Die Erinnerung an das Drama ist im Land noch wach: Am 9. Dezember war ein junger Mann aus Nordafrika in Bozen erfroren. Der 20-Jährige hatte die Nacht im Freien verbracht und war an den Folgen der Unterkühlung gestorben.<BR /><BR />Die Trauer und die Empörung waren groß, denn alle waren sich darin einig, dass ein junger Mensch nicht erfrieren müssen soll und dass es gelte, derartige Tragödien in Zukunft zu verhindern. Es folgten politische Aussprachen und hektische Bemühungen, um Schlafplätze zu finden, wobei sich diese wiederum im ganzen Land befinden sollten. Das war in der Zeit vor Weihnachten, damals musste wohl auch angenommen werden, dass es viele solcher Menschen gibt, die Hilfe benötigen. <BR /><BR />Man sei daher nun ein wenig überrascht, dass es keine einzige Anfrage gegeben habe, einen dieser „Fälle“ zu übernehmen, sagt Dieter Pinggera, der Präsident der Bezirksgemeinschaft Vinschgau. Er habe erst jüngst bei den zuständigen Stellen nachgefragt, dabei sei ihm dieser Umstand nochmals bestätigt worden. Pinggera kann sich das nicht schlüssig erklären; man könne es aber vielleicht dahingehend interpretieren, dass es das Problem nicht mehr im einstigen Ausmaß gibt.<h3>„Der Vinschgau war sofort solidarisch“</h3>Die Vinschger und Vinschgerinnen hätten sich nach dem Tod des jungen Ägypters aber sofort solidarisch gezeigt, ruft Dieter Pinggera in Erinnerung. Man hatte Quartiere in den Gemeinden Graun und Martell zur Verfügung gestellt; diese waren für obdachlose bzw. Migrantenfamilien gedacht, da es für diese Zielgruppe in den Städten zu wenige geeignete Unterbringungsmöglichkeiten gebe, sagt Pinggera. In den Gemeinderäten und Verwaltungen des Tales wurde in den vergangenen Wochen ausführlich über das Thema diskutiert, nicht zuletzt auch im Schlanderser Gemeinderat.<BR /><BR />Dort war es unter anderem dem Ratsmitglied Daniel Donner ein Anliegen, über die Thematik zu sprechen. Obdachlosigkeit sei ein „trauriges Thema“, es brauche zur Lösung der Problematik langfristige Ansätze, sagte er. Pinggera erwiderte, dass es im Vinschgau generell kein Massenvorkommen von Obdachlosen gebe; es handle sich üblicherweise um einige wenige Fälle. Das in Bozen vor Wochen aufgetretene Phänomen hänge vielmehr mit großen Migrationswellen zusammen, wobei es wichtig wäre, dass der Staat und das Land einen Hotspot bzw. eine zentrale Erstanlaufstelle einrichteten. Bozen riskiere bei großen Migrationszahlen durchaus, zu einer Art Lampedusa des Nordens zu werden. Die Bezirksgemeinschaften sollten nach der Diskussion vor Weihnachten rund 150 Plätze für Obdachlose schaffen, auf den Vinschgau wären 10 entfallen. „Wir haben unser Soll jedenfalls erfüllt“.