Der erfahrene Lawinenwarner hat einen guten Rat für alle Skitourengeher und er sagt, welchen fatalen Fehler leider viele machen. <BR /><BR /><b>Warum sind heuer so viele Menschen bei Lawinenabgängen ums Leben gekommen, obwohl der Winter so schneearm ist?</b><BR />Lukas Rastner: Der Schneedeckenaufbau ist in schneereichen Wintern günstiger als in schneearmen Wintern. Wenn bei einem Schneefall ein Meter Schnee fällt, dann gibt es in dieser Schneedecke keine Schwachschichten. Und Schwachschichten braucht es für ein Schneebrett – für eine Schneebrettlawine. Damit ist es nach einem ergiebigen Schneefall kurz akut gefährlich – denn es kann zu spontanen Lawinenabgängen kommen. Dann, wenn sich die spontane Aktivität beruhigt hat, stabilisiert sich alles recht schnell. Die Schneedecke ist somit stabil und gleichmäßig aufgebaut. In diesem Winter hat es mal 10 Zentimeter geschneit, dann wieder 20 Zentimeter Schnee, dann hat es eine Zeitlang nicht geschneit, es ist warm geworden, dann kalt und der Wind hat geweht. Wenn sich diese Faktoren oft verändern, wird die Schneedecke ungünstig aufgebaut. Bei wenig Schnee ist die Basis schlechter aufgebaut und dann kann es sein, dass Lawinen die gesamte Schneedecke mitreißen. Wenn die Altschneedecke günstig aufgebaut ist und Neuschnee fällt, dann geht bei einem Lawinenabgang nur die Neuschneedecke mit und die Altschneedecke bleibt, wo sie ist, weil sie stabil aufgebaut ist. Dadurch werden die Lawinen kleiner.<BR /><BR /><embed id="dtext86-59021996_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Wie aussagekräftig sind die Gefahrenstufen?</b><BR />Rastner: Wir haben sehr viele Informationen und über den Lawinenreport versuchen wir, diese Informationen gebündelt an den Mann und an die Frau zu bringen. Seit etwa 30 Jahren gibt es die Gefahrenstufen. Mit Gefahrenstufen werden alle Informationen auf das Maximum reduziert. Die Natur in eine Stufe zu zwängen, macht keinen Sinn. Die Situation im Gelände kann ich über die Gefahrenstufe nicht beschreiben. Die „Lawinenprobleme“, welche vor einigen Jahren eingeführt wurden, sagen dem Nutzer viel mehr. Und wenn man noch den Text dazu liest – die Gefahrenbeschreibung – dann kann man noch mehr Infos herausholen. Das alles nutzt einem nichts, wenn man die Begriffe nicht kennt. Ein Steilhang ist in der Lawinenwarnung ein Gelände von über 30 Grad Steigung. Ab 30 Grad ist es erst physikalisch möglich, dass eine Schneebrett-Lawine abgeht. Wir versuchen auf unserer Web-Seite – dem Lawinenreport – die Informationen immer nutzerfreundlicher zu gestalten. Die Fachbegriffe sind alle unterstrichen, man kann mit der Maus draufklicken und Begriffe wie Triebschnee werden erklärt. <BR /><BR /><b>Welchen Ratschlag geben Sie Skitourengehern?</b><BR />Rastner: Kurse zu machen: Wir haben sehr gute Bergführer im Land. Es rentiert sich, mit Bergführern einen Skitourenkurs zu machen für ein bis 2 Tage – nicht nur einen Lawinenverschüttetensuchgerät-Kurs. Bei dem Kurs mit einen Bergführer lernt man, richtig Skitouren zu gehen. Man lernt Tourenplanung, den Lawinenreport richtig zu interpretieren, das Gelände richtig auszunutzen sowie mögliche Geländefallen zu erkennen und Steilhänge zu lesen. Man sollte sich die Zeit nehmen, den Lawinenreport durchzustudieren und die Touren an die Verhältnisse anzupassen. Erst nach solchen Kursen kennt man sich richtig aus. Auch der Alpenverein bietet solche Kurse an.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="882680_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Was sollte man unbedingt vermeiden?</b><BR />Rastner: Sich blind auf andere zu verlassen. Man muss selber wissen, was man macht.<BR /><BR /><b>Warum waren Jänner und Februar heuer kritische Monate?</b><BR />Rastner: Weil wir ein massives Altschneeproblem hatten. Ein Altschneeproblem ist sehr schwer einzuschätzen, denn es basiert auf Schwachschichten in der Schneedecke, die man nicht sieht. Eine Schwachschicht ist die Voraussetzung für eine Schneebrett-Lawine. Für die meisten Lawinenopfer sind Schneebrett-Lawinen verantwortlich.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="882683_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Wird es in den nächsten Wochen noch gefährlich bleiben, wenn man als Skitourengeher in der Höhe unterwegs ist?</b><BR />Rastner: Es ist zurzeit nicht ungünstig. Rund um Bozen besteht Gefahrenstufe 1 – diese Gefahrenstufe gilt von den südlichen Sarntaler Alpen der Etsch entlang hinunter bis ins Trentino und an den Gardasee. Dort liegt wenig Schnee und die Lawinengefahr ist dort zu vernachlässigen. Bei der anderen Zone, die vom Ortler quer durch Südtirol bis Lienz geht, gibt es Triebschneeprobleme mit Gefahrenstufe 2 oberhalb von 2500 Metern. Dort liegt auch extrem wenig Schnee – für Skitouren eher zu wenig. Es gibt nicht sehr viele Gefahrenstellen. Frische Triebschneeansammlungen können von einzelnen Wintersportlern ausgelöst werden. Am gefährlichsten ist es Richtung Alpenhauptkamm. Dort liegt am meisten Neuschnee und der Schneedeckenaufbau ist schlecht. Dort gibt es auch das Altschneeproblem. <BR /><BR /><BR />