Schlafverhalten beobachten konnten – Partner oder Familienangehörige. <h3> Der Traum von einem heftigen Streit</h3>Beim Gespräch mit den psychiatrischen Gutachtern hatte sich Zeeshan vage erinnert, in der fatalen Nacht von einem heftigen Streit mit jemandem geträumt zu haben. Laut Verteidiger Fava sei z.B. ein Fall dokumentiert, in dem ein Mann geträumt habe, sich gegen einen Einbrecher zur Wehr zu setzen, dabei hatte er im Schlaf seine Frau getötet. <BR /><BR />Am 6. Dezember geht das Schwurgerichtsverfahren weiter, in den Zeugenstand treten Rechtsmediziner Dario Raniero und der medizinische Gutachter der Verteidigung, Massimo Montisci.<BR />