Die auf Ibiza gesichteten Exemplare sind mit bis zu 1,8 Metern deutlich größer als üblich. Sie schwimmen frei in den kristallklaren Gewässern der Balearen und haben das Urlaubsparadies in eine Schreckenskulisse verwandelt. Verantwortlich für diese Invasion ist die Hufeisennatter (Hemorrhois hippocrepis), eine nicht heimische Art, die auf Ibiza ideale Bedingungen für eine explosionsartige Vermehrung gefunden hat. Sichtungen werden mittlerweile täglich aus Gärten, Feldern, Parks und sogar Privathäusern gemeldet. Die Schlangensaison konzentriert sich auf die warme Jahreszeit und dauert üblicherweise von April bis Oktober.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1180116_image" /></div> <BR /><BR /><b>Ein wachsendes Problem – besonders im Norden</b><BR /><BR />Die Schlangenplage betrifft viele Gebiete der Insel, besonders stark die Gegend rund um Portinatx im Norden. Auch in der Umgebung der kleinen Inseln von s’Espartar zeigen die Nattern erstaunliche Schwimmfähigkeiten und erreichen nun Gebiete, die einst als sichere Rückzugsorte für Meeres- und Landtiere galten – insbesondere für die berühmte Balearen-Eidechse, die mittlerweile vom Aussterben bedroht ist. In manchen Gebieten wie S’Ora ist sie bereits vollständig verschwunden. Forscher des balearischen Wildschutz-Konsortiums (Cofib) warnen: Bis 2030 könnte die Art auf Ibiza komplett ausgelöscht sein.<BR /><BR /><b>Ein menschlicher Fehler mit weitreichenden Folgen</b><BR /><BR />Die Ursprünge dieser ökologischen Krise reichen in die frühen 2000er-Jahre zurück. Damals gelangten die ersten Schlangen versehentlich auf die Insel – versteckt in den Wurzeln von Olivenbäumen, die vom spanischen Festland importiert wurden. Was zunächst wie ein Einzelfall wirkte, entwickelte sich schnell zur Katastrophe.<BR />Ohne natürliche Feinde und mit reichlich Nahrung konnte sich die Hufeisennatter ungestört ausbreiten. Bereits 2003 wurden erste stabile Populationen entdeckt, heute gilt die Art als vollständig eingebürgert. Die Hufeisennatter ist auf der Iberischen Halbinsel mit Ausnahme der nördlichen Gebiete heimisch, in Marokko, Algerien und Tunesien, sowie auf den italienischen Mittelmeerinseln Pantelleria und Sardinien. <BR /><BR /><b>Schlange auf Ibiza doppelt so groß</b><BR /><BR />Ein besonders alarmierender Aspekt ist der sogenannte „Gigantismus“: Während die Art üblicherweise maximal 90 Zentimeter lang wird, erreichen viele Exemplare auf Ibiza mehr als 1,80 Meter – der Rekord liegt bei 1,83 Metern (2013). Wissenschaftler machen die günstigen Umweltbedingungen für das überdurchschnittliche Wachstum verantwortlich. Auch die Fortpflanzung beschleunigt sich: Weibchen werden früher geschlechtsreif und legen mehr Eier über längere Zeiträume hinweg – ein Teufelskreis für die Artenvielfalt.<BR /><BR /><b>Schaden für den Tourismus</b><BR /><BR />Die Auswirkungen auf den Tourismus sind bereits deutlich spürbar. Urlauber berichten von Angst beim Schwimmen oder meiden das Meer ganz. Entsprechende Posts in den sozialen Netzwerken verstärken die Unsicherheit zusätzlich, in manchen Fällen wurden Urlaubsreisen sogar vollständig storniert.<BR /><BR /><b>Keine Gefahr für den Menschen</b><BR /><BR />Trotz aller Schlagzeilen: Die Hufeisennatter ist für Menschen ungefährlich und sie ist nicht giftig. Allerdings gilt die Hufeisennatter als leicht reizbar und bissig, nicht umsonst wurde diese Schlangenart früher zu den Zornnattern gezählt. <BR /><BR /><b>Ein Wettlauf gegen die Zeit</b><BR /><BR />Um der explosionsartigen Vermehrung der Hufeisennattern Einhalt zu gebieten, setzen Behörden und Umweltschützer auf ein Bündel an Maßnahmen:<BR />•</TD><TD>Kostenlose Verteilung von Schlangenfallen an Bürger<BR />•</TD><TD>Wissenschaftliches Monitoring der Population<BR />•</TD><TD>Öffentliche Meldeplattformen für Sichtungen<BR />•</TD><TD>Gezielte Einsätze in stark betroffenen Gebieten<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1180119_image" /></div> <BR />Im Jahr 2024 wurden allein auf Ibiza 3.072 Schlangen gefangen – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den 2.007 im Jahr 2023. Die Organisation IbizaPreservation installierte 280 Fallen und fing rund 500 Tiere, Cofib entfernte über 3.000 Schlangen auf Mallorca, Ibiza und Formentera zusammen.<BR /><BR /><b>Schlangen entwickeln sich weiter</b><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1180122_image" /></div> <BR />Eine besonders überraschende Entwicklung ist die ausgeprägte Schwimmfähigkeit der Tiere. Víctor Colomar vom balearischen Wildschutz-Konsortium Cofib bringt die Evolution auf den Punkt: „Hufeisennattern im Meer zu sehen, war ein Schock. Wir hätten nie erwartet, dass sie so gute Schwimmer werden.“ Hintergrund: Die Schlangen überwintern oft in Booten an Land. Wenn diese im Frühling wieder zu Wasser gelassen werden, schwimmen die Schlangen instinktiv zur nächsten Küste – und verbreiten sich dort weiter.<BR /><BR /><b>Eine Lehre über verletzliche Inselökosysteme</b><BR /><BR />Der Fall auf Ibiza zeigt deutlich, wie verheerend die unbeabsichtigte Einführung fremder Arten auf fragile Ökosysteme wirken kann. In nur zwei Jahrzehnten wurde aus einem Zufallsimport ein massives Umweltproblem. Es unterstreicht die Notwendigkeit strenger Importkontrollen und deckt die Spätfolgen zögerlicher Gegenmaßnahmen durch die Politik bei ökologischen Zwischenfällen schonungslos auf.