Es begann mit Schwindel, Herzrasen und Panikattacken. Thomas Karlegger ließ sich untersuchen, wandte sich an mehrere Ärzte. Alles sei organisch in Ordnung, sagten sie ihm damals, im Jahr 2006. Doch nichts war gut. Die Suche ging weiter. Was fehlt mir denn jetzt? <h3> Stress als Auslöser</h3>Erst drei Jahre später wurde im Therapiezentrum Bad Bachgart eine schlüssige Diagnose gestellt: Angststörung und Depression. Der Auslöser war Stress, wobei auch Kindheitserlebnisse eine Rolle spielten. Zwischen Arbeit und Studium „musste und wollte ich funktionieren“, blickt er zurück. Der Leidensdruck wurde immer größer. In Bad Bachgart half man ihm. Dort bekam er Medikamente, machte eine Psychotherapie und fand Unterstützung bei einer Selbsthilfegruppe. „Der Austausch mit Gleichgesinnten tat mir gut“, erzählt er. Zudem wurde bei ihm eine Lebensmittelunverträglichkeit festgestellt, die sich auch auf die Psyche auswirkte. „Diese Diagnose stellte eine weitere Erleichterung dar“, erinnert sich Karlegger. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1167693_image" /></div> <BR />Schließlich war es „ein Mix aus ganz vielen Dingen, der es mir ermöglichte, die Erkrankungen zu meistern.“ Dazu gehört auch ein gesunder Lebensstil. „Was esse ich? Wie betätige ich mich sportlich?“, sind Fragen, mit denen er sich bis heute auseinandersetzt. Er hat sich angeeignet, besser auf sich zu schauen, in stressigen Zeiten besinnt er sich bewusst darauf. „Wenn ich jetzt nicht auf mich schaue, wann dann?“ <BR /><BR />Karlegger hat viel über sich gelernt. Er macht autogenes Training und Atemübungen, und versucht, seine Gedanken richtig einzuordnen. „Eine Psychologin erklärte mir, dass unsere Gedanken uns nicht immer die Wahrheit sagen.“ Was kann man darunter verstehen? „Oft glauben wir, wir schaffen es nicht, weil uns das unsere Gedanken so mitteilen. Aber das stimmt nicht, wir ‚packen’ das sehr wohl“, erläutert er. <h3> „Angstpatient werde ich mein Leben lang bleiben.“</h3>Das sind Werkzeuge, die er aus der Zeit in Bad Bachgart mitgenommen hat. Heute ist er nicht mehr in Therapie. Er bezeichnet sich zwar nicht als geheilt, denn: „Angstpatient werde ich mein Leben lang bleiben.“ Aber Karlegger hat die Erkrankungen gut im Griff. „Wenn es mir morgen nicht mehr gut gehen würde, wüsste ich, wohin ich gehen und was ich tun müsste.“ <BR /><BR />In Südtirol gebe es viele Anlaufstellen, er selbst ist Vorsitzender der Vereinigung „Lichtung“, einer Interessensvertretung für Menschen mit psychischen Erkrankungen, die Selbsthilfe fördert und Freizeitaktivitäten organisiert. <h3> Jeder dritte Mensch betroffen</h3>„Wenn man sich psychisch nicht wohlfühlt, kann man zunächst ein niederschwelliges Angebot in Anspruch nehmen, z. B. bei einem Verein“, rät Karlegger. Ein Psychiater stelle nämlich noch für viele ein großes Hemmnis dar. „Ein Kontakt mit der Psychiatrie ist nicht etwas, was man gern herumerzählt, für derartige Offenheit ist unsere Gesellschaft noch nicht reif genug“, sagt auch Primar Roger Pycha, Koordinator der „European Alliance Against Depression“ (EAAD) Südtirol (siehe Kurz-Interview). Karlegger selbst ist es nie schwergefallen, über seine Erkrankung zu sprechen. Einerseits sei eine psychische Erkrankung ein Tabu, andererseits habe jeder betroffene Angehörige, Freunde oder Bekannte. <BR /><BR />Die Statistik gibt ihm recht: Im Laufe seines Lebens erkrankt jeder dritte Mensch an einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung. <BR /><h3> 2 Fragen an Roger Pycha</h3><div class="img-embed"><embed id="1167696_image" /></div> <BR /><b>Was ist das Ziel der „Europäischen Woche der Gesundheit“?</b><BR />Roger Pycha: Wir wollen der Öffentlichkeit vermitteln, dass spätestens seit der Coronakrise jeder selbst auch auf sein psychisches und soziales Gleichgewicht achten soll. Wichtige Meilensteine auf diesem Weg sind z.B. Meditation, leichte Ausdauerbewegung oder soziale Kontakte. Nicht zuletzt sind es Pläne und Vorhaben, die uns jung und aktiv halten. Das zweite große Anliegen der Aktion ist der gesellschaftliche Brückenschlag zu den psychisch kranken Menschen. Das sind nach einer großen europäischen Studie 39 Prozent der Bevölkerung im Jahr. Wenn man bedenkt, dass sich psychische Krankheiten im Durchschnitt auf sechs Menschen im Umfeld eines Betroffenen auswirkt, geht das Anliegen uns alle an.<BR /><BR /><BR /><b>Seelisch Kranke sind körperlich Kranken noch lange nicht gleichgestellt. Welchen Beitrag kann jeder Einzelne leisten?</b><BR />Pycha: Psychisch kranke Menschen brauchen eigentlich nur dieselbe Anerkennung, dieselbe Unterstützung, Zuneigung und Liebe wie psychisch Gesunde, nur deutlich mehr davon. Wir brauchen uns nur anzugewöhnen, ihnen dieses menschliche Rohmaterial gern zur Verfügung zu stellen, solange wir selber bei Kräften sind. Dann ist vieles gewonnen. <BR /><h3> Hier findet man Hilfe:</h3><Aufzählung_Pfeil>Das <Fett>Psychologische Krisentelefon </Fett>ist unter 800101800 zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar.</Aufzählung_Pfeil><BR /><BR /><Aufzählung_Pfeil>Die <Fett>vier Zentren für psychische Gesundheit</Fett> sind zu Bürozeiten unter folgenden Nummern da: Bozen (0471/ 435 146 oder 0471/ 435 147), Meran (0473/ 263 600), Brixen (0472/ 812 960 oder 0472/ 812 966), Bruneck (0474/ 586 340 oder 0474/ 586 342)</Aufzählung_Pfeil><BR /><BR /><Aufzählung_Pfeil>In Notfällen, die mit schwerer Erkrankung oder Suizidgefahr verknüpft sind, soll man die <Fett>Notfallnummer 112 </Fett>wählen oder sich an den Dienst habenden Hausarzt wenden. </Aufzählung_Pfeil>